17.09.2018

Kommunen effizient digitalisieren

Die IT-Organisation als Eigenbetrieb

Kommunen effizient digitalisieren

Die IT-Organisation als Eigenbetrieb

IT-Versorgung mit Hilfe eines Eigenbetriebes. | © Kheng Guan Toh - stock.adobe.com
IT-Versorgung mit Hilfe eines Eigenbetriebes. | © Kheng Guan Toh - stock.adobe.com

Einleitung

Die Kommunen stehen seit Jahren vor der Herausforderung, den gesellschaftlichen Megatrend „Digitalisierung“ für sich und ihre Einwohner zu gestalten.

Dem eigenen IT-Bereich kommt dabei eine besondere Rolle zu, da dieser all die erforderlichen Werkzeuge als auch entsprechende Basiskomponenten, IT-Fachverfahren und technischen Schnittstellen zu Bürgern, Wirtschaft und Behörden zur Verfügung stellen muss. Das bedeutet hohe Projektaufwände mit dauerhaft steigenden Anforderungen an den laufenden Betrieb. In der Landeshauptstadt Dresden äußert sich dies in etwa 40 größeren und mittleren IT-Projekten pro Jahr – Tendenz steigend.

Während der IT-Bereich also seit Jahren eine „Sonderkonjunktur“ erlebt, ist er in der Ressourcensteuerung in der Regel in die gesamtstädtischen Steuerungsstrukturen eingebunden und diese sind eher von Konsolidierungsdruck und einer daraus folgenden Ressourcenkonkurrenz geprägt. Die damit verbundene eingeschränkte Flexibilität stellt den IT-Bereich zuweilen vor unlösbare Herausforderungen. Die Landeshauptstadt Dresden beschritt deshalb, vor inzwischen 13 Jahren, den Weg der Eigenbetriebsbildung als flexibel handhabbare Binnenstruktur der IT-Versorgung. Nachfolgend wird über die Erfahrungen damit berichtet.


Steuerung des IT-Bereiches

Die Planung und Globalsteuerung in Kommunen erfolgt im Rhythmus der Haushaltsplanung insbesondere anhand von 3 Steuerungsgrößen: dem Investitionshaushalt, dem Erfolgshaushalt (vormals: Verwaltungshaushalt) und dem Stellenplan. Diese drei Dimensionen müssen aufeinander wohl abgestimmt sein, um ein Funktionieren der IT zu gewährleisten.

Als typisches Beispiel soll ein beliebiges mittleres IT-Projekt dienen:

Das Projekt benötigt eine Projektgruppe, die zumindest temporär höheren Personaleinsatz erfordert. Selbst bei Ablösungsprojekten ist jedoch, auf Grund neuer erhöhter Funktionalitäten und/oder einem Roll-Out des Verfahrens, mit mehr Endarbeitsplätzen und einem dauerhaft höheren Personalbedarf zu rechnen (Stellenplandimension). Die Anschaffung neuer Module/Versionen/ganzer Verfahren benötigt eine Investition in entsprechender Höhe (Investitionshaushaltsdimension). Darüber hinaus gibt es Projektbestandteile (z. B. Schulungen, Sicherheitskonzepte) sowie dauerhafte Aufwände (Softwarewartung), welche nicht über investive Mittel abgedeckt werden können (Erfolgshaushaltsdimension). Durch zeitliche Projektabstufungen, z. B. Ausschreibungsverfahren, die eine Haushaltsperiode überschreiten, führt das schnell zu Verwerfungen in den drei Steuerungsdimensionen. Erschwerend kommt hinzu, dass der IT-Bereich als Unterstützungsfunktion der Fachbereiche auf unterschiedlichste Situationen dort reagieren muss, so dass durch diese Dezentralität eine vierte Dimension der Steuerung hinzukommt. In der Landeshauptstadt Dresden spiegelte sich das in einer partiellen Budgethoheit der Fachämter für den IT-Haushalt wider. Die Folge war, dass für Projekte, projektähnliche Maßnahmen und zuweilen auch für laufende Maßnahmen eines immer gefehlt hat: Personal oder Geld.

Und selbst wenn ausreichend Finanzen geplant wurden, war nicht immer sichergestellt, dass dieses im richtigen Teil des Haushaltes (Erfolgshaushalt/Investitionshaushalt) vorhanden war. Selbstverständliche Planungsunsicherheiten in der Vorphase von Projekten konnten zu Projektstillstand in späteren Phasen führen oder es bestand die Gefahr, dass nach einem erfolgreichen Projektabschluss kein Personal oder Geld für Softwarewartung oder zur Betreuung des Fachverfahrens zur Verfügung stand.

Diese Situation konnte durch die Gründung des Eigenbetriebes IT-Dienstleistungen in Dresden erfolgreich beseitigt werden.

Organisation des IT-Bereiches als IT-Dienstleister

Die konkreten Details einer Eigenbetriebsgründung unterliegen den landesspezifischen Regelungen der jeweiligen Gemeindeordnung. Es sollte aber bei allen Regelungen die Grundlage gleich sein, dass eine Organisation nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ermöglicht werden soll, ohne ein gesellschaftsrechtliches Outsourcing betreiben zu müssen.

Diese Möglichkeit wird oftmals für Bürgerdienste wie Kinderbetreuung, Stadtreinigung oder Sportstättenbetrieb genutzt, aber dieselben Vorteile gelten auch für interne Dienstleistungen wie dem IT-Bereich. Da kann zunächst hinsichtlich der weiter oben aufgeführten Aspekte postuliert werden, dass der Eigenbetrieb einen eigenen Wirtschaftskreislauf besitzt. Das bedeutet nicht, dass IT dadurch per se weniger kostet. Die geschilderte Problematik der unterschiedlichen Planungs- und Steuerungsdimensionen lassen sich jedoch weitaus flexibler handhaben, denn die strikte Trennung zwischen Investitions-, Erfolgs- und Personalhaushalt mit den begrenzten Möglichkeiten des gegenseitigen Ausgleiches existieren so nicht. Mit dieser Flexibilität steigt jedoch auch die Verantwortung des Eigenbetriebes, mit den vorhandenen Geldern verantwortungsvoll und bedürfnisgerecht umzugehen.

Bevor die Voraussetzungen dafür geschildert werden, soll noch ein kurzer Vergleich zu weiteren gesellschaftsrechtlich eigenständigen Organisationsformen, z. B. der GmbH, gezogen werden.

Die Eigenbetriebsform schneidet gegenüber einer GmbH in drei Kategorien besser ab: nach der Mehrwertsteuerproblematik, der Problematik des Vergaberechts sowie der gesellschaftlichen Integrität zur Gebietskörperschaft.

Derzeit ist das Geschäft der Gebietskörperschaft mit ihren Eigenbetrieben in Deutschland in der Regel mehrwertsteuerfrei (Ausnahmen hierzu bilden sogenannte Betriebe gewerblicher Art). Damit ergibt sich ein finanzieller Vorteil auf alle Personalaufwendungen in Höhe von 19 Prozent, die immerhin bis auf 40 Prozent der Gesamtaufwendungen ausmachen können. Hinsichtlich des Vergaberechts ist leichter, als bei einer GmbH, nachweisbar, dass die Gebietskörperschaft über den Eigenbetrieb „wie über eine eigene Dienststelle verfügt“.

Ein eher weicher Faktor ist die gesellschaftsrechtliche Integrität zur jeweiligen Gebietskörperschaft. Diese bewirkt, dass in der Außendarstellung, zum Beispiel bei der Fachkräfteanwendung, die positiven Aspekte der Anstellung im öffentlichen Dienst deutlich stärker zur Wirkung kommen. Allerdings sind die Bindungen an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes auch deutlich stärker als bei einer GmbH.

Voraussetzungen eines flexiblen IT-Bereiches

Auf die erhöhte Verantwortung des IT-Bereiches, wenn dieser flexibler organisiert wird, wurde im Beitrag bereits hingewiesen. Um eine zielkonforme Steuerung zu gewährleisten, müssen deshalb folgende Voraussetzungen geschaffen werden, die allerdings auch ohne Eigenbetriebsgründung sinnvoll sind.

Zunächst ist da auf eine qualifizierte, mehrstufige Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung zu verweisen. In Dresden wurden im Jahr 2017 etwa 15 Millionen Euro für IT ausgegeben. Das klingt viel. Wenn dieses Geld allerdings zu etwa 100 unterschiedlichen Leistungen für über 100 unterschiedliche Leistungsempfänger zugeordnet wird, werden auch kleinere Bedarfs- und Kostenschwankungen sichtbar. Diese Informationen aus der Kosten- und Leistungsrechnung liegen der Planung und den Leistungsvereinbarungen mit den Fachämtern und nachgeordneten Einheiten zugrunde und bieten damit eine verbindliche und vom Fachamt gegengezeichnete Basis für eine zielgerechte Mittelverwendung.

