16.05.2022

Private Nutzung einer hoteleigenen SPA-Anlage in Zeiten der Corona-Pandemie

SächsOVG, Beschluss vom 07.04.2021 – 3 B 68/21

Private Nutzung einer hoteleigenen SPA-Anlage in Zeiten der Corona-Pandemie

SächsOVG, Beschluss vom 07.04.2021 – 3 B 68/21

Ein Beitrag aus »Die Kommunalverwaltung Sachsen« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Die Kommunalverwaltung Sachsen« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Die Antragstellerin betreibt ein Hotel, eine Gaststätte und eine SPA-Einrichtung (SPA = sanus per aquam). Die SPA-Anlage ist vom Hotel- und Gaststättenbereich abgetrennt. Für die SPA-Anlage hat die Antragstellerin mit der Antragsgegnerin ein Hygienekonzept abgestimmt. Dieses Konzept wurde dann für die Privatnutzung der Sauna fortentwickelt.

Die Antragstellerin bot auf ihrer Internetseite den SPA-Bereich privaten Nutzern zur Anmietung für bis zu 4 Stunden an. Die SPA-Anlage stand auch den Hotelgästen zur Verfügung.

Am 18.01.2021 wurde den Hotelmitarbeitern vom Amt für öffentliche Ordnung bei einem Vor-Ort-Termin mitgeteilt, dass der Betrieb einer Sauna aufgrund der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung (SächsCoronaSchVO) nicht gestattet sei, ebenso wenig wie eine Internetwerbung hierfür oder eine online gebuchte Terminvergabe. Gegen diese Verfügung legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.


Ende Januar 2021 führte das Amt für öffentliche Ordnung eine zweite Kontrolle durch. Die Behörde fand beim Ortstermin ein voll besetztes Tauchbecken und einen besetzten Saunabereich vor. Die Behörde ordnete die Schließung des Saunabereichs an, wogegen die Antragstellerin Widerspruch erhob, über den ebenfalls noch nicht entschieden ist.

Im Februar 2021 beantragte die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beiden Widersprüche und die vorläufige Feststellung, dass § 4 Abs. 2 SächsCoronaSchVO auf ihr Geschäftsmodell, den SPA-Bereich an Einzelpersonen oder Angehörige eines Hausstandes stundenweise zu vermieten, nicht anwendbar ist. Das VG Dresden (VG) hat die Anträge abgelehnt. Ihr Ziel verfolgt die Antragstellerin mit der Beschwerde gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss weiter. Die Beschwerde führt nicht zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Die Schutzwirkung des § 28 IfSG

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, weil Widersprüche gegen Maßnahmen, die aufgrund § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG) zur Vermeidung der Verbreitung aufgetretener Krankheiten erlassen wurden, keine aufschiebende Wirkung haben. Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs sind grundsätzlich die gegenläufigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Bei infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur dann in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme bestehen. Die Schutzwirkung des IfSG kann nur erreicht werden, wenn die Maßnahmen unverzüglich ergriffen werden, so dass dem IfSG ein Vorrang des öffentlichen Interesses vor dem individuellen Interesse des Aufschubes immanent ist. Nach Infektionsschutzgesetz-Zuständigkeitsverordnung (IfSGZuVO) war die Antragsgegnerin für die Maßnahme nach § 28 IfSG zuständig.

Auch wenn zwischenzeitlich eine neue CoronaSchutzVO erlassen wurde, so sind die Vorschriften des § 4 wortgleich und auch die seit 01.04.2021 geltende Vorschrift sieht eine Schließung von Dampfbädern, Dampfsaunen und Saunen vor. Das Verfahren wird daher aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf die aktuelle SächsCoronaSchVO fortgeführt.

Die Vermietung des SPA-Bereichs an Privatpersonen

Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 SächsCoronaSchVO ist die Öffnung und der Betrieb von Dampfsaunen, Dampfbädern und Saunen untersagt. Mit dem Begriff „Öffnung“ ist nicht das Zurverfügungstellen für einen unbegrenzten Personenkreis gemeint. In § 4 Abs. 2 SächsCoronaSchVO sind alle Einrichtungen genannt, die – unabhängig vom Bestehen von Zugangsbeschränkungen und Hygienekonzepten – für niemanden außer für den Betreiber, Beschäftigte und Prüfer zugänglich sein sollen. § 5 hingegen benennt Einrichtungen, die unter bestimmten Voraussetzungen geöffnet werden dürfen.

Ein Betrieb der SPA-Anlage liegt auch vor, wenn die Anlage an Hausstände stundenweise vermietet wird. Ein Betrieb liegt auch vor, wenn Dienstleistungen in Zusammenhang mit dem Betrieb nicht in Anspruch genommen werden wie z. B. der Aufguss.

Sollen abweichend vom Regelbetrieb Nutzungen möglich sein, so ist dies in § 4 Abs. 2 Nr. 6 CoronaSchVO geregelt.

Die Kontaktvermeidung

Die Schließungen haben Kontaktvermeidung zum Ziel, worunter auch der Weg zur oder von der SPA-Anlage zählt. Selbst wenn die Vermietung einer rollenden Sauna erlaubt ist, verstößt diese Differenzierung nicht gegen Art. 3 Grundgesetz (GG). Bei einem dynamischen Infektionsgeschehen sind die Grenzen, die sich aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz ergeben, weniger streng. Es ist aber nicht sicher, dass der Betrieb der mobilen Sauna von der Antragsgegnerin wirklich von Schließungen verschont wird. Wenn andere Behörden in Sachsen die Differenzierung zwischen rollender Sauna und SPA-Anlage anders bewerten, so kann dies der Antragsgegnerin nicht zugerechnet werden.

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt ist der Auffassung, dass der Betrieb einer mobilen Sauna nicht gegen § 4 Abs. 2 SächsCoronaSchVO verstößt. Wird eine mobile Sauna nur von einer Privatperson betrieben und genutzt, so ist dies nicht mit der stundenweisen Vermietung einer stationären SPA-Anlage vergleichbar. Bei einer mobilen Sauna muss der Mieter selbst für das Anheizen sorgen, während die SPA-Anlage nutzbereit zur Verfügung gestellt wird und der Mieter nur den Aufguss selbst durchführen muss. Eine mobile Sauna zur privaten Nutzung zieht daher viel weniger Kontakte nach sich als die Vermietung einer SPA-Anlage.

Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit

Die verschiedenen Grundrechte sind in praktische Konkordanz zu bringen, so dass auch wirtschaftliche und existenzielle Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist aber voraussichtlich gerechtfertigt. Bei der Eignung der Erforderlichkeit der Maßnahme steht dem Verordnungsgeber ein weiter Beurteilungsspielraum und damit eine weite Einschätzungsprärogative zu. Andere Maßnahmen als die Schließung entfalten nicht die gleiche Wirkung für die Abwehr von Gesundheitsgefahren. Die Maßnahme ist voraussichtlich auch verhältnismäßig. Die Schließung ist insgesamt von sachlichen Gründen getragen mit dem Ziel, die Weiterverbreitung des Sars-Covid-19-Virus durch Reduktion sozialer Kontakte zu verhindern. Die Schließung ist auch zur Kontaktreduzierung geeignet.

Das Hygienekonzept ist kein alternatives Mittel

Das Virus wird vor allen durch Aerosole in Innenräumen verbreitet. Die Konzentration der Schließungen auf Pandemietreiber mit Einhaltung von Hygienekonzepten in anderen Bereichen hat sich im Herbst 2020 nicht als ausreichend erwiesen. Die dem Verordnungsgeber zustehende weite Einschätzungsprärogative ist nicht überschritten. Die Entscheidung zur Schließung ist auch nicht unverhältnismäßig. Das Infektionsgeschehen weitet sich mit hoher Geschwindigkeit aus und Leben und Gesundheit sind nach Art. 2 GG zu schützen. Zudem sind die Betriebsschließungen befristet und es gibt finanzielle staatliche Unterstützung. Die Durchführung medizinisch notwendiger Behandlungen sind ebenso wie der Weiterbetrieb von Reha-Einrichtungen gestattet, so dass Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die Schließung einer Sauna wohl nicht zu befürchten sind, auch wenn ein Saunagang zur Steigerung des Immunsystems beitragen kann. Angesichts des Schutzes von Leben und Gesundheit ist auch keine einschränkende Auslegung dahingehend geboten, dass der Betrieb unter Auflagen zu gestatten ist.

 

Entnommen aus Kommunalverwaltung Sachsen, Heft 1/2022.

 

 
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