05.12.2019

Straßenausbaubeiträge der Kommunen – ein Auslaufmodell?

Die aktuellen KAG-Novellen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen – Teil 3

Straßenausbaubeiträge der Kommunen – ein Auslaufmodell?

Die aktuellen KAG-Novellen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen – Teil 3

Mehrere Bundesländer sind dabei, eine Beitragsfinanzierung des Straßenausbaus durch Anlieger abzuschaffen. | © blas - stock.adobe.com
Mehrere Bundesländer sind dabei, eine Beitragsfinanzierung des Straßenausbaus durch Anlieger abzuschaffen. | © blas - stock.adobe.com

Jüngst haben sich Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern für eine generelle Aufhebung von Straßenbau-Beiträgen entschieden. In Thüringen steht dies kurz bevor. Dies wirft finanzverfassungsrechtliche Probleme auf, die auch mit Blick auf entsprechende Gesetzesänderungen in anderen Bundesländern zu beachten sind (siehe dazu den ersten Teil des Beitrags). Im zweiten Teil wurde dazu die KAG-Novellierung in Mecklenburg-Vorpommern besonders in den Blick genommen. Im anschließenden dritten Teil geht es darum, die Unterschiede dieser Novellierung zu Brandenburg und Thüringen aufzuzeigen.

Unterschiede zu Brandenburg und Thüringen

Brandenburg hat in Art. 1 seines Gesetzes „zur Abschaffung der Beiträge für den Ausbau kommunaler Straßen“ neben einer Reduzierung von Stundungszinsen (wie in Mecklenburg-Vorpommern) letztlich nur zwei inhaltlich aufeinander abgestimmte Regelungen getroffen: § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG n.F. bestimmt, dass keine Straßenbaubeiträge mehr erhoben werden, § 20 legt in drei neuen Absätzen fest, dies gelte nur, wenn die Beitragspflicht nach dem 31.12.2018 entstanden sei; für später „beendete“ Maßnahmen (geforderte und) gezahlte Beiträge seien (nach Aufhebung der betreffenden Bescheide) zu erstatten. Allerdings wird für die Rückzahlung selbst keine Frist normiert! Art. 2 befasst sich dann mit einem vollständigen Mehrbelastungsausgleich im Verhältnis von Gemeinde und Bundesland (§ 1), verweist die nähere Ausgestaltung aber an den Verordnungsgeber (Ressortminister, § 3). Allenfalls klarstellende Bedeutung hat (Art. 2) § 2, wonach „freiwilliger anwohnerfinanzierter Straßenbau“ zulässig sei (Satz 2) – zumal „Anwohner“ nicht dasselbe bedeuten muss wie der herkömmliche Begriff „Anlieger“.

In Thüringen können bereits nach dem aktuell geltenden § 7 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 4a Satz  1 finanziell besser gestellte Gemeinden von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen absehen. Im April 2019 brachten dann die Regierungsfraktionen einen Entwurf zur erneuten (10.) Änderung des KAG ein, weil auch die 2017 geschaffene Rechtslage „nicht mehr tragbar“ sei (LT-Drs. 6/7139, S. 2). Wie in Brandenburg soll danach die Abschaffung solcher Beiträge mit (Rück-)Wirkung zum 1.1.2019 erfolgen. Die maßgebliche Vorschrift (§ 7 KAG) sieht in Abs. 2 vor, nicht nur für gemeindliche Straßenausbaumaßnahmen einschließlich Investitionsmaßnahmen für Straßenbeleuchtung, sondern auch für Einrichtungen der Wasserversorgung würden keine Beiträge erhoben; unberührt bleibe aber die Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach BauGB. § 21b enthält sodann ausführliche „Übergangsbestimmungen zum Straßenausbaubeitragsrecht“ für bis Ende 2018 sachlich entstandene Beitragspflichten, vor allem Anpassungsgebote zum Satzungsrecht, temporäre Rückzahlungspflichten (nach Aufhebung einschlägiger Bescheide auf Antrag von Beitragspflichtigen) für den Zeitraum ab Januar 2019 sowie diesbezügliche Erstattungen im Verhältnis von Land und Gemeinden. Ab 2019 leistet das Bundesland zudem einen pauschalierten prozentualen Anteil an den tatsächlichen Investitionskosten, der sich am bisherigen Anliegeranteil ausrichten soll (§ 21b Abs. 7). Wie in Brandenburg sind weitere Konkretisierungen durch Rechtsverordnungen vorgesehen. Gestrichen werden nicht nur einmalige, sondern explizit auch wiederkehrende Beiträge (Aufhebung von § 7a KAG). Allgemein spricht der Gesetzesentwurf von „strukturpolitischen Gründen“ für die landesweite Entlastung der Grundstückseigentümer von Straßenausbaubeiträgen (LT-Drs. 6/7139, S. 9).


Keine Patentlösung

In einigen wesentlichen Punkten stimmen die neuen bzw. bevorstehenden Reformen der drei Bundesländern überein: eine Beitragsfinanzierung durch Anlieger wird abgeschafft, ab einem nicht sehr lange zurückliegenden Stichtag, woraus sich die Notwendigkeit zeitlich begrenzter Übergangsvorschriften zur Bereinigung bereits erfolgter Zahlungen ergibt. In Zukunft soll die Refinanzierung der kommunalen Straßenausbau-Investitionen aus Landesmitteln erfolgen, auf deren Zuweisung freilich ein Rechtsanspruch des Baulastträgers weder dem Grunde noch gar der Höhe nach normiert wird.  Eine direkte Nutzer-Finanzierung wird nicht erwogen. Aber auch die rechtliche Zulässigkeit wie die tatsächliche Möglichkeit einer Abwälzung auf alle durch Straßenbaumaßnahmen begünstigten Personen (etwa Pächter oder Mieter von erschlossenen/anliegenden Grundstücken) werden kaum in die politischen Überlegungen einbezogen, was sich nicht nur durch insoweit fehlende Kompetenzen erklären lässt. Zu begrüßen ist, dass Konnexität stärker ins Blickfeld gerät; ebenso wichtig wäre freilich, die Netz-Struktur von Straßen in ein angemessenes Verhältnis zur territorialen Abgrenzung der Baulast zu setzen und diese Konstellation bei Finanzausgleichsregeln normativ strikter auszutarieren.

 

Dr. Ludwig Gramlich, Univ.-Prof. i.R.

früher Technische Universität Chemnitz,
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
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