15.06.2015

Gemeindestrom: Neue Lust auf Heimat

Erstes Franchise-Produkt für Energie nutzt Trend und stützt Kommune

Gemeindestrom: Neue Lust auf Heimat

Erstes Franchise-Produkt für Energie nutzt Trend und stützt Kommune

Regionalität ist für den Konsumenten vor allem eine Bauch- und keine Kopfsache. Erfolgsrezept Gemeindestrom? | © Marco2811 - Fotolia
Regionalität ist für den Konsumenten vor allem eine Bauch- und keine Kopfsache. Erfolgsrezept Gemeindestrom? | © Marco2811 - Fotolia

Regionalität ist Trend – nicht nur beim Lebensmitteleinkauf: Die Lust auf Heimat zeigt sich auch in Gastronomie und Handwerkskunst. Studien, wie von der Marketingberatung Zühlsdorf + Partner und der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLR) belegen, dass Regionalität für Verbraucher inzwischen ganz oben bei den Präferenzen für Kaufentscheidungen stehen, weit vor Nachhaltigkeit oder Bio.

Energie-Bonus für einen guten Zweck

Nun hat die Energieversorgung Selb-Marktredwitz GmbH (ESM) das bundesweit erste Franchise-Produkt für Strom auf den Markt gebracht: den „Gemeindestrom”. Er signalisiert regionale Nähe und bringt den Städten und Gemeinden zudem Bares. Das einzige, was sie dafür tun müssen? Ein soziales Projekt empfehlen. Ein Energieversorger als Franchise-Nehmer vertreibt das Produkt in der jeweiligen Gemeinde – beispielsweise Höchstädt – dann unter dem Namen Gemeindestrom für Höchstädt. Für jede Kilowattstunde, die der Franchise-Nehmer an Privathaushalte der jeweiligen Kommune liefert, bekommt diese einen Bonus von 0,5 Cent. Er ist fester Bestandteil des Produkts. Der Betrag, der so zusammenkommt, wird jährlich ausbezahlt und ist für einen guten Zweck bestimmt, den die Partner-Gemeinde vorher festlegt: Mit dem Bonus werden etwa Spielplätze erneuert oder Kindergärten und Bürgerstiftungen unterstützt. Das Geld kann auch in Energiesparmaßnahmen der Kommune investiert werden.

Für Nähe beim Kundenservice setzt „Gemeindestrom” neben der persönlichen Betreuung im Kundenzentrum oder per Telefon auf moderne Kommunikationskanäle: die Beratung per Videochat. Dabei sitzen die Kunden daheim vor ihrem Bildschirm und sind per Webcam mit dem Kundenberater beim Franchise-Nehmer verbunden. So lassen sich Fragen rund um die Energieversorgung persönlich beantworten und Dokumente in Echtzeit austauschen. Die ESM ist das erste Energieunternehmen in Deutschland mit einem solchen Angebot. Franchise-Nehmer können dabei auf die Erfahrungen der ESM zurückgreifen und werden von ihr bei der Einführung unterstützt. Persönliche Beratung – gefühlt nah.


Verbraucher: Wo regional draufsteht, muss Mehrwert drin sein

Warum ist regional genial? Verbraucher verbinden mit regionalen Produkten Werte wie Sicherheit, Qualität und Nachhaltigkeit. Zugleich punkten regionale Produkte emotional. Sie werden als sympathisch empfunden und vertrauenswürdig, was zu einer hohen gesellschaftlichen Akzeptanz führt. „Etwas von hier” und „Einer von uns”, das verbindet. Doch die Wertschätzung regionaler Produkte geht noch weit über diese kulturelle Identität hinaus. Positiv bewertet wird an der individuellen Verbundenheit mit der Region vor allem auch das Engagement für deren Förderung: Gut für die Region ist, wer sich langfristig für ihren Erhalt und die Lebensqualität einsetzt. Ein Grund für das wiederkehrende positive Image von Lokalversorgern.

Die ESM steht – wie viele andere Stadtwerke auch – in der öffentlichen Wahrnehmung für eine günstige und sichere Versorgung, regionale Nähe persönliche Ansprechpartner vor Ort und gesellschaftliches Engagement für das angestammte Netzgebiet. Darüber hinaus engagiert sie sich für die Lebensqualität in der Kommune oder Region durch Förderung von sozialen, sportlichen und kulturellen Projekten, des Ehrenamts und der Gestaltung einer klimaschonenden und nachhaltigen Energiezukunft. Darin unterscheidet sie sich von Online-Energieanbietern.

