15.10.2014

Auf dem Weg zu ausgeglichenen Haushalten

Länderfinanzbenchmarking: Länder und Kommunen machen Fortschritte

Auf dem Weg zu ausgeglichenen Haushalten

Länderfinanzbenchmarking: Länder und Kommunen machen Fortschritte

Die Vorgaben aus der Schuldenbremse haben zu einer weiteren Haushaltskonsolidierung geführt. | © M. Schuppich - Fotolia
Die Vorgaben aus der Schuldenbremse haben zu einer weiteren Haushaltskonsolidierung geführt. | © M. Schuppich - Fotolia

Ab dem Jahr 2020 müssen die Bundesländer strukturell ausgeglichene Haushalte vorlegen. Zusätzliche Schulden dürfen sie dann nur in Ausnahmefällen aufnehmen und sie kurzfristig wieder tilgen. Das sieht die sogenannte Schuldenbremse vor, die am 1. Januar 2011 als Grundgesetzänderung in Kraft getreten ist. Seitdem richten viele Länder ihre Haushaltsplanung daran aus.

Das gilt insbesondere für diejenigen Länder, die vom Bund Konsolidierungshilfe auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt erhalten und dafür einen strengen Konsolidierungspfad einhalten müssen.

Länderfinanzbenchmarking analysiert Konsolidierungsfortschritte

Das „Länderfinanzbenchmarking 2014”, eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, analysiert bereits zum dritten Mal, inwieweit die Bundesländer und ihre Kommunen die Vorgaben aus der Schuldenbremse umsetzen.


Im Mittelpunkt der Analyse steht die Frage, welche Länder auf einem guten Weg sind und wo noch erheblicher Konsolidierungsbedarf besteht. Die Experten prognostizieren die Entwicklung anhand von zwei Szenarien: Das erste Szenario geht davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen – insbesondere Zinssatz und Steuereinnahmen – positiv weiterentwickeln. Ein zweites Szenario rechnet mit sich verschlechternden Bedingungen. Damit zeigt die Studie auch die Haushaltsrisiken auf.

Die Analyse vergleicht zudem die Kostenstrukturen der Länder bei den unterschiedlichen öffentlichen Aufgaben, um Anhaltspunkte für weitere Einsparmöglichkeiten aufzuzeigen.

Nicht zuletzt gehen die Experten der Frage nach, inwieweit Länder und Kommunen ausreichend Investitionen beispielsweise in die öffentliche Infrastruktur tätigen.

Nur sechs Bundesländer müssen ihre Ausgaben real senken

Die PwC-Analyse belegt, dass die Länder und Kommunen dem Ziel ausgeglichener Haushalte in den vergangenen zwei Jahren deutlich näher gekommen sind. Allerdings profitieren sie auf der Einnahmenseite von historisch außergewöhnlich hohen Steuereinnahmen. Auf der Ausgabenseite kommt ihnen das aktuell sehr niedrige Zinsniveau zugute. Bleibt es bei dieser günstigen Konstellation, können zehn Bundesländer die Kriterien der Schuldenbremse einhalten, ohne ihre Ausgaben real kürzen zu müssen. Bei dieser Berechnung ist die Preissteigerung bereits berücksichtigt. Nur noch sechs Länder (Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Bremen und das Saarland) müssen bei Fortschreibung der aktuellen Rahmenbedingungen ihre Ausgaben real senken, um die Kriterien der Schuldenbremse im Jahr 2020 zu erfüllen. Bei der PwC-Analyse aus dem Jahr 2013 galt dies noch für zehn Bundesländer.

Hamburg, Rheinland-Pfalz und Hessen holen auf, Thüringen rutscht ab

Das Ranking 2014 zeigt im Vergleich zum Vorjahr deutliche Verbesserungen für Hamburg, Rheinland-Pfalz und Hessen. Thüringen hat im vergangenen Jahr vergleichsweise geringere Konsolidierungserfolge erzielt und ist in der Rangliste abgerutscht. Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hamburg werden einen strukturell ausgeglichenen Haushalt bis 2020 ohne Probleme erreichen, sofern sie an ihrem finanzpolitischen Kurs festhalten. Bremen und das Saarland verharren am unteren Ende der Rangliste. Diese beiden Bundesländer leiden unter besonders hohen Zins- und Versorgungslasten. Im Jahr 2020 werden beide Länder rund 30 Prozent ihrer Mittel allein für diese Posten aufwenden müssen. Trotz Konsolidierungshilfen werden Bremen und das Saarland die Kriterien der Schuldenbremse nach derzeitigem Stand nicht einhalten können. Sie brauchen zusätzliche Hilfen zur Bewältigung der Altschulden. Hilfen in einer Größenordnung von insgesamt 14 Milliarden Euro würden beide Länder auf das Pro-Kopf-Verschuldungsniveau der am nächst höchsten verschuldeten Bundesländer bringen und damit beide Länder spürbar entlasten.

PwC-Nachhaltigkeitsindex 2014

Sparbedarf

Bundesländer mit einem Index-Wert unter 92 Prozent müssen bis 2020 noch stärker sparen als bisher. Länder mit Werten darüber können die Schuldenbremse im Jahr 2020 bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen einhalten.

