29.01.2018

Wie sichere Veranstaltungen möglich sind

Rechtlicher Regelrahmen als Grundlage für Sicherheitskonzepte

Wie sichere Veranstaltungen möglich sind

Rechtlicher Regelrahmen als Grundlage für Sicherheitskonzepte

Komplexe Polizeiarbeit: Besondere Veranstaltungen erfordern besondere Sicherheitsmaßnahmen. | © Daniel Etzold - stock.adobe.com
Komplexe Polizeiarbeit: Besondere Veranstaltungen erfordern besondere Sicherheitsmaßnahmen. | © Daniel Etzold - stock.adobe.com

Die Durchführung und der Besuch von Veranstaltungen sind wesentliche Bestandteile unserer Freiheit – gerade deshalb muss die Veranstaltungssicherheit immer gewährleistet sein. Dafür sind umfassende interdisziplinäre Kenntnisse des rechtlichen Regelrahmens sowie der möglichen Sicherheitsmaßnahmen unabdingbar.

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Gundel_Versammlungsstätten

Veranstaltungen im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit

Wenn Belege für die besonderen Freiheiten in westlichen Gesellschaften gesucht werden, wird zumeist recht schnell auf die grundgesetzlich kodifizierte Versammlungsfreiheit sowie die vielen Möglichkeiten, politische, kulturelle, sportliche oder anderweitige Veranstaltungen auf privatem Grund bzw. im öffentlichen Raum durchzuführen, verwiesen. Tatsächlich besteht in Deutschland für Veranstaltungen auf Privatgrund – von Bayern und Thüringen abgesehen – keine generelle Erlaubnispflicht. Im öffentlichen Raum ist dies naturgemäß anders, bei entsprechender Planung ist eine Genehmigung jedoch auch hier generell möglich. Auf der anderen Seite hört auch und gerade bei Veranstaltungen die Freiheit dort auf, wo andere Rechtsgüter tangiert werden. Dementsprechend regeln umfassende Bestimmungen des öffentlichen Rechts die Rahmenbedingungen der Veranstaltungsdurchführung einerseits konkret und andererseits zumindest teilweise sehr restriktiv. Auch die zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflichten werden in vielen Gerichtsurteilen zu Veranstaltungen als besonders weitereichend verstanden. Im Zusammenhang mit verschiedensten Ereignissen im In- und Ausland wird dieser grundlegende Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit häufig konkret deutlich: Geplante Veranstaltungen werden aus Sicherheitsgründen wegen einer abstrakten oder konkreten Bedrohungslage (kurzfristig) abgesagt, hohe Sicherheitskosten als Gründe für einen frühzeitigen Verzicht auf die Veranstaltungsdurchführung angeführt. Ob und wie die gewohnten Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger auch bei Veranstaltungen weiter in Anspruch genommen werden können, hängt somit stark von einer adäquaten Sicherheitskonzeption ab.

Rechtlicher Regelrahmen der Veranstaltungssicherheit

Als Grundlage für die Erstellung und (behördliche) Beurteilung dieser Sicherheitskonzeption dienen insbesondere die rechtlichen Vorgaben des öffentlichen Rechts. Wesentliche Rechtsquellen sind (unvollständige Aufzählung):


  • Baurechtliche Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich Versammlungsstätten (sog. Versammlungsstättenverordnungen) bzw. Fliegender Bauten,
  • Verkehrsrechtliche Bestimmungen,
  • Immissionsschutzrechtliche Bestimmungen,
  • Gewerberechtliche und gaststättenrechtliche Bestimmungen,
  • Sonn- und Feiertagsgesetze sowie
  • Jugendschutzgesetze.

Zu beachten sind in Deutschland überdies die jeweiligen landesrechtlichen Generalklauseln zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, deren Anwendung auf Veranstaltungen jedoch im Einzelfall durchaus umstritten ist. Viele der zuvor summarisch aufgeführten Rechtsquellen verweisen hinsichtlich der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen baulicher, technischer und organisatorisch- personeller Natur – neben präskriptiven Vorgaben – auf die anerkannten Regeln der Technik. Für die sachgemäße Beurteilung der Sicherheitskonzeption sind daher Kenntnisse verschiedenster Normen, Vorschriften, Regeln etc. aus dem jeweiligen Fachgebiet notwendig. Da diese sehr vielfältig und teilweise unübersichtlich sind, muss zumeist auf entsprechend ausgewiesene Sachverständige zurückgegriffen werden. Neben dem öffentlich-rechtlichen Regelrahmen sind bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen auch zivilrechtliche Sicherheitspflichten, die sich überwiegend aus den sog. Verkehrssicherungspflichten ergeben, zu beachten.

Auch diesen Pflichten kann in der Regel nur angemessen nachgekommen werden, wenn die vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen den anerkannten Regeln der Technik bzw. den üblichen Standards bei vergleichbaren Veranstaltungen entsprechen. Eine profunde Kenntnis der vielfältigen Grundlagen zur Sicherheitskonzeption bei Veranstaltungen ist daher auch aus diesem Blickwinkel unabdingbar. Abschließend sei daher auch noch daran erinnert, dass die fehlende oder unvollständige Beachtung dieser Grundlagen für die Beteiligten durchaus auch empfindliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, etwa wenn es zu einer fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen kommt, die mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug bestraft werden kann.

