13.09.2018

Wie weiter?

Die Kostentragung für Straßen(aus)bau in Gemeinden – Teil 1

Wie weiter?

Die Kostentragung für Straßen(aus)bau in Gemeinden – Teil 1

Über die Frage der Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen wird nach wie vor heftig gestritten. | © Thomas Söllner - stock.adobe.com
Über die Frage der Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen wird nach wie vor heftig gestritten. | © Thomas Söllner - stock.adobe.com

Nur etwas mehr als zwei Jahre nach der letzten, nach eingehenden Diskussionen zustande gekommenen Reform des Kommunalabgabenrechts in Bayern, bei dem auch in diesem Bundesland nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz als Alternative zu einmaligen Entgelten „wiederkehrende“ Beiträge für Ortsstraßen und beschränkt-öffentliche Wege eingeführt wurden, hat der Bayerische Landtag am 14. Juni 2018 beschlossen, Art. 5b ersatzlos zu streichen und ab 1. Januar 2018 keine Beiträge für „Straßenausbaubeitragsmaßnahmen“ mehr zu erheben (Art. 5 Abs. 1 S. 3 n.F. i.V.m. Art. 19 Abs. 7 BayKAG).

Wenige Wochen vorher war in Hessen ein Gesetzesvorschlag der LINKEN zur Aufhebung von Straßenbeiträgen (LT-Drs. 19/5961), der später inhaltlich auch von der SPD-Fraktion aufgegriffen wurde (LT-Drs. 19/6410), gescheitert; jedoch wurde mit Unterstützung der Regierungsmehrheit ein Vorstoß der FDP (LT-Drs. 19/5839) zur Aufhebung des „Erhebungszwangs“ (in § 11 Abs. 1 S. 2 HKAG) angenommen. Anders als in Bayern wurde dabei auch durch Ergänzung der „Einnahmebeschaffungsgrundsätze“ (§ 93 HGO; entsprechend Art. 62 BayGO) klargestellt, dass „Straßenbeiträge“ nach §§ 11, 11a HKAG von der Verpflichtung, „Entgelte vorrangig“ zu erheben, ausgenommen seien; unberührt davon bleibe aber die generelle Pflicht zum Haushaltsausgleich (nach § 92 Abs. 4 HKAG; ähnlich Art. 64 Abs. 3 S. 1 BayGO).

Nicht nur in diesen beiden Bundesländern wird damit auf wachsende Kritik an der als ungerecht empfundenen gegenwärtigen Beitragsfinanzierung örtlicher Straßenbaumaßnahmen reagiert, zumal die Ermöglichung wiederkehrender Beiträge bislang nicht die „erhoffte Akzeptanzsteigerung“ gebracht hat und zudem, wie die CSU-Fraktion in der Begründung ihres Gesetzesvorschlags (LT-Drs. 17/21586) weiter ausführt, „die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen rechtlich schwierig und darüber hinaus nicht immer wirtschaftlich ist“.


Alle Beteiligten sind sich freilich klar darüber, dass Erschließungsbeiträge von den (erneuten) Reformen nicht tangiert werden, sondern hierfür weiterhin die Vorgaben der
§§ 127 ff. BauGB oder daran anknüpfender bzw. die frühere Bundesregelung fortführender Landesgesetze gelten (sollen), auch und soweit es um die straßenmäßige Erst-Erschließung von Grundstücken geht (s. etwa Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 – 3 BayKAG). Überdies ist ebenso einhellig klar, dass eine andere Weise der Finanzierung von (für den jeweiligen Baulastträger obligatorischen) Straßenausbaumaßnahmen an die Stelle der ersatzlos aufgehobenen treten muss; Streit über Art und Zeitpunkt des Übergangs (sowie des richtigen Stichtags hierfür) ist allerdings vorprogrammiert, wie die bayerische Debatte über unterschiedliche Konzepte der verschiedenen Landtagsfraktionen gezeigt hat (vgl. LT-Drs. 19 /19093 und 19/21461 – FREIE WÄHLER, 19/22256 – GRÜNE; 19/22255 – SPD).

