09.08.2018

Ausschreibung von Planungsleistungen mit Building Information Modeling (BIM)

Herausforderungen und Gestaltungsspielräume

Ausschreibung von Planungsleistungen mit Building Information Modeling (BIM)

Herausforderungen und Gestaltungsspielräume

Die Bedeutung einer detaillierten Vertragsgestaltung sollte beim BIM nicht unterschätzt werden. | © profit_image - stock.adobe.com
Die Bedeutung einer detaillierten Vertragsgestaltung sollte beim BIM nicht unterschätzt werden. | © profit_image - stock.adobe.com

Building Information Modeling (BIM) gewinnt bei Bauprojekten zunehmend an Bedeutung. Die Planungsmethode, die ein digitales 3-D-Modell des Bauwerks verwendet, das mit Informationen, Attributen und Parametern zu den Bauteilen angereichert wird, revolutioniert derzeit sowohl Planungsprozesse als auch die Bauausführung. Auch für öffentliche Auftraggeber ergeben sich hieraus Neuerungen: Sowohl im Vergabeverfahren als auch bei der Vertragsgestaltung gilt es, die Besonderheiten zu beachten.

Vergaberechtliche Einkleidung

Die Planungsbüros werden häufig mittels EU-weitem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach den Regelungen der VgV ausgewählt. Im Zuge der Konzeption dieser Verfahren ergeben sich bezüglich BIM zahlreiche vergaberechtliche Fragen: Welche Vorgaben darf eine Vergabestelle (aus vergaberechtlicher Sicht) bei der Definition der gewünschten Leistungserbringung machen? Welche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen sich durch BIM bezüglich Eignungs- und Auswahlkriterien im Teilnahmewettbewerb? Und welche Zuschlagskriterien sind mit Blick auf BIM sinnvoll?

Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers

Öffentliche Auftraggeber dürfen BIM als zwingend einzusetzende Planungsmethode vorgeben. § 31 Abs. 3 VgV sieht ausdrücklich vor, dass sich Merkmale der Leistungsbeschreibung nicht nur auf das Ergebnis (nämlich die fertige Planung), sondern auch auf den Prozess oder die Methode der Leistungserbringung (also Planung mittels BIM) beziehen können. Ob öffentliche Auftraggeber jedoch auch vorgeben dürfen, dass sämtliche Planer zwingend eine vom Auftraggeber bestimmte Software einsetzen (sog. „Closed BIM“), muss im Einzelfall entschieden werden. Maßgeblich sind hierbei sachliche und auftragsbezogene Gründe wie beispielsweise zu befürchtende Kompatibilitätsprobleme, die eine solche Vorgabe rechtfertigen können.


Berücksichtigung von Erfahrungen mit BIM

Im Teilnahmewettbewerb können Vergabestellen die BIM-spezifischen Anforderungen insbesondere bei den Vorgaben zu Referenzen oder auch durch die Abfrage der beim Bewerber vorhandenen technischen Ausstattung abbilden. Mindestanforderungen an Referenzen stellen dabei sicher, dass der Kreis der für die Angebotsabgabe auszuwählenden Büros das nötige Mindestmaß an Know-how für die digitale Planungsmethode mitbringt. Beispielsweise kann die Vergabestelle verlangen, dass Bewerber bestimmte BIM-Anwendungen oder die Bearbeitung einiger Leistungsphasen mittels BIM nachweisen. Die Vorgaben an einen solchen „BIM-Führerschein“ sollten dabei stets den Markt im Blick haben, um den Kreis der potenziellen Bieter nicht unverhältnismäßig einzugrenzen. Aus diesem Bewerberkreis können besonders geeignete und erfahrene Planungsbüros für die Angebots- und Verhandlungsphase mittels passender Auswahlkriterien „herausgefiltert“ werden, wobei auch hier BIM eine besondere Rolle einnehmen kann.

BIM-spezifische Zuschlagskriterien

Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung stellen eines der wesentlichen Elemente der Verhandlungsphase dar. Sie sind stets so auszugestalten, dass sie mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und auf das beste Preis-Leistungs-Verhältnis abzielen. Gerade bei Planerbeauftragungen im Anwendungsbereich der HOAI wird das Kriterium „Preis“ eine eher untergeordnete Rolle spielen. Gleichwohl ergeben sich durch BIM im Bereich der sog. besonderen Leistungen Spielräume. Neben dem Preis sind häufig die Qualifikation und Erfahrung des für den Planungsauftrag vorgesehenen Projektteams entscheidend. Selbstredend kann bei BIM-Planungsleistungen gerade auch die Qualifikation und Erfahrung bezüglich BIM bewertet werden. Darüber hinaus kann beispielsweise von den Büros verlangt werden, in einem Konzept ihre Herangehensweise, insbesondere auch unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen und Koordinierungserfordernisse durch BIM, zu erläutern. Die Vergabestelle erhält hierdurch die Möglichkeit, die Konzepte auf Plausibilität zu prüfen sowie qualitativ mittels Schulnoten zu bewerten.

Vertragliche Besonderheiten

Völlig neue Vertragsmodelle sind zwar nicht erforderlich, um BIM erfolgreich einzusetzen. Es gibt jedoch Besonderheiten bei der Vertragsgestaltung, die beachtet werden müssen.

Die Verträge und die Leistungsbeschreibungen bzw. -bilder müssen unbedingt die Methoden und Prozesse berücksichtigen, die sich durch BIM im Verhältnis zum konventionellen Planungsprozess ergeben. Sich auf die Formulierung im HOAI-Leistungsbild zur Gebäudeplanung („3-D oder 4-D Gebäudemodellbearbeitung“) zu verlassen, wäre fatal. Vielmehr sollte genau definiert werden, welche Ziele der Auftraggeber mit dem Einsatz der BIM-Planungsmethode verfolgt und welche Ergebnisse er fordert. Die Vergabestelle ist gut beraten zu formulieren, zu welchem Zeitpunkt im Planungsprozess das Gebäudemodell welchen Informationsgehalt und Detaillierungsgrad aufweisen muss. Solche Regelungen sind nicht nur deshalb erforderlich, weil es nicht „das“ BIM gibt, sondern auch, da eine Standardisierung des Arbeitens mit BIM – die VDI-Richtlinie 2552 spielt hier eine Vorreiterrolle – nur langsam vorankommt.

Der Umstand, dass die Anwendung von BIM zu zusätzlichen Leistungen im Verhältnis zu den üblichen Grundleistungen führen kann und die Tatsache, dass beim Planen mit BIM Leistungen aus späteren Leistungsphasen in frühere verlagert werden, sind bei der Ausgestaltung von Regelungen zum Honorar zu berücksichtigen.

Ohne zusätzliche Regelungen zum Umgang mit dem Gebäudemodell und Zugriffsrechten läuft der Bauherr Gefahr, die Kontrolle über das Projekt und die Planungsergebnisse zu verlieren. Neben Fragen der Datenhoheit gewinnen Fragen des Datenschutzes an Bedeutung, da große Mengen an Daten und persönlichen Informationen der Datennutzer ausgetauscht werden.

Neben weiteren Themen sollte auch die Frage nicht unterschätzt werden, ob die üblichen Berufshaftpflichtversicherungen der Planer ausreichenden Schutz für die geänderten Planungsbedingungen bieten. In den Architekten- und Ingenieurverträgen können Vorkehrungen getroffen werden, damit keine Deckungslücken zulasten des Bauherrn entstehen. Alternativ kann zu Projektbeginn über geeignete Versicherungsstrukturen, beispielsweise allumfassende Projektversicherungen, nachgedacht werden.

Fazit

BIM verändert Planungs- und Bauprozesse unaufhaltsam. Die öffentliche Hand hat die sich hieraus ergebenden Chancen erkannt. Ein Projekt mit BIM wird nur dann gelingen, wenn bereits im Vergabeverfahren zur Auswahl der Planungs- und Ingenieurbüros die Weichen richtig gestellt sind. Sowohl bei Auswahl der Bieter als auch bei der Vorgehensweise das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln, sollte das Thema „BIM“ angemessen berücksichtigt werden, um eine qualitativ hochwertige Planungsleistung sicherzustellen. Zudem sollte die Bedeutung einer guten Vertragsgestaltung nicht unterschätzt werden. Die Evaluierung der BIM-Pilotprojekte auf Bundesebene im Rahmen des ersten BMVI-Fortschrittsberichts hat eindrücklich gezeigt, dass die Qualität in dieser Hinsicht bisher unbefriedigend ist. Daraus sich ergebende Rechtsunsicherheiten sollten bei zukünftigen Projekten unbedingt vermieden werden.

 

Dr. Alexander Dörr

Rechtsanwalt bei Menold Bezler Rechtsanwälte
 

Ulrich Eix

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
Rechtsanwalt und Partner bei Menold Bezler Rechtsanwälte

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