09.12.2019

Die neue VOB/A 2019

Ein Überblick zu den wesentlichen Änderungen

Die neue VOB/A 2019

Ein Überblick zu den wesentlichen Änderungen

Die VOB/A gilt als vom DVA privat gesetztes Regelwerk nicht aus sich heraus, sondern muss erst in staatliches Recht inkorporiert werden. | © magele-picture - stock.adobe.com
Die VOB/A gilt als vom DVA privat gesetztes Regelwerk nicht aus sich heraus, sondern muss erst in staatliches Recht inkorporiert werden. | © magele-picture - stock.adobe.com

Am 19.02.2019 wurde die neue Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A 2019) im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Entgegen dem Beschluss des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (DVA) vom 13.11.2018 erfassen die Änderungen nicht nur den 1. Abschnitt für nationale Bauvergaben (VOB/A), sondern auch den 2. Abschnitt für EU-weite Vergaben (VOB/A-EU) und den 3. Abschnitt für Vergaben im Bereich Verteidigung und Sicherheit (VOB/A-VS). Der Schwerpunkt der Überarbeitung liegt jedoch im 1. Abschnitt. Die VOB/A gilt als vom DVA privat gesetztes Regelwerk nicht aus sich heraus, sondern muss erst in staatliches Recht inkorporiert werden. Für die VOB/A-EU ist dies am 17.07.2019 mit der Änderung des Verweises in § 2 Satz 2 VgV durch die Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung und der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit vom 12.07.2019 (BGBl. I, S. 1081) erfolgt. Dieser verweist nunmehr auf die VOB/A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.01.2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2).

Die Anwendung der VOB/A 1. Abschnitt richtet sich nach den für den jeweiligen Auftraggeber geltenden Haushaltsgesetzen des Bundes und der Länder. Für den Bund und seine Behörden ist die VOB/A 1. Abschnitt am 01.03.2019 in Kraft getreten. In Bundesländern, deren Landesvergabegesetze einen dynamischen Verweis auf die jeweils gültige Fassung der VOB/A enthalten, gilt der neue 1. Abschnitt der VOB/A 2019 bereits seit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. In allen anderen Bundesländern müssen die neuen Vorschriften erst angewendet werden, wenn diese durch einen „Anwendungsbefehl“ in Kraft gesetzt wurden.

Wesentliche Änderungen in Abschnitt 1

Grundsätze

In § 2 Absatz 1 Satz 1 und 2 VOB/A wird klargestellt, dass Bauleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben werden und dabei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit gewahrt werden. Die Einschränkung, dass Wettbewerb die Regel sein soll, entfällt nunmehr auch in der VOB/A und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit finden Einzug (vgl. auch § 2 Absatz 1 UVgO im Vergleich zu § 2 Absatz 1 VOL/A).


§ 2 Absatz 4 VOB/A ist neu eingefügt und statuiert den Grundsatz der Vertraulichkeit aller Informationen und (Bieter)Unterlagen.

Gleichstellung der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

Wie schon in § 8 Absatz 2 UVgO wird nun in § 3a Absatz 1 Satz 1 VOB/A die Wahlfreiheit zwischen Öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb eingeführt. Der Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung entfällt. Ergänzend wird das Verfahren der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb in § 3b Absatz 2 VOB/A detaillierter als bisher geregelt. Im Unterschied zu § 36 Absatz 2 Satz 1 UVgO beträgt die Mindestzahl der einzuladenden Bewerber fünf statt drei.

Eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder eine Freihändige Vergabe stehen nur zur Verfügung, soweit dies nach § 3a Absatz 2 und 3 VOB/A gestattet ist. Als Folgeänderung wird in den weiteren Vorschriften nun zwischen Beschränkter Ausschreibung mit und ohne Teilnahmewettbewerb unterschieden (etwa § 3a Absatz 2 VOB/A – Wertgrenzen, § 10 Absatz 3 VOB/A – Fristen, § 12 Absatz 2 VOB/A – Auftragsbekanntmachung).

Erhöhung der Wertgrenzen

In Umsetzung der Beschlüsse des Wohngipfels vom 21.09.2018 hat der DVA die Wertgrenzen für eine Freihändige Vergabe und eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb auf 100.000 Euro bzw. 1 Mio. Euro angehoben. Die Anhebung ist bis 31.12.2021 befristet und gilt nur für Bauleistungen zu Wohnzwecken (§ 3a Absatz 2 Nr. 1 Fußnote 1 VOB/A bzw. § 3a Absatz 3 Satz 2 Fußnote 2 VOB/A).

Einführung eines Direktauftrages

Bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von bis zu 3.000 Euro ohne Umsatzsteuer kann nun, unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Grundätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, eine Bauleistung ohne Vergabeverfahren vergeben werden. Zwischen den Auftragnehmern soll nach § 3a Absatz 4 Satz 2 VOB/A gewechselt werden. Damit wird nun auch bei Bauleistungen – für Liefer- und Dienstleistungen vergleiche die Regelung in § 14 UVgO (1.000 Euro) – eine Bagatellschwelle eingeführt, unterhalb derer die Vorschriften über Vergabeverfahren nicht gelten.