Hessen konnte sich hier auf einen Anreiz zur Förderung der Einführung von bzw. eines Wechsels zu wiederkehrenden Beiträgen beschränken, indem das Land ab 2019 für kommunale Aufwendungen zur Bildung der Abrechnungsgebiete einen pauschalen finanziellen Ausgleich gewährt (Art. 3 des Gesetzes vom 28.5.2018, GVBl. S. 247). In Bayern verlautet für künftige Ausbaumaßnahmen, die nicht dem Übergangsregime des Art. 19 Abs. 9 BayKAG unterfallen, in der Entwurfsbegründung der CSU-Fraktion lediglich, hierfür soll den Gemeinden „ab 2019 eine pauschale Finanzierungsbeteiligung gewährt werden“ (Zielgröße im Endausbau mindestens 100 Mio. € pro Jahr), wobei „genaue Kriterien und Verteilungsparameter hierfür“ erst noch „bis zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2019/2020 im Einvernehmen mit dem Bayerischen Städtetag und dem Bayerischen Gemeindetag festgelegt“ werden sollen. Zu „Kosten“ für „Bürger und Wirtschaft“ heißt es dort ferner, diese Gruppen würden als „Steuerbürger“ belastet, weil die entstehenden Beitrags-/Abgabenausfälle „bei den Gemeinden über allgemeine Haushaltsmittel des Staates und in Zukunft teilweise auch durch Haushaltsmittel der Gemeinden finanziert werden müssen“.

Paradigmenwechsel, Befreiungsschlag oder Sackgasse?

In den Redebeiträgen im Bayerischen Landtag wurde von „Befreiungsschlag“ (Aiwanger) bzw. von „Paradigmenwechsel“ (Ländner) gesprochen, freilich auch vermerkt, es würden mit dem Verbot von gemeindlichen Straßenausbaubeiträgen „Grundsatzbeschlüsse“ umgeworfen, anstatt zunächst deren ursprünglich geplante Evaluierung vorzunehmen (Adelt). Sind also durch einen Federstrich des Gesetzgebers zumindest in Bayern ganze Bibliotheken zu Makulatur geworden?

Reichweite der Neuregelungen

Die insoweit unveränderten gesetzlichen Bestimmungen in Art. 5 Abs. 1 S. 1 BayKAG oder § 11 Abs. 1 Satz 1 HKAG beziehen die Befugnis („kann“) von Gemeinden und Landkreisen, „Bei­träge“ zu erheben, zunächst allein auf kommunale „öffentliche Einrichtungen“. Be­grenzt wird diese Refinanzierungskompetenz durch die Höhe des Investitionsaufwands (Art. 5 Abs. 1 S. 1, 2 BayKAG, § 11 Abs. 2 S. 1 HKAG), der damit gedeckt werden soll, also insgesamt ein Limit für den auf Beitragspflichtige insgesamt umzulegenden Geldbetrag darstellt. Auf solche Weise können (überwiegend, s. Art. 5 Abs. 3 BayKAG, § 11 Abs. 4 HKAG) vier Arten von durch die Gemeinde vorgenommenen bzw. veranlassten Maßnahmen ab­gegolten werden, nämlich „Herstellung“, „Anschaffung“, „Erweiterung“ oder „Erneuerung“ (§ 11 Abs. 1 S. 1 HKAG); in Art. 5 Abs. 1 BayKAG steht an Stelle von „Erweiterung“ der wohl noch weiter reichende Begriff der „Verbesserung“. Systematisch als Sonderfall hierzu wertet § 11 Abs. 1 S. 2 HKAG gemeindliche Maßnahmen in Bezug auf öffentliche „Verkehrsanlagen“ (Straßen, Wege und Plätze). Hier werden jedoch allgemein nur Umbau und Ausbau, d.h. Erweiterungsmaßnahmen erfasst, einzig im Hinblick auf den Au­ßenbereich (s. § 35 BauGB) auch die Herstellung (§ 11 Abs. 1 S. 3 HKAG). Für bauplanungsrechtlichen Innen- und Außenbereich gleichermaßen klargestellt wird in § 11 Abs. 1 S. 2 HKAG, dass „laufende Unterhaltung und Instandsetzung“ nicht einbezogen, d.h. weder als Erweiterung noch als Erneuerung einzuordnen sind; eine solche Abgrenzung treffen auch andere Landesgesetze, etwa § 26 Abs. 2 SächsKAG. Die bisherige bayerische Regelung enthielt wie die frühere hessische (in § 11 Abs. 1 S. 2 HKAG) eine „Soll“-Regelung, sodass nach der üblichen Auslegung einer sol­chen Formulierung (durch ständige Rechtsprechung, zuletzt in der „Hohenbrunn“-Entscheidung des BayVGH) die Auferlegung einer Beitragspflicht als Regelfall erachtet wird.

