15.10.2014

Wege für die Stadt von morgen

URBACT III – Nachhaltige Stadtentwicklung in Europa

Wege für die Stadt von morgen

URBACT III – Nachhaltige Stadtentwicklung in Europa

Die Europäische Kommission richtet besonderes Augenmerk auf die Städte. | © Christian Müller - Fotolia
Die Europäische Kommission richtet besonderes Augenmerk auf die Städte. | © Christian Müller - Fotolia

Europa gehört zu den am meisten verstädterten Kontinenten: Mehr als zwei Drittel der EU-Bevölkerung lebt Schätzungen zufolge in Städten, die Tendenz ist steigend. Probleme wie Segregation, Armut und Arbeitslosigkeit treten – insbesondere seit der Wirtschafts- und Finanzkrise – in Städten häufig konzentriert auf. Auch die Auswirkungen des Klimawandels machen sich in urbanen Gebieten besonders bemerkbar. Gleichzeitig spielen Städte als Zentren für Wissenschaft und Forschung, Innovation und Technologie, Kultur und Kreativität und damit als Motoren für Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in Europa eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung dieser Herausforderungen.

Aus diesem Grund richtet die Europäische Kommission besonderes Augenmerk auf die Städte, wenn es darum geht, die Strategie „EU 2020” für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in Europa umzusetzen und die damit verbundenen Kernziele der EU in den Bereichen Beschäftigung, Innovation, Bildung, soziale Integration sowie Klima und Energie zu erreichen.

URBACT ist ein europäisches Programm für nachhaltige Stadtentwicklung. Es fördert seit mittlerweile zehn Jahren den europaweiten Erfahrungsaustausch zwischen Städten im Hinblick auf wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Herausforderungen und unterstützt länderübergreifend die gemeinsame Erarbeitung neuer, integrierter und innovativer Lösungsansätze. Erstmals aufgelegt wurde das Programm im Jahr 2003 als Teil der europäischen Gemeinschaftsinitiative URBAN.


Im Rahmen von URBACT II in der Förderperiode 2007–2013 beteiligten sich 450 Städte aus den EU-Mitgliedstaaten, aus Norwegen und der Schweiz an insgesamt über fünfzig Projekten. Die Netzwerke des dritten Projektaufrufs laufen derzeit noch. Zudem wurden Ende 2013 noch einige Pilotprojekte auf den Weg gebracht, um neue Methoden und Ansätze zu testen. Im Zuge der neuen EU-Strukturfondsperiode 2014–2020 wird das Programm als URBACT III neu aufgelegt. Finanziert wird URBACT von den EU-Mitgliedstaaten und aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Die Vorgängerprogramme

Förderfähig unter URBACT II waren in erster Linie Städte, aber auch andere öffentliche Institutionen wie nationale und regionale Behörden, Universitäten oder Forschungseinrichtungen. Externe Experten begleiteten die thematische Arbeit der Netzwerke und leisteten den Städten Unterstützung. Organisiert wurde der internationale Erfahrungsaustausch in Netzwerken von acht bis zwölf Städten, die sich über die Projektlaufzeit von drei Jahren jeweils einem Themenschwerpunkt widmeten. Eine Stadt übernahm dabei als „Lead Partner” die koordinierende Rolle innerhalb eines Netzwerkes. Neben dem europaweiten Austausch legt URBACT stets auch einen Fokus auf die integrierte Umsetzung der Projektideen auf lokaler Ebene.

In Arbeitsgruppen, den so genannten „URBACT Local Support Groups”, werden relevante Akteure in den einzelnen Städten zusammengebracht, um sich gemeinsam der Ausarbeitung eines Aktionsplans („Local Action Plan”) zu widmen. Dabei wird eine enge Kooperation mit den Verwaltungsbehörden der Operationellen Programme des EFRE angestrebt, um die Förderung einzelner Projekte des Aktionsplans über die EU-Strukturfonds zu erleichtern und die im europäischen Austausch entwickelten Ideen und Strategien in den Städten schneller zur Umsetzung zu bringen. Um auch lokale Entscheidungsträger direkt einzubeziehen und vom URBACT-Programm zu überzeugen, wurden im URBACT II-Programm spezielle transnationale Seminare für Bürgermeister und Stadträte abgehalten, die sehr gut angenommen wurden.

URBACT III wird im Wesentlichen die gleichen Ziele verfolgen wie seine Vorgängerprogramme: Die Städte bzw. ihre Entscheidungsträger und Fachleute sollen in Bezug auf integrative, partizipative, nachhaltige Städtepolitik weitergebildet werden, die Ausgestaltung und Umsetzung von Stadtentwicklungsplänen soll verbessert und der Zugang zu thematischem Wissen über nachhaltige Stadtentwicklung vereinfacht werden. Dazu dienen die drei Hauptinstrumente der transnationalen Vernetzung, der Fortbildung auf nationaler und transnationaler Ebene sowie der Wissensverbreitung bzw. Kommunikation.

Aktueller Stand

Die genauen Rahmenbedingungen für das URBACT III-Programm wurden noch bis zuletzt zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten verhandelt, ein Einreichen des Programms bei der EU-Kommission steht kurz bevor. Mit einer Genehmigung wird im Dezember 2014 gerechnet. Das bedeutet, dass es erste Projektaufrufe erst ab Februar/März 2015 geben wird; die neuen Netzwerke werden ihre Arbeit somit vermutlich nicht vor Oktober des nächsten Jahres aufnehmen.

Bereits beschlossen wurde eine Stärkung des Programms durch eine Mittelerhöhung um 20 Prozent von derzeit knapp 69 auf knapp 83 Millionen Euro für den neuen Förderzeitraum bis 2020 (davon sind 74 Millionen Euro EFRE-Mittel). Auch soll der „Referenzrahmen für nachhaltige Stadtentwicklung RFSC”, ein webbasiertes Instrument zur Unterstützung von Städten bei integrierten Planungsprozessen, künftig unter dem Dach von URBACT geführt werden. Synergien soll es darüber hinaus mit dem von der Europäischen Kommission avisierten Netzwerk zur Stadtentwicklung geben, genauso wie mit den neuen Instrumenten „Integrierte territoriale Investitionen (ITI)”, „Von der örtlichen Bevölkerung betriebene Maßnahmen zur lokalen Entwicklung (CLLD)“ sowie mit den „Innovativen Maßnahmen” (vgl. Artikel 7, 8, 9 der neuen EFRE-Verordnung).

Ziele und Adressaten

Im Zuge der geforderten thematischen Konzentration werden beim URBACT III-Programm die folgenden fünf Ziele im Mittelpunkt stehen: Die Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation; der Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft; Umweltschutz und die Förderung von Ressourceneffizienz; die Förderung der sozialen Inklusion und Armutsbekämpfung sowie die Beförderung von Beschäftigung und die Unterstützung von Arbeitsmobilität. Darauf werden 70 Prozent des Budgets konzentriert, die verbleibenden 30 Prozent sollen für alle anderen Themen zur Verfügung stehen, die auf einem „Bottom-up-Ansatz” basieren.

URBACT III richtet sich an die 28 EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und die Schweiz. Förderfähig sind alle Städte, unabhängig von ihrer Größe, sowie lokale Agenturen, die als (halb-)öffentliche Organisation von einer Kommune gegründet wurden und für die Gestaltung spezifischer Politiken zuständig sind (z. B. Wirtschaftsförderung, Energieversorgung, Verkehrsbetriebe etc.). Auch regionale, landes- und bundesweite Institutionen sowie Universitäten und Forschungszentren werden unterstützt, insofern sie mit städtischen Fragestellungen befasst sind. Die Kofinanzierungsrate aus dem europäischen Fonds für regionale Entwicklung beträgt 85 Prozent für weniger entwickelte und Übergangsregionen. Stärker entwickelte Regionen erhalten 70 Prozent EFRE-Zuwendung.

Zusätzliche Netzwerke

Die Arten von Netzwerken, innerhalb denen sich die Städte in URBACT III austauschen können, werden erweitert. Bei URBACT II gab es lediglich die sogenannten „Aktionsplanungsnetzwerke”, bei denen die Partner-Städte jeweils Aktionspläne auf kommunaler Ebene entwarfen, in denen sie integrierte Strategien für den Umgang mit ihren spezifischen Herausforderungen festlegten. Die Umsetzung dieser Aktionspläne war darin nicht inbegriffen.

Die „Aktionsplanungs-Netzwerke” werden in URBACT III um „Transfer-” und „Umsetzungs-Netzwerke” ergänzt. Letztere sind offen für alle Städte, die bereits eine Strategie zur nachhaltigen Stadtentwicklung erarbeitet haben, egal ob dies im Rahmen eines URBACT-Projekts erfolgte oder nicht. Ziel ist es, dass diese Netzwerke sich zu den Möglichkeiten einer erfolgreichen Durchführung bzw. Umsetzung austauschen. Bei den Transfer-Netzwerken wird es darum gehen, Wissen übertragbar zu machen: Wie können gute Praxisbeispiele angepasst werden, damit sie in einer anderen Stadt ihre bestmögliche Anwendung finden?

Die beiden neuen Initiativen (Umsetzungs- und Transfernetzwerke) werden aktuell noch als Teil einer Serie von Pilotprojekten getestet und evaluiert, die noch unter URBACT II laufen. So soll gewährleistet werden, dass das neue Programm die Verbesserungsvorschläge der Städte noch berücksichtigen kann.

Weitere Informationen zum URBACT-Programm finden Sie unter www.urbact.eu. Eine Übersicht über alle URBACT II Netzwerke finden Sie hier. Der URBACT Blog ist unter www.blog.urbact.eu abrufbar.

Deutschsprachige Informationen zum URBACT Programm, z. B. den monatlichen URBACT Newsletter sowie Artikel und Interviews finden Sie auf der Website des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung.

 

Heike Mages

Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, URBACT Dissemination Point für Deutschland und Österreich, Berlin
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