15.08.2016

Kostbares Nass

Zur Änderung des Wasserhaushalts- und Abwasserabgabengesetzes

Kostbares Nass

Zur Änderung des Wasserhaushalts- und Abwasserabgabengesetzes

Kostbares Nass
Definition der Wasserdienstleistungen nach europäischen Vorgaben im geänderten Wasserhaushaltsgesetz. | © jozsitoeroe - Fotolia

Am 18. 10. 2016 tritt das „Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes zur Einführung von Grundsätzen für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen sowie zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes” vom 11. 04. 2016 (BGBl I S 745) in Kraft. Damit wurden, wenn auch mit erheblicher Verzögerung, europarechtliche Vorgaben der Richtlinie 2006/60/EG zur „Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik” (Wasserrahmenrichtlinie – WRRL) in nationales Recht umgesetzt.

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AwSV

Vorausgegangen war der Gesetzgebung ein Streit mit der EU-Kommission über die Auslegung des Begriffs der Wasserdienstleistungen, der schlussendlich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 11. 09. 2014 Rechtssache C-525/12 zu Gunsten der Bundesrepublik Deutschland entschieden wurde (vgl. Natalie Häusler, in: PUBLICUS 2014.12 S. 10. Das Änderungsgesetz zum Wasserhaushaltsgesetz (WHG) – Art. 1 des o.g. Gesetzes – dient der Umsetzung der Begriffsdefinitionen der Wasserdienstleistungen und der Wassernutzungen nach Artikel 2 Nrn. 38 und 39 sowie der Regelungen des Artikels 9 zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen der WRRL. Diese Regelungen waren bisher nicht im Wortlaut in das WHG übernommen worden. Das wird nun im Sinne einer am Wortlaut der WRRL orientierten Regelung nachgeholt. Es handelt sich hierbei um Grundsatzregelungen, die jedoch keine bestimmten ökonomischen und fiskalischen Instrumente vorschreiben. Bestehende Regelungen zur Entgeltlichkeit von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen bleiben aufrechterhalten.Durch Art. 2 des o.g. Gesetzes wird im Abwasserabgabengesetz (AbwAG) klargestellt, dass die Übernahme europäischer Regeln zu den besten verfügbaren Techniken sich nicht nachteilig auf die Berechnung der Abwasserabgabe auswirkt.

Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes: Erweiterung des § 3 WHG – Begriffsbestimmungen

Nach dem neu eingefügten § 3 Nr. 16 WHG sind Wasserdienstleistungen nur solche der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung (vgl. BR-DRs. 496/15 S. 9). Der Begriff „Gewässer” in § 3 Nr. 16 WHG umfasst nach § 2 Abs. 1 WHG sowohl oberirdische Gewässer wie auch das Grundwasser. Die Begriffe Entnahme und Aufstauung knüpfen an die entsprechenden Begrifflichkeiten in § 9 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 5 WHG für Gewässerbenutzungen an. Nachdem der Begriff der Entnahme dem Art. 2 Nr. 38 WRRL entnommen ist, umfasst er auch die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 WHG genannten weiteren Gewässerbenutzungen des Ableitens von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer, des Absenkens eines oberirdischen Gewässers in § 9 Abs. 1 Nr. 2 WHG und insbesondere auch das Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser als Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG, jeweils, soweit diese Gewässerbenutzungen dem Zweck der Wasserversorgung dienen.


Die Begriffe „Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser” sind dagegen nicht primär wasserwirtschaftlicher Art, sondern knüpfen an Handlungen für die Sicherstellung einer Wasserversorgung an. Zwar kann in Trinkwassertalsperren Wasser für die Trinkwasserversorgung gespeichert werden, wasserrechtlich gilt dies jedoch als Herstellung eines Gewässers und damit als Gewässerausbau. Behandlung und Verteilung von Trinkwasser beziehen sich auf Wasser, das Gewässern und damit dem natürlichen Wasserkreislauf bereits entnommen ist, und sind keine wasserwirtschaftlichen Aufgaben, sondern erfolgen im Rahmen der Daseinsvorsorge (vgl. § 50 Abs. 1 WHG) als Erfüllung in der Regel kommunaler Aufgaben.

§ 3 Nr. 17 WHG beschreibt „Wassernutzungen als alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.”

Während in der Begriffsbestimmung der Wassernutzungen mit dem Begriff Wasserdienstleistungen auf die Regelung in § 3 Nr. 16 WHG verwiesen wird, werden die Handlungen mit signifikanten Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers nicht näher definiert. Wie aus der neuen Regelung in § 6 a Abs. 2 WHG (siehe später) entnommen werden kann, handelt es sich bei Wassernutzungen um menschliche Tätigkeiten insbesondere in den Bereichen Industrie, Haushalte und Landwirtschaft mit Relevanz für die Bewirtschaftungsziele. Für die Annahme einer Wassernutzung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung, dass die Tätigkeit rechtswidrig oder nicht regelkonform erfolgt.

Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes: Einfügung des neuen § 6 a WHG – Grundsätze für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen

Nach § 6 a Abs. 1 WHG ist „bei Wasserdienstleistungen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 der Grundsatz der Kostendeckung zu berücksichtigen. Hierbei sind auch die Umwelt- und Ressourcenkosten zu berücksichtigen. Es sind angemessene Anreize zu schaffen, Wasser effizient zu nutzen, um so zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele beizutragen.” § 6 a Abs. 1 Satz 1 und 2 WHG schreibt das Kostendeckungsprinzip für Wasserdienstleistungen fest. Zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele sind neben den in Artikel 11 Abs. 3 WRRL genannten Maßnahmen auch ökonomische Instrumente einzusetzen, soweit dies erforderlich ist; der Grundsatz der Kosten- deckung ist dabei ein wichtiges Prinzip für alle Wasserdienstleistungen. § 6 a WHG übernimmt diesen Grundsatz nun ausdrücklich in das Wasserhaushaltsgesetz, ohne jedoch bestimmte ökonomische oder fiskalische Instrumente vorzuschreiben. § 6 a Abs. 1 WHG enthält keine Verpflichtung und auch keine Ermächtigungsgrundlage, fiskalische Instrumente anzuwenden. Ob und in welcher Weise solche Instrumente zur Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erforderlich sind, ist jeweils vor Erlass der entsprechenden Rechtsgrundlage zu prüfen.

In § 6 a Abs. 2 WHG werden mit „Industrie, Haushalten und Landwirtschaft” die wichtigsten Bereiche genannt, in denen Wasser genutzt wird und die einen Beitrag zur Kostendeckung leisten sollen. Für Wassernutzungen, die keine Wasserdienstleistungen sind, gilt das Kostendeckungsprinzip nicht im gleichen Umfang wie für Wasserdienstleistungen. Nur wenn Wassernutzungen die Erreichung der in § 6a Abs. 1 WHG genannten Bewirtschaftungsziele gefährden, haben diese auch einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten zu leisten. § 6 a Abs. 2 WHG ist keine abschließende Regelung, die landesrechtliche Regelungen zu Kosten- und Entgelterhebungen im Bereich der Gewässerbewirtschaftung ausschließt. Sie ist beschränkt auf Regelungen zur Umsetzung der Bewirtschaftungsziele. Wassernutzungsentgeltregelungen oder Wasserentnahmeentgeltregelungen, die anderen Bewirtschaftungsansätzen dienen, bleiben deshalb unberührt und können von den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG weiterhin erlassen werden.

Nach § 6 a Abs. 3 WHG wird bestimmt, dass „im Rahmen der Absätze 1 und 2 das Verursacherprinzip sowie die wirtschaftliche Analyse der Wassernutzungen nach der Oberflächengewässerverordnung und der Grundwasserverordnung zu Grunde zu legen sind”. § 6 a Abs. 3 WHG enthält insoweit zusätzliche gemeinsame Bestimmungen für die im Übrigen in den ersten beiden Absätzen geregelten Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen. Dazu gehört, dass das Verursacherprinzip sowie die nach § 12 der Oberflächengewässerverordnung und § 14 der Grundwasserverordnung vorgenommene wirtschaftliche Analyse zu Grunde zu legen sind.

Nach § 6 a Abs. 4 WHG kann „von den Grundsätzen nach den Absätzen 1 und 2 im Hinblick auf soziale, ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen der Kostendeckung sowie im Hinblick auf regionale geografische oder klimatische Besonderheiten abgewichen werden”. § 6 a Abs. 4 WHG enthält die notwendige Ausnahmeregelung für Sonderfälle.

Die Umsetzung der Grundsätze für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen sind nach § 83 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WHG (der mit Art. 1 Nr. 4 des Änderungsgesetzes neu in das WHG eingefügt wird) in den Bewirtschaftungsplänen darzustellen.

Änderung des Abwasserabgabengesetzes (Abw AG)

Gemäß der Industrieemissionsrichtlinie 2010/75/EU (IE-RL) müssen von der Europäischen Kommission beschlossene Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) – zum Begriff vgl. § 54 Abs. 4 WHG – in deutsches Recht umgesetzt werden. Dies geschieht derzeit durch jeweilige Änderungen der Abwasserverordnung. In den BVT- Schlussfolgerungen für verschiedene Industriebranchen werden zunehmend Langzeitmittelwerte wie Jahres- und Monatsmittelwerte als einzuhaltende Emissionsbandbreiten eingeführt. Diese Jahres- und Monatsmittelwerte müssen ergänzend auch in die Abwasserverordnung übernommen werden. Dies kann jedoch Auswirkungen auf die Höhe der Abwassergabe haben, da nach § 4 Abs. 1 Satz 3 AbwAG bei der Festlegung von Überwachungswerten für verschiedene Zeiträume der Überwachungswert für den längsten Zeitraum – damit zukünftig der Jahres- oder Monatsmittelwert – der Berechnung der Abwasserabgabe zu Grunde zu legen ist.

Die Gesetzesänderung ergänzt § 4 Abs. 1 Satz 3 AbwAG um den Zusatz, dass „Jahres- und Monatsmittelwerte” außer Betracht bleiben. Durch diese Änderung wird Auswirkungen aufgrund zu erwartender Änderungen der Abwasserverordnung durch Übernahme von BVT-Schlussfolgerungen auf die Festsetzung der Abwasserabgabe entgegengewirkt und damit insoweit der derzeitige Status quo beibehalten. Die Änderung des Abwasserabgabengesetzes ist eine reine technische Reaktion auf Vorgaben des EU-Rechts. Die Regelung zeigt aber auch, dass mit einer Änderung des Abwasserabgabengesetzes und einer damit erfolgenden Präzisierung der Abgabeberechnung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.

Ulrich Drost

Ulrich Drost

Ministerialrat a.D. im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Weilheim
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