Sinken die Steuereinnahmen, müssen zwölf Bundesländer ihre Ausgaben kürzen

Diese grundsätzlich positive Prognose ist allerdings stark vom günstigen Niveau der Zins- und Steuereinnahmen abhängig. Aus diesem Grund haben die PwC-Experten Szenarien mit verschiedenen Entwicklungen bei den Steuereinnahmen errechnet: Die Standardprojektion geht von einem Wachstum der Steuereinnahmen in Höhe von 3,6 Prozent pro Jahr aus. Das entspricht der aktuellen Steuerschätzung. Zudem kalkuliert dieses Szenario mit dem marktüblichen Zinssatz von 3,5 Prozent. Würden die Steuereinnahmen der Länder in den kommenden Jahren jedoch nur noch um 2,6 Prozent steigen, müssten zwölf Bundesländer ihre Ausgaben real kürzen. Nur Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg und Niedersachsen kommen in diesem Szenario ohne reale Kürzungen aus.

Große Ausgabenunterschiede zwischen den Ländern

Die Studie zeigt detailliert auf, wie hoch die Ausgaben der Länder in den einzelnen Aufgabenbereichen sind und wie sie sich zusammensetzen. Die Ausgabenunterschiede zwischen den Ländern sind in vielen Bereichen beträchtlich: So gibt beispielsweise Hamburg für die zentrale Verwaltung und politische Führung pro Jahr und Einwohner 559 Euro aus, Niedersachsen nur 307 Euro. Berlin tätigt mit 328 Euro pro Einwohner und Jahr die höchsten Zuschüsse für die Polizei. Bei den Flächenländern reichen die Polizei-Ausgaben von 131 Euro pro Einwohner in Baden-Württemberg bis zu 207 Euro in Mecklenburg-Vorpommern. Für den Aufgabenbereich Soziales geht das Spektrum für Zuschüsse von 266 Euro pro Einwohner in Sachsen bis zu 761 Euro pro Einwohner und Jahr in Bremen. Berlin benötigt pro betreutes Kind unter drei Jahren jährlich einen Zuschuss in Höhe von 8.411 Euro, in Mecklenburg-Vorpommern genügen 3.187 Euro. Derartige Differenzen geben Hinweise auf Einsparpotenziale.

Länder sparen an Investitionen

Viele Länder und vor allem Kommunen sparen jedoch in erster Linie bei Sachinvestitionen wie z. B. bei Investitionen in Straßen oder Gebäude. Während bundesdurchschnittlich 456 Euro je Einwohner für den Erhalt des Sachvermögens von Ländern und Kommunen nötig wären, gab Berlin 2013 lediglich 181 Euro pro Einwohner aus. Auch zwölf weitere Bundesländer lagen teilweise weit unter dem Schwellenwert. Nur in den Ländern Hamburg, Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg haben Land und Kommunen in der Summe eine Investitionsquote erreicht, die den durchschnittlichen Abschreibungen entspricht. In allen anderen Ländern muss von einem Substanzverzehr ausgegangen werden. Mittelfristig wird das zu aufgestauten Nachholinvestitionen führen und kann Einbußen bei der Wirtschaftskraft bedeuten.

Zusammenhang zwischen hohen Sozialausgaben und niedrigen Sachinvestitionen

Zudem zeigt die Studie einen klaren Zusammenhang zwischen Sozialausgaben und Sachinvestitionen. Die Sachinvestitionen fallen dort besonders gering aus, wo die Sozialausgaben hoch sind. Dabei ist die Höhe der Sozialausgaben keineswegs vollständig durch unterschiedliche Sozial- und Wirtschaftsstrukturen zu erklären, sondern ergibt sich zu einem großen Teil aus der unterschiedlichen Politik der einzelnen Länder.

In der Studie finden sich zahlreiche weitere Beispiele für Ausgabenunterschiede, die nicht allein durch strukturelle Unterschiede der Länder begründbar sind. Der Vergleich mit den Ländern auf Konsolidierungskurs kann dabei helfen, Einsparpotenziale zu erkennen, ohne die Substanz anzugreifen. Die Schuldenbremse zwingt die Länder also dazu, politische Prioritäten zu setzen.

Über das PwC-Länderfinanzbenchmarking 2014

Die Studie untersucht bereits zum dritten Mal die Länderfinanzen vor dem Hintergrund der Schuldenbremse und ermöglicht so eine qualifizierte Bewertung der Konsolidierungsfortschritte. Der Bericht basiert in erster Linie auf Sonderauswertungen der Finanzstatistiken des Statistischen Bundesamts. Zudem wurden Daten des Stabilitätsrats sowie der Steuerschätzung, die aktualisierte Bevölkerungsvoraus-

berechnung sowie verschiedene weitere Fachstatistiken in der Analyse berücksichtigt.

Weitere Informationen finden Sie unter:
www.pwc.de/laenderfinanzbenchmarking_2014

 

Peter Detemple

Partner, PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Leiter des Bereiches Public Management Consulting, Frankfurt
 

Yves Michels

PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Experte im Bereich Corporate Finance & Promotion, Frankfurt
 

Thorsten Schramm

Manager bei PwC im Bereich öffentlicher Sektor und Experte für finanzwissenschaftliche und Haushaltsfragestellungen, Berlin
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