Erleichterungen bei der Eignungsprüfung

Im Oberschwellenbereich (§ 122 GWB) und im Unterschwellenbereich bei Dienst- und Lieferleistungen (§ 31 UVgO) wird die Eignung eines Bewerbers oder Bieters allein an der Fachkunde und Leistungsfähigkeit gemessen. Das Kriterium der Zuverlässigkeit ist mit der Vergaberechtsreform 2016 durch das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen der §§ 123, 124 GWB ersetzt worden. Bei der Vergabe von Bauleistungen unterhalb der Schwellenwerte verbleibt es in § 6a Absatz 1 Satz 1 VOB/A hingegen bei der bisherigen Systematik und den Kriterien der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.
Neu ist die Möglichkeit der Selbstreinigung bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit analog § 6f EU Absatz 1 und 2 VOB/A in § 6a Absatz 1 Satz 2 VOB/A.
Bei den Referenzen stellt § 6a Absatz 2 Nummer 2 VOB/A nicht mehr auf die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre, sondern auf die letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahre ab. Um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen, kann der Auftraggeber nach Satz 2 darauf hinweisen, dass auch Referenzen berücksichtigt werden, die mehr als fünf Jahre zurückliegen. Zweck dieser aus dem 2. Abschnitt übernommenen Regelung ist die Hoffnung, dass sich den öffentlichen Auftraggebern mit diesen Erleichterungen ein größerer Bieterkreis erschließt.
Mit Streichung des Wortes „gesetzlichen“ in § 6a Absatz 2 Nummer 8 VOB/A wird der Begriff der Sozialversicherung erweitert und die Vorschrift auch auf Beitragszahlungen an Sozialkassen auf vertraglicher Grundlage erstreckt (vgl. schon § 6e EU Absatz 4 Nummer 1 VOB/A).
Als weitere Erleichterung kann der Auftraggeber gemäß dem neuen § 6a Absatz 5 VOB/A bis zu einem Auftragswert von 10.000 Euro auf einzelne Eignungsnachweise verzichten, wenn dies durch Art und Umfang des Auftrags gerechtfertigt ist. Dies hat er nach § 20 Absatz 2 Satz 2 VOB/A zu dokumentieren. Wird auf Angaben verzichtet, gilt dies für alle Bewerber oder Bieter. Nicht verzichtet werden darf auf Angaben, welche die Zuverlässigkeit im engeren Sinne betreffen:

• Die Eintragung in das Berufsregister (§ 6a Absatz 2 Nummer 4 VOB/A),
• dass nachweislich keine schwere Verfehlung begangen wurde, die die Zuverlässigkeit als Bewerber oder Bieter in Frage stellt (§ 6a Absatz 2 Nummer 7 VOB/A),
• dass das Unternehmen Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet hat (§ 6a Absatz 2 Nummer 8 VOB/A) und,
• dass sich das Unternehmen bei der Berufsgenossenschaft angemeldet hat (§ 6a Absatz 2 Nummer 9 VOB/A).

In Anlehnung an Abschnitt 2 wird festgelegt, dass auf die Vorlage von Eignungsnachweisen verzichtet wird, wenn die den Zuschlag erteilende Stelle, also die jeweilige Vergabestelle, bereits im Besitz dieser Nachweise ist, § 6b Absatz 3 VOB/A.
Neu ist schließlich die Regelung, dass auch im Teilnahmewettbewerb als Eignungsnachweise zunächst Eigenerklärungen genügen. Bislang mussten alle Bewerber ihre Nachweise bereits mit dem Teilnahmeantrag vorlegen. Nachweise werden nun nur noch von den in Frage kommenden Bewerbern angefordert (§ 6b Absatz 2 Satz 3 VOB/A).

Regelungen zur Zulassung mehrerer Hauptangebote

Mit der neuen VOB/A sind nun grundsätzlich mehrere Hauptangebote zugelassen, was bisher im 1. Abschnitt der VOB/A nicht erlaubt war. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Hauptangebote sachlich-technisch oder nur preislich unterscheiden. Der Auftraggeber kann aber in den Vergabeunterlagen (§ 8 Absatz 2 Nummer 4 VOB/A) oder der Bekanntmachung (§ 12 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe k VOB/A) festlegen, dass nur ein einziges Angebot je Bieter abgegeben werden darf.
Werden mehrere Hauptangebote abgeben muss jedes aus sich heraus zuschlagsfähig sein und der äußeren Form des § 13 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 VOB/A entsprechen (§ 13 Absatz 3 Satz 3, 4 VOB/A). Sind mehrere Hauptangebote nicht zugelassen oder entsprechen diese nicht den Anforderungen des § 13 Absatz 3 Satz 3 VOB/A sind sie auszuschließen (§ 16 Absatz 1 Nummer 7 und 9 VOB/A).