Mit der Neufassung von Art. 5 Abs. 1 S. 3 BayKAG wird nun nicht etwa die allgemeine „Kann“-Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 S. 1 wieder maßgeblich: Soweit es um örtliche Verkehrsanlagen geht, erfasst das Verbot der Beitragserhebung vielmehr auch eine etwaige Qualifizierung als kommunale „öffentliche Einrichtungen“; was deren Herstellung oder Anschaffung anbelangt, bleibt es beim Erschließungsbeitrag nach Art. 5a, wie Art. 5 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 weiterhin klarstellt (s. Art. 5a Abs. 9 i.V.m. § 128 Abs. 1 BauGB). Diese ebenfalls nur Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten in „Muss“-Form auferlegte Abgabe (§ 134 BauGB) fällt freilich nach aktueller Rechtslage nicht zwingend nur einmal an, sondern erfasst allein den die (technische) „Lebensdauer“ einer Erschließungsanlage abdeckenden Aufwand (s. Art. 5a Abs. 7 S. 2 BayKAG). Damit könnte jetzt lediglich die Abgrenzung anders als bisher verlaufen, nämlich die Frage betreffen, wann eine (beitragspflichtige) Neu-Erschließung stattfindet. Zudem erscheint nicht geklärt, wie es sich mit der Tragung der Kosten für im Straßenkörper, insbesondere im Straßengrund verlaufende oder dort neu verlegte Leitungen verhält, wenn diese ebenfalls als – andere – öffentliche (leitungsgebundene) Einrichtungen bzw. Teile derselben zu qualifizieren sind (s. Art. 5 Abs. 1 S. 4 – 6, Abs. 2 S. 2 BayKAG; § 11 Abs. 2 S. 4 HKAG), zumindest dann, wenn deren Herstellung, Verbesserung, Erweiterung oder Erneuerung nur in Verbindung mit auch die Fahrbahn betreffenden Straßenbaumaßnahmen erfolgen kann. Hat eine Kommune aber bei Versorgungsleitungen, Leerrohren etc. keine andere, vorrangige Quelle der Refinanzierung (nach TKG oder EnWG), stellt sich auch hier das Problem der exakten Grenzziehung zwischen allgemeiner und spezieller Vorschrift – vor allem, aber nicht nur dort, wo wie in Bayern auch Straßenausbaubeitragsmaßnahmen nicht mehr abgerechnet werden dürfen.

Differenzierte finanzielle Verantwortung bei Straßenbaulast

Kommunale Selbstverwaltung auch und speziell für Gemeinden im Hinblick auf alle (örtlichen) öffentlichen Aufgaben wird bundes- und landesverfassungsrechtlich gewährleistet durch Art. 28 Abs. 2 GG und (z.B.) Art. 11 (Abs. 2 – 5) BayVerf., Art. 137 (Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1) HessVerf. Diese grundrechtsähnliche Garantie gilt  lediglich im Rahmen der ihrerseits verfassungsgemäßen, d.h. einem legitimen Ziel dienenden und die Selbstverwaltung nicht in ihrem Kern verkürzenden (Landes-)Gesetze (s. Art. 11 Abs. 2 S. 2 BayVerf., Art. 137 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 HessVerf.). Angesichts der zur Erfüllung von obligatorischen wie fakultativen öffentlichen Aufgaben erforderlichen finanziellen Mittel wird als Teil der kommunalen Selbstverwaltung auch „Finanzhoheit“ verbürgt, so explizit Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG, Art. 137 Abs. 4 HessVerf., Art. 83 Abs. 2 S. 2 BayVerf. (und Art. 22 Abs. 2 BayGO); diese Gewährleistung umfasst sowohl die Ausgaben- als auch die Einnahmenseite. Zu kommunalen Einnahmen zählen nicht zuletzt die aufgrund von Steuern oder anderen Abgaben eingehenden Zahlungen. Insoweit bedarf es für die Festlegung von öffent­lich-rechtlichen Geldleistungspflichten durch Kommunen (wie für deren Durchsetzung) aber immer einer wirksamen Ermächtigung durch gesetzliche Vor­schriften des Bundes oder des Landes (Art. 62 Abs. 1 BayGO, Art. 1 BayKAG; § 93 Abs. 1 HGO, § 1 HKAG), in denen zugleich Art und Ausmaß näher bestimmt wer­den, ferner der konkreten Mitwirkung des kommunalen Hauptorgans in Form von Vorgaben für spezielle Abgabensatzungen (s. Art. 22 Abs. 2 S. 2, 23 BayGO, Art. 2 BayKAG, § 5 HGO, § 2 HKAG). Eine umfassende kommunale Abgabenhoheit (im Sinne eines Rechts, eigene, neue Geldleistungspflichten zu „erfinden“) sieht das geltende Verfassungsrecht jedoch nicht vor.

Das jeweilige Bundesland ist dafür verantwortlich, wie die verschiedenen kommunalen Pflicht- und freiwilligen Aufgaben ausgestaltet und abgegrenzt werden (Art. 7 ff., 57 f. BayGO; §§ 2, 3, 4 Abs. 1 HGO). Aufgrund der (allgemeinen) Sicherstellungspflicht des Landes nach Art. 83 Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 4 BayVerf oder Art. 137 Abs. 4 HessVerf muss zur Konkretisierung des gemeindlichen Aufgabenkreises auch eine Ausgestaltung der hierbei anfallenden und zu tä­tigenden Ausgaben und zudem der für deren Finanzierung erforderlichen Einnahmen allgemein normativ vorgegeben werden. Als zweite „finanzielle Säule“ sehen für den Fall der Übertragung neuer staatlicher Aufgaben auf die kommu­nale Ebene Landesverfassungen, etwa in Art. 83 Abs. 3 BayVerf. oder Art. 137 Abs. 5 HessVerf. eine gegenüber der allgemeinen Finanzierungsverantwortung striktere Konnexität im Verhältnis von Aufgaben und Ausgaben vor – für örtliche Verkehrsanlagen ist dies jedoch nicht relevant. Dazu komplementär gelten allgemeine Haushaltsgrundsätze (Art. 61 BayGO, § 92 HGO) und werden generelle Vorgaben für die Erzielung von Erträgen und Einzahlungen (Einnahmen) aufgestellt (Art. 62 Abs. 2 BayGO, § 93 Abs. 2 HGO). Durch Landesgesetz werden (jeweils zusammen mit Abs. 1 und 3) zugleich die rechtlich zulässigen Einnah­mequellen abschließend normiert.

Aus den Vorschriften über „besondere Entgelte“ der Gemeindeordnungen sowie den näheren Bestimmungen des jeweiligen Kommunalabgabenrechts ( etwa Art. 1, 5, 5a, 6, 7 BayKAG; §§ 1, 11, 11a, 13 HKAG) ergibt sich auch im Grund­satz die Rechtmäßigkeit von „Beiträgen“ als eines herkömmlichen, zulässigen Typus nicht-steuerlicher Abgaben.

Klärungsbedarf bei kommunalen Einnahmen

Nicht eindeutig ist dabei die in Art. 62 Abs. 2, 3 BayGO, § 93 Abs. 2, 3 HGO vorgenommene Reihung der gemeindlichen Einnahmen zum einen insoweit, als vor- bzw. erstrangige „sonstige Erträge und Einzahlungen“ (§ 93 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 HGO) bzw. „sonstige Einnahmen“ (Art. 62 Abs. 2 Hs. 2 BayGO) auch Zuweisungen nach dem Landes-Finanzausgleichsgesetz erfassen (auch Art. 1, 13a, 13b BayFAG, § 1 Abs. 1, 2 HFAG treffen insoweit keine klare typologische Festlegung), zum anderen und vor allem aber, ob bei (öffentlich-rechtlichen) „Entgelten“ für gemeindliche Leistungen nach Art. 62 Abs. 2 Nr. 1 BayGO, § 93 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 HGO (Be-)Nutzungs-„Gebühren“ und „Beiträge“ gleichrangig nebeneinander stehen oder ob zunächst konkrete, „besondere“ kom­munale „Leistungen“ abgeltende Gebühren erhoben werden müssen, sodass nur auf abstrakte Vorteile (Nutzungs­möglichkeiten) anknüpfende und allein hierdurch legitimierte Beiträge demgegenüber lediglich nachrangig zulässig wären.

Von der Entscheidung, ob und ggf. wie weit hier durch die Einnahmebeschaffungsregel Gemeinden Spielräume eröffnet (bzw. belassen) werden, hängt maßgeblich die Festlegung sowohl der persön­lichen als auch der sachlichen Abgabepflicht bezüglich einzelner kommunaler „Leistungen“ ab. Vorgenommen werden die einen Investitionsaufwand für öffentliche Einrichtungen auslösenden Aktivitäten durch die Kommune selbst oder unter ihrer Regie. Neben oder anstelle von Beiträgen sieht das Kommunalabgabenrecht freilich für die Benutzung bzw. Inanspruchnahme (§ 10 Abs. 1 HKAG) kommunaler öffentlicher Einrichtungen oder auch von gemeindlichem Eigentum (Art. 8 Abs. 1 S. 1 BayKAG) (Benutzungs-)Gebühren vor, als angemessene Gegenleistung für Art und Ausmaß der Benutzung (Art. 8 Abs. 4 BayKAG, § 10 Abs. 3 HKAG). Aus der einer Einnahmebeschaffung aus besonderen Entgelten vorangestellten Re­lativierung „soweit vertretbar und geboten“ lässt sich daher durchaus ein genereller Vorrang von konkreten (Nutzungs- und Nutzer-)­Gebühren rechtfertigen, wenn und soweit deren Ermittlung und Abrechnung praktisch möglich ist, weil damit eine stär­kere und der Belastungsgleichheit in größerem Umfang Rechnung tragende Durchsetzung des Verursacherprinzips ein­hergehen würde.