Sicherheitsmaßnahmen bei Veranstaltungen

Rahmenbedingungen des Veranstaltungsmarktes

Der Veranstaltungsmarkt ist äußerst vielfältig. Neben nur ausgewähltem (zahlendem) Publikum zugänglichen kulturellen Veranstaltungen auf privatem Grund gehören dazu beispielsweise auch Unternehmensveranstaltungen, Sportveranstaltungen im öffentlichen Raum (z. B. Marathonläufe) oder politische Veranstaltungen mit unterschiedlichem Gefährdungs- und Aktivierungspotenzial. Darüber hinaus sind gerade kommerzielle Veranstaltungsangebote durch ein sich stetig veränderndes wirtschaftliches Umfeld, arbeitsteilige Organisationsstrukturen und eine hohe Dynamik gekennzeichnet. Eine verhältnismäßige Sicherheitskonzeption setzt daher ein äußerst strukturiertes Vorgehen voraus. In der Regel lässt sich dies dadurch erreichen, dass zunächst die grundlegenden Vorgaben und Maßnahmen der Veranstaltungssicherheit überprüft und umgesetzt werden, allenfalls ergänzt durch die spezifischen Aspekte der Veranstaltungssicherheit für die jeweilige Veranstaltungsart. Auch die örtlich zuständigen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) sind in die Sicherheitskonzeption adäquat einzubeziehen.

Grundlagen der Sicherheit für Versammlungsstätten und Veranstaltungen

Obwohl sich Veranstaltungen in ihren Eigenschaften und korrespondierenden Bedrohungsbildern unterscheiden, muss für jede Veranstaltung eine Art Basissicherheit effizient und mit verhältnismäßigem Aufwand gewährleistet werden, die sich auf die anerkannten Regeln der Technik bzw. die aktuellen Erfahrungen im Bereich der Veranstaltungssicherheit abstützt. Hierzu gehören grundlegende Maßnahmen zu

  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz des eingesetzten Personals,
  • Brandschutz,
  • Crowd Management und Besucherbetreuung,
  • Security und ggf. Personenschutz
  • sowie zum Notfallmanagement.

Zu allen Teilaspekten liegen aufgrund der Forschungen und Praxiserfahrungen in den letzten Jahren aktuelle Erkenntnisse vor, welche die sichere Durchführung einer Veranstaltung ermöglichen. Grundlage aller entsprechenden Planungen muss eine gründliche Aufbereitung der tatsächlichen Gefährdungen bzw. Bedrohungen für eine Veranstaltung sein. Gerade in Zeiten des zumindest medial omnipräsenten Terrorismus werden beispielsweise die in der Regel viel realeren Gefährdungen für die Arbeitssicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häufig vernachlässigt – mit leider allzu oft negativen Folgen für die Betroffenen.

Spezifische Aspekte der Veranstaltungssicherheit

Aufgrund der immer stärkeren Ausdifferenzierung unterschiedlicher Veranstaltungstypen und Marktsegmente sind je nach Veranstaltungsart ergänzend oder abweichend spezifische Maßnahmen zu treffen, die sich aus den besonderen Eigenschaften und Bedrohungsbildern des jeweiligen Veranstaltungstyps ergeben. Diese Maßnahmen lassen sich in praktisch sinnvoller Weise nach Sportveranstaltungen, Konzert- und Kulturveranstaltungen, Freizeitparks und Volksfesten sowie Straßenfesten und neuartigen Trend-Veranstaltungen unterteilen. Besondere Maßnahmen erfordern zudem exklusive und geschlossene Veranstaltungen, die nur ausgesuchten Besuchern zur Verfügung stehen.
Gerade bei diesen ergänzenden Betrachtungen müssen über den nationalen Rechtsrahmen und die anerkannten Regeln der Technik hinaus regelmäßig internationale Entwicklungen und Standards berücksichtigt werden, um tatsächlich der aktuellen Bedrohungslage und dem aktuellen Stand der Sicherheitskonzeption gerecht zu werden. Der korrespondierende Komplexitätsgrad und Planungsaufwand steigt dabei in der Regel mit der Größe der Veranstaltungen an.

Einbezug der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben

Schließlich kommt auch der Zusammenarbeit mit den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) bei der Sicherheitskonzeption ein immer größer werdender Stellenwert zu, gleichsam wird sie für alle Beteiligten immer anspruchsvoller. Für die zuständigen Genehmigungsbehörden stehen dabei klare Genehmigungsprozesse auf Basis möglichst einheitlicher und aktueller Grundlagen im Vordergrund. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst müssen wiederum bereits bei kleineren und mittleren Veranstaltungen Einsatzkonzepte gemeinsam mit dem Veranstalter entwickeln und umsetzen. Für Veranstalter und BOS-Vertreter, die (z. B. aufgrund ehrenamtlicher Tätigkeit) nicht regelmäßig mit diesem Thema konfrontiert sind, stellt die gemeinsame Planung und Durchführung einer sicheren Veranstaltung somit schnell eine große Herausforderung dar.

Fazit

Sichere Veranstaltungen sind möglich und ein wesentlicher Ausdruck gesellschaftlicher und persönlicher Freiheit. Sie erfordern jedoch eine sorgfältige Planung, fundierte Kenntnisse des rechtlichen Regelrahmens und der anerkannten Regeln der Technik sowie eine intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Dieser Beitrag stammt aus dem aktuellen Wirtschaftsführer.

 

Dr. Stephan Gundel

Chefexperte Sicherheit, Gruner Gruppe, Basel
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