27.08.2018

Kein Betrieb gewerblicher Art

Die Beteiligung einer Stadt an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Kein Betrieb gewerblicher Art

Die Beteiligung einer Stadt an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Muss der Rotstift angesetzt werden? | © beermedia - stock.adobe.com
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Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.11.2017 – I R 83/15, www.bundesfinanzhof.de

Sachverhalt:

Die Stadt A war im Streitjahr (2008) alleinige Kommanditistin der A-AG & Co. KG – A-KG –. Die A-KG hielt im Streitjahr Beteiligungen an drei kommunalen Gesellschaften, nämlich der Stadtwerke A. GmbH – StW-GmbH – (74,9 %), an der Stadtverkehr A. GmbH – StV-GmbH – (100 %) und an der Stadtbäder A. GmbH – StB-GmbH – (100 %). Die StB-GmbH betrieb ein Freibad und ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Die A-KG schloss mit sämtlichen Tochtergesellschaften Gewinnabführungsverträge ab, weshalb das für die A-KG zuständige Finanzamt sämtliche Tochtergesellschaften steuerlich als Organgesellschaften i.S.d. § 14 KStG der A-KG behandelte und insoweit entsprechende Feststellungsbescheide erließ.

Das Verluste erwirtschaftende städtische Hallenbad wurde von der Stadt A in eigener Trägerschaft betrieben und als BgA behandelt (BgA Hallenbad). Die StB-KG führte die Geschäfte des Hallenbades im Namen und auf Rechnung der Stadt A. Diese erfasste die Kommanditbeteiligung an der A-KG als gewillkürtes Betriebsvermögen des BgA Hallenbad und gelangte dadurch im Rahmen der Gewinnermittlung des BgA Hallenbad zu einer Saldierung der Verluste aus dem Betrieb des Hallenbades (2008: ./. 421.309 €) mit den Erträgen aus der Beteiligung an der A-KG.


Das Finanzamt kam nach einer Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass die Beteiligung an der A-KG als ein eigenständiger BgA erfasst und besteuert werden müsse. Es erließ für das Streitjahr einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid betreffend den BgA „Halten einer Kommanditbeteiligung an der (A-KG)“, in dem die Verluste aus dem Betrieb des Hallenbades nicht gewinnmindernd zum Ansatz kamen.

Das vorinstanzliche Finanzgericht Nürnberg wies die Klage mit Urteil vom 16.6.2015 ab (EFG 2016 S. 592). Es ging – wie das Finanzamt – davon aus, dass es sich bei der Beteiligung der Stadt A an der A-KG um einen BgA handele. Auch war es der Auffassung, dass die A nicht berechtigt gewesen sei, den Gewinn aus der Beteiligung an der A-KG mit den Verlusten des BgA Hallenbad zu verrechnen, da insoweit kein steuerlich anzuerkennender Querverbund vorgelegen habe.

Leitsatz:

Die Beteiligung einer Stadt an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personen-gesellschaft ist kein Betrieb gewerblicher Art.

Aus den Entscheidungsgründen:

Entgegen der Auffassung des Finanzamts und des FG Nürnberg sei es – so der BFH – schon fraglich, ob die Beteiligung an der A-KG überhaupt einen eigenständigen BgA begründe.

Beteilige sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, werde hierdurch ein BgA begründet. Dies beruhe auf der Vorstellung, dass die aus der Beteiligung bezogenen Gewinnanteile Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb darstellen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und dass die einzelnen Mitunternehmer selbst als Gewerbetreibende und Steuersubjekte behandelt werden. Mit der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb seien somit regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 KStG erfüllt, begrifflich sei insbesondere auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung überschritten

Ob die A-KG im Streitjahr i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG gewerblich tätig gewesen sei, könne den Feststellungen im angefochtenen FG-Urteil nicht entnommen werden. Insoweit habe das FG Nürnberg lediglich festgestellt, dass die A-KG im Streitjahr Gesellschafterin der StW-GmbH, der StV-GmbH und der StB-GmbH gewesen sei. Das Halten von Kapitalgesellschaftsanteilen sei jedoch grundsätzlich keine wirtschaftliche Betätigung, sondern sei dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen. Eine andere Beurteilung könne allerdings in Betracht kommen, wenn die Körperschaft über eine Zusammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibe (sog. geschäftsleitende Holding) oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausübe und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehme. Feststellungen zu diesen Kriterien habe das FG Nürnberg nicht getroffen.

Die Beteiligung der Stadt A an der A-KG könne nicht unabhängig von einer tatsächlichen wirtschaftlichen Betätigung dieser Gesellschaft jedenfalls deshalb als BgA i.S.d. § 4 KStG angesehen werden, weil die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der A-KG eine AG sei. Die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG, derzufolge die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine originär gewerbliche Betätigung ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft), in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, sei im Rahmen des § 4 KStG nicht anwendbar. Denn § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG enthalte eine eigenständige, von den einkommensteuerrechtlichen Begriffen des Gewerbebetriebs und gewerblicher Einkünfte unabhängige und ausschließlich tätigkeitsbezogene Definition des BgA. Die Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG werde durch § 4 Abs. 1 KStG nicht aufgegriffen. (Der BFH begründet dies ausführlich.)

Zu erwähnen sind noch die Ausführungen des BFH, nach der die Beteiligung der Stadt A an der A-KG nicht schon deshalb als BgA zu beurteilen sei, weil das für die A-KG zuständige Finanzamt durch Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr die Erzielung gewerblicher Einkünfte festgestellt und diese der A als Kommanditistin zugerechnet habe. Im Feststellungsverfahren einer Personengesellschaft, an der eine jPdöR beteiligt sei, werde nicht darüber entschieden, inwiefern die jPdöR mit ihrer Beteiligung einen BgA unterhalte.

Da das vorinstanzliche FG Nürnberg von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen sei, sei sein Urteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen zu Art und Umfang der wirtschaftlichen Betätigung der A-KG getroffen werden können.

Anmerkung:

Die vom BFH im oben dargestellten Urteil vertretene Auffassung (kein BgA bei einer Beteiligung einer jPdöR an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personen-gesellschaft) entspricht in der Zwischenzeit auch der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 21.6.2017, BStBl. 2017 I S. 880, Rdn. 1 und 7).

 

 

Prof. Thomas Maier

Rechtsanwalt / Steuerberater,
Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl

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