27.02.2017

(Horror-)Clowns als Sicherheitsproblem

Altes Phänomen mit neuem Hype und größeren Schäden

(Horror-)Clowns als Sicherheitsproblem

Altes Phänomen mit neuem Hype und größeren Schäden

In den USA, England und Schweden ist das Phänomen der Horror-Clowns längst bekannt. | © Coka - Fotolia
In den USA, England und Schweden ist das Phänomen der Horror-Clowns längst bekannt. | © Coka - Fotolia

Hunderte Personen, die sich als Horror-Clowns verkleidet haben, verbreiten in ganz Deutschland Angst und Schrecken. Das Ansinnen ist dabei völlig unterschiedlich. Einige wolle Passanten erschrecken und filmen den Moment, um sich daran zu belustigen, andere greifen Menschen aus dem Hinterhalt an und verletzen sie beispielsweise mit einem Messer.

In den USA, England und Schweden ist das Phänomen der Horror-Clowns längst bekannt. Schon in den 1980er Jahren begannen sich junge Menschen als gruselige Clowns zu verkleiden und Menschen auf offener Straße zu erschrecken, doch auch für schwerwiegendere Taten wurden sie verantwortlich gemacht. Eine Gruppe sogenannter „Phantom Clowns“ soll 1981 in Brookline, Massachusetts versucht haben, Kinder in einen Van zu locken. Der Schrecken, der mit diesen Meldungen einherging, verbreitete sich rasch in den USA im Mittleren Westen und Nordosten. Und tatsächlich wurden weitere solcher Clowns gesichtet, beispielsweise 1985 in Phoenix, Arizona, 1991 in West Orange, New Jersey und 1995 in Honduras. In Wellington, Florida, öffnete am 26. Mai 1990 Marlene Warren ihre Haustüre für einen Clown mit Blumen und Ballons. Er schoss ihr ins Gesicht und fuhr mit einem weißen Chrysler davon. Er wurde nie wieder gesehen; der Mord blieb bis heute unaufgeklärt.

In den 2010er Jahren wurde dies dann in weiteren Ländern zum Trend. 2014 tauchten in Frankreich wiederholt Gruselclowns in der Öffentlichkeit auf. Diese trugen mitunter Waffenattrappen, aber auch echte Messer, Baseballschläger und in einem geschilderten Fall eine Pistole. Es kam vereinzelt zu gewalttätigen Übergriffen durch, aber auch gegen Clowns.


2016 kam das Phänomen dann endgültig Deutschland an. Alleine in Nordrhein-Westfalen wurden von der Polizei binnen weniger Tage über 100 Vorfälle mit sogenannten Horror-Clowns registriert.

Gefährlicher Trend

Im Oktober 2016 schienen die Vorfälle mit Grusel-Clowns ihren vorläufigen Höhepunkt zu erreichen. In Rostock attackierte ein Grusel-Clown einen 19-Jährigen mit einem Baseballschläger und verletzte ihn. In Gelsenkirchen erlitt ein 33-Jähriger nach einem Angriff durch einen Clown mit einem Messer eine Schnittwunde. In Wesel erschreckte ein Clown eine Frau mit einer Kettensäge. In Berlin ging ein 16-Jähriger Grusel-Clown mit einem Messer und einem Hammer bewaffnet auf einen 14-Jährigen los. Dieser zog seinerseits ein Messer und stach dem Clown in den Hals. Dieser wurde dabei lebensgefährlich verletzt.

Der Reiz der vorrübergehenden Identität als Horror-Clown liegt vermutlich einerseits in der Anonymität der Verkleidung, dem Nervenkitzel und dem Machtempfinden in der jeweiligen Situation: Der Clown macht Menschen Angst. Es ist davon auszugehen, dass es sich zum größten Teil nicht um organisierte oder verabredete Taten handelt. In der Anonymität des Clowns können sich einzelne Personen austoben. Häufig handelt es sich dabei um eher junge Menschen unter 30 Jahren, die sich einen Spaß erlauben wollen, der sich als YouTube-Video im Internet verewigen lässt.

Andere wollen schlichtweg Macht ausüben und im Schutz der Anonymität Menschen ungestraft verletzen oder gar Schlimmeres. Dass sich das Phänomen derartig ausgebreitet hat, hängt freilich mit dem Zeitpunkt der aus Amerika stammenden Halloween-Tradition und dem früheren Eintritt der Dunkelheit zusammen. Vor allem aber können die vielen aktuell registrierten Taten auf die aktuelle Popularität in Medien und Öffentlichkeit zurückgeführt werden. Nachahmungseffekte leben maßgeblich von der öffentlichen Präsenz. In der Menge dieser Vorfälle liegt ein immenses Gefährdungspotenzial.

Strafrechtliche Relevanz der Vorfälle

Auch während Veranstaltungen zu Halloween kam es zu Messerangriffen in Essen und München durch Personen, die als Clowns verkleidet waren. Dass Menschen sich als Horror-Clowns verkleiden und häufig völlig unbekannte Personen bedrohen und gar angreifen, ist ein neues Phänomen. Tatsächliche Angriffe mit Waffen, aus denen Verletzungen resultieren, sind keine Kavaliersdelikte. Umso ernster muss der aktuelle Trend genommen werden.

Schwierig wird die strafrechtliche Einschätzung, wenn das Erschrecken Methode und Ziel der Clowns ist, jedoch keine Gewalt angewandt wird. Erschrecken allein ist in Deutschland keine Straftat (anders als in England). Weiterhin ist unklar, ob die von den Betroffenen geschilderten Kettensägen und Waffen echt sind oder Attrappen. Dennoch sind auch solche Taten keine Bagatelle. Sie können zu Herzinfarkten führen oder auch dazu, dass ein Mensch vor ein Auto läuft oder Ähnliches. Zudem ist die Schwelle zur Bedrohung schnell überschritten, etwa wenn der Täter dem Bedrohten vortäuscht, dass er gegen ihn ein Verbrechen begehen wird.

Clowns auch in anderer Erscheinung polizeiliches Problem

Clowns, für die meisten Menschen die Verkörperung von Komik und Spaß, sind schon häufiger der Polizei in wenig humorvoller Art und Weise aufgefallen. Während Demonstrationen provozieren Anhänger der sog. „Clowns-Army“ aus der linken Szene Polizeibeamte oder stellen sich ihnen mit Spritzgewehren aus der Spielwarenabteilung gegenüber. In solchen sind jedoch nicht unbedingt Wasser, sondern gerne stinkende Substanzen, Urin oder auch Säure enthalten. Der Umgang der Polizei mit dieser Art von Provokateuren ist alles andere als einfach: Gehen sie rabiat gegen einen solchen Clown vor, der tatsächlich nur Wasser mit sich führt oder sie zuvor lediglich mit Küsschen traktiert hat, wirkt der Eingriff unverhältnismäßig. Lassen sich Polizisten zu viele Unverschämtheiten gefallen oder schrecken gar vor möglichen Substanzen in einer Spritzpistole zurück, wirken sie handlungsschwach und im schlimmsten Fall lächerlich.

Sicher ist, dass Aktionen der Clowns von Anhängern der linksradikalen bis linksextremen Szene gefilmt oder wenigstens fotografiert werden. Ziel ist es bei diesen Aktionen, die Polizei schlecht aussehen zu lassen und ihr Ansehen und das ihr entgegengebrachte Vertrauen durch die Bürger zu erschüttern. Auch sind sie schwer einzuschätzen, auch sie genießen den Schutz der Anonymität, allerdings mit Rückhalt aus der Szene und nicht als Einzelgänger. Und im Gegensatz zu den Horror-Clowns sind sie organisiert und vermutlich ein langlebiges Problem.

Fazit

Innenminister Thomas de Maizière kündigte „null Toleranz“ gegen die Horror-Clowns an. Dem unbenommen kann von einem Trend ausgegangen werden, der mittelfristig an Attraktivität verliert. Doch aktuell ist dieser Trend gefährlich und hat schon mehrere Verletzte, darunter auch Schwerverletzte, gefordert. Für den Großteil dieser Clowns geht es schlichtweg um Spaß, einige leben jedoch ihre sadistische Seite aus und zeigen sich hochgradig aggressiv. Die aktuelle Gegenwärtigkeit des Phänomens ist zudem geeignet, das Sicherheitsempfinden der Menschen zu beeinträchtigen, vor allem, wenn sich entsprechende Sachverhalte auch nach Halloween noch fortsetzen und möglicherweise zu Todesfällen führen.

 

Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl

Professorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein Westfalen
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