Im Hinblick auf die Garantie der „Finanzhoheit“ sind gesetzliche Vorgaben für die Ausgestaltung der Einnahmen­erzielung jedenfalls dann nicht nur eine allgemeine Rahmensetzung für, sondern ein Eingriff in die kommunale Selbst­verwaltung, wenn hierdurch Gemeinden zu bestimmten Maßnahmen (wie dem Erlass einer Abgabensatzung) absolut („Muss“-Regelung) oder zumindest in bestimmten Fällen („Soll“-Vorschrift) verpflichtet werden – auch weil diese Vor­gabe dann im Wege der Rechtsaufsicht durchgesetzt werden kann. Solche (Landes-)Gesetze müssen daher nicht nur im Verhältnis zu Abgabepflichtigen, sondern auch gegenüber Kommunen zur Erreichung eines legitimen Ziels wie etwa eines soliden kommunalen Haushalts geeignet, erforderlich und angemessen sein. Da jedoch staatliche Aufsicht über Kommunen immer auch der Förderung kommunaler Selbstverwal­tung dienen soll (s. Art. 108 BayGO; § 135 HGO) und nicht nur einseitig-restriktiv ausgerichtet ist, müssen spezifische Regelungen für kommuna­le Abgaben auch hinreichend klar und eindeutig mit den allgemeinen Vorschriften (z.B. Art. 61, 62 BayGO) abgestimmt sein. Eine solche explizite Verknüpfung hat Hessen jetzt vorgenommen (durch Einfügung des S. 2 in § 93 Abs. 2 HGO); in Bayern fehlt sie bislang.

Der als Ersatz für wegfallende Einnahmen aus Straßenausbaubeiträgen bei nach Art und Umfang unverändert fortbestehender Pflichtaufgaben nötige finanzielle Ausgleich könnte nicht nur über andere (öffentlich-rechtliche) Nutzungsentgelte – kommunale „Maut“ bzw. Stra­ßen(be)nutzungsgebühren – erfolgen, sondern auch (wie in § 2 des Entwurfs der FREIEN WÄHLER vorgeschlagen) ganz oder teilweise über erhöhte Finanz-Zuweisungen und damit letztlich aus Steuererträgen, die aufgrund von anderen Ho­heitsträgern, vor allem dem Bund, normierter Finanz-Gesetzgebung und daran anknüpfenden Finanzausgleichsregelungen vereinnahmt worden sind.

Die Pflichtaufgabe örtlicher Straßenbau (Art. 83 Abs. 1 BayVerf., Art. 47, 48, 54a BayStrWG) kann aber nur dann ausreichend erfüllt werden, wenn Gemeinden ein Rechtsanspruch auf Investitionshilfe oder zumindest ein maßgebliches Mitspracherecht bei der Entscheidung über diesbezügliche Zuweisungen gesetzlich eingeräumt wird. Ein Paradigmenwechsel im KAG in Bezug auf (örtliche) Verkehrsanlagen müsste jedenfalls in einem größeren Kontext erfolgen, zusammen mit Änderungen oder Anpas­sungen nicht nur in der Gemeindeordnung (insbesondere bei Art. 21 und 62 BayGO), sondern auch bei den Finanzausgleichsregeln (vor allem in Art.  2, 13a, 13b BayFAG, § 43, §§ 45 ff. HFAG). Die dort normierte Unterstützungspflicht des Landes sollte künftig nicht nur über einen allgemeinen Hinweis auf den jeweiligen Etat umgesetzt, sondern durch „echte“ au­ßenwirksame gesetzliche Regeln näher abgesteckt werden – und dem sollte ein Rechtsanspruch der Gemeinden auf Mit­tel-Zuweisung entsprechen, gerade auch jenseits spezifischer Konnexität, in Gestalt expliziter Aufnahme in das FAG (und ergänzend in Art. 22 BayGO).

Eine Neuregelung des Rechts gemeindlicher Straßenbeiträge muss zudem die unterschiedlichen Auswirkungen von Ausbau- im Unterschied zu (bauplanerisch motivierten und hinsichtlich des Aufwands nicht deckungsgleichen) Erschlie­ßungsbeiträgen auf örtliche Strukturen berücksichtigen – solange solche Abgaben nicht explizit aufgehoben oder grundsätzlich neu geregelt, daher nach §§ 127 ff. BauGB weiterhin zulässig sind – , damit keine (lokal)politisch falschen oder negativen Anreize gesetzt werden bzw. entstehen.

Hinweis der Redaktion: Der Beitrag wird fortgesetzt.

 

Dr. Ludwig Gramlich, Univ.-Prof. i.R.

früher Technische Universität Chemnitz,
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften

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