Die Kosten- und Leistungsrechnung ist zwar ein notwendiges, aber zeitlich rückwärtsgewandtes Instrument. Deshalb ist die Etablierung eines systematischen Anforderungsmanagements ebenso unabdingbar. Alle Anforderungen an IT haben einer Bewertung durch den IT-Bereich selbst, aber auch durch den Organisationsbereich, den Datenschutzbeauftragten, das Rechnungsprüfungsamt, die Personalvertretungen und ggf. weitere betroffener Organisationseinheiten zu unterliegen. Dieses auf den ersten Blick aufwändige Prozedere führt zu einem zeitlich vorwärtsgewandten Entscheidungsmanagement sowie einer Vermeidung von absehbaren Problemen in der Endphase von IT-Projekten.

Als Drittes ist die Etablierung eines Chief Information Officers (CIO) auf Beigeordnetenebene zu nennen. Am geeignetsten erscheint der Beigeordnete jenes Geschäftsbereiches, zu dem der Eigenbetrieb zugeordnet ist. Hier sollte die oberste Eskalationsebene bei Unstimmigkeiten zwischen Fachamt und Eigenbetrieb liegen und vor allem die Budgetverantwortung für alle Vergütungen an den Eigenbetrieb. Damit einhergeht die deutliche Reduzierung der bereits weiter oben beschriebenen enormen Dispositionsaufwände für die Haushaltsführung in „Art und Ort“ im Haushaltsplan.

Mit diesen drei Voraussetzungen kann die Erhöhung der Flexibilität bei gleichzeitiger Beibehaltung der Zielorientierung erreicht werden.

Erfahrungen aus der Landeshauptstadt Dresden – ein Fazit

Der Eigenbetrieb IT-Dienstleistungen Dresden wurde 2005 gegründet. Nach dem zugrunde liegenden Stadtratsbeschluss wurde damit in Zeiten der Haushaltskonsolidierung das Ziel der Einsparung von 900 000 Euro verbunden. Er war also vor allem als Konsolidierungsmaßnahme angelegt.

In den Eigenbetrieb gingen 104 Beschäftigte über. Das Gesamtbudget für den Eigenbetrieb war mit 10 Millionen Euro jährlich angesetzt.

Statt einer pauschalen Kürzung der Finanzansätze um summarisch 900 000 Euro wurden von Anfang an oben genannte Voraussetzungen geschaffen, mit Ausnahme des CIO – diese Position wurde erst 2017 etabliert.

Bereits im ersten Jahr konnte die Zielstellung der Einsparung von 900 000 Euro erreicht werden. Erst drei Jahre später, also 2008, wurde die Marke von 10 Millionen Euro wieder überschritten.

Der Eigenbetrieb hatte zu diesem Zeitpunkt 112 Beschäftigte, also trotz geringerer Gesamtkosten zu Gunsten des Personals umverteilt. Die Gesamtersparnis gegenüber dem damals linear fortgeschriebenen IT-Budget belief sich auf inzwischen 2,5 Millionen Euro. Dabei wurde keine Leistung des Eigenbetriebes grundsätzlich eingeschränkt oder pauschal gestrichen. Die IT-Unterstützung wurde jedoch zielgerichteter eingesetzt und priorisiert. Nachteilig erwies sich das Fehlen eines CIOs. Die damals in der Verwaltung verankerte Koordinierungsstelle auf Sachgebietsebene erwies sich leider nicht als ausreichend funktional. Unterschiedliche Ansichten zwischen einzelnen Fachbereichen und dem IT-Bereich konnten somit nur schleppend aufgelöst werden, was punktuell die Entwicklung behinderte. Diese Situation wurde 2017 mit der Schaffung der Position eines CIOs auf Ebene der Beigeordneten bereinigt.

Als Gesamtfazit kann festgehalten werden, dass die Gründung des Eigenbetriebes als Konsolidierungsmaßnahme begann, es aber dazu führte, einen IT-Dienstleister für die Kommune zu etablieren.

 

Prof. Dr. Michael Breidung

Betriebsleiter Eigenbetrieb IT-Dienstleistungen Dresden

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