Kommunikation und elektronische Vergabe

Im Gegensatz zu den Regelungen der UVgO für Dienst-und Lieferleistungen (dort § 38 Absatz 3 UVgO) hat der Auftraggeber bei Bauleistungen im Unterschwellenbereich nach §§ 11 Absatz 1, 13 Absatz 1 Nummer 1 VOB/A die Wahl, ob er ausschließlich die elektronische Angebotsabgabe vorsehen möchte oder aber auch weiterhin schriftliche Angebote zulassen will.
In § 11 Absatz 7 VOB/A ist nunmehr eine Regelung zum Schutz vertraulicher Informationen bei elektronischer Bereitstellung von Vergabeunterlagen eingeführt worden (vgl. § 11b EU Absatz 2 VOB/A, § 29 Absatz 3 UVgO).
Ebenso wie in § 8 Absatz 1 und 2 VgV und § 6 Absatz 1 UVgO wird nun in § 14 Absatz 3 VOB/A die Textform für die Niederschrift über den Submissionstermin als ausreichend angesehen.

Nachfordern von Unterlagen

Vollständig neu gefasst wurden die Nachforderungsregeln (§ 16a VOB/A). Nach der Neuregelung soll grundsätzlich nachgefordert werden. Anders als bisher kann der Auftraggeber die Nachforderung aber von vornherein ausschließen. Dies hat er in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen anzugeben (§ 16a Absatz 3 VOB/A). In § 16a Absatz 1 VOB/A wurde der Begriff des Nachforderns legaldefiniert und damit klarer gefasst, was nachgefordert werden kann:

• Fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen (Erklärungen, Angaben oder Nachweise) können nachgereicht, vervollständigt oder korrigiert werden.
• Fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen (Erklärungen, Produkt- und sonstige Angaben oder Nachweise) können nachgereicht oder vervollständigt werden.

Fehlende Preisangaben dürfen grundsätzlich nicht nachgefordert werden, es sei denn, es ist keine Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu befürchten (§ 16a Absatz 2 VOB/A).
Neu ist die Regelung des § 8 Absatz 2 Nummer 5 VOB/A, dass der Auftraggeber an zentraler Stelle in den Vergabeunterlagen abschließend alle Unterlagen anzugeben hat, die er fordert und ggf. nachgefordert. Angebote, welche die geforderten Erklärungen und Nachweise nicht enthalten, sind nach § 16 Absatz 1 Nummer 3 VOB/A auszuschließen, wenn der Auftraggeber gemäß § 16a Absatz 3 festgelegt hat, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.

Festlegung und Bekanntmachung der Zuschlagskriterien

Die Regelungen zu den Zuschlagskriterien und zur Zuschlagsentscheidung wurden an die Regelungen des 2. Abschnitts in § 16d EU VOB/A angeglichen. Der Zuschlag hat nach dem neuen § 16d Absatz 1 Nummer 4 VOB/A nun auch im unterschwelligen Bereich auf das wirtschaftlichste Angebot zu erfolgen. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistung-Verhältnis. Grundlage hierfür ist eine Bewertung des Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Nach § 16d Absatz 1 Nummer 5 VOB/A dürfen nur Zuschlagskriterien und gegebenenfalls deren Gewichtung berücksichtigt werden, die in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind. Die Zuschlagskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Sie müssen nach § 16d Absatz 1 Nummer 6 VOB/A so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.
Nach § 12 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe r VOB/A ist der Auftraggeber nun verpflichtet, in den Vergabeunterlagen oder der Auftragsbekanntmachung die Zuschlagskriterien und gegebenenfalls deren Gewichtung anzugeben.

Änderungen in Abschnitt 2

Die VOB/A-EU wurde in erster Linie redaktionell geändert und Anpassungen an die Änderungen des GWB seit der Vergaberechtsreform 2016 nachvollzogen. Dies betrifft etwa die Ausschlussgründe (§ 6e VOB/A-EU), die Einführung des Wettbewerbsregisters (§ 6f Absatz 1 VOB/A-EU), die Streichung der Übergangsregelungen nach Ablauf der Fristen zur Einführung der elektronischen Kommunikation (§ 23 EU VOB/A a.F.) und die Umsetzung der eIDAS-Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (§ 11 EU Absatz 5, § 13 EU Absatz 1 VOB/A).
Inhaltsgleich aus dem Unterschwellenbereich der VOB/A 2019 übertragen werden die Neuregelungen zur Abgabe mehrerer Hauptangebote (§ 8 EU Absatz 2 Nummer 4 VOB/A) und zum Nachfordern von Unterlagen (§ 16a EU VOB/A).

 

Philipp Sachsinger

Rechtsanwalt, Koordinator Fortbildung und Geschäftsführer Region Nord des vhw-Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V., Hannover/Berlin
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