Bei den ersten Anläufen, das Vertriebsgebiet auszuweiten, musste die ESM jedoch feststellen, dass diese Differenzierungskriterien umso weniger zählen, je weiter die Akquise-Kommunen von ihrem Sitz, der oberfränkischen Porzellanstadt Selb entfernt waren. Den potenziellen Kunden in Kommunen, die weiter weg lagen, konnte die ESM ihre regionalen Werte und deren Nutzen für sie nicht ohne Weiteres vermitteln. Im Umkehrschluss hieß das für die ESM, dass Verbraucher genau prüfen, ob das als „regional” oder „heimisch” angepriesene Produkt auch eines ist – ob es Vorteile für einen selbst und die Region bringt. Dass eindeutig und transparent nachvollziehbar sein muss, was Kommunen und Verbraucher von einem bestimmten Produkt oder Unternehmen haben, belegen auch die eingangs erwähnten Studien der Marketingberatung Zühlsdorf + Partner und der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLR). Von daher rührt beim Franchise-Produkt „Gemeindestrom” der fixe Betrag der Bonuszahlung für die Partner-Gemeinden.

Die Geburt einer Idee

„Wie lässt sich Regionalität glaubwürdig gestalten und das kaufentscheidende Heimatgefühl erzeugen, wenn ich nicht wirklich vor Ort bin?”: Das war die Frage, die Klaus Burkhardt, Chef der ESM, und seine Mitarbeiter nach den Expansionserfahrungen umtrieb. Ihre Lösung: „Gemeindestrom”. Die entscheidenden drei Komponenten: Name der Ziel-Kommune beim Produkt, definierter Nutzen für die Partner-Kommune und persönlicher Ansprechpartner. Die Idee von „Gemeindestrom” wertet die ESM im Nachhinein als trivial, deren Umsetzung war es nicht.

Bis das Konzept ausgefeilt war, mussten etliche Hürden genommen werden: vom Markenschutz über ein kleinregionales Marketingkonzept bis zum erfolgreichen Vertrieb. Inzwischen ist das Gemeindestrom-Modell in zehn Nachbarkommunen um Selb und Marktredwitz eingeführt und zwei Jahre getestet worden. Gemeindestrom zählt bereits über 500 private Strom-Endkunden, Tendenz steigend – auch bei den teilnehmenden Kommunen. Das veranlasste die ESM, das Konzept jetzt als Franchise-Produkt bundesweit auf den Markt zu bringen: Sie ist überzeugt, dass sie mit „Gemeindestrom” den Nerv von Verbrauchern und Kommunen trifft. Angesichts knapper Haushaltskassen in Städten und Gemeinden ist der Bonus willkommen; mit „eigenem” Strom werben zu können, erhöht deren Attraktivität. Verbraucher setzen auf das Lokale – umso mehr, wenn die Kommune dahinter steht. Daran dürfte ihr gelegen sein. Denn je mehr Kunden zu „Gemeindestrom” wechseln, desto höher wird die Bonuszahlung. Diese wird öffentlichkeitswirksam über die Medien publiziert. Das wiederum dürfte eine Sogwirkung auf die Wechselfreudigkeit von Verbrauchern auslösen und erhöht die Akzeptanz.

Bei „Gemeindestrom” ist der Gewinner immer die Region: So sieht das Konzept beispielsweise auch ein Forum vor, das die Zukunft der Region oder Kommune im Fokus hat und nicht die Energieversorgung allein. Damit demonstriert „Gemeindestrom” auch sein gesellschaftspolitisches Engagement für die Kommune, in der das Franchise-Produkt angeboten wird. Die ESM hat im Februar 2015 ihr erstes Gemeindestrom-Forum in Selb im Staatlichen Museum für Porzellan veranstaltet, mit großem Erfolg. Hochrangige Vertreter aus Handel, Politik und Wirtschaft tauschten sich zu „Attraktive Innenstädte und Dorfkerne” aus, einem Thema, das in jeder Kommune einen Nerv trifft.

Markterschließung effizient gestalten

Die ESM betreibt zwei Kundenzentren in den Städten Selb und Marktredwitz mit zusammen über 30.000 Einwohnern. Sie kümmert sich mit 89 Mitarbeitern um insgesamt 45.000 Kunden. Verschärfter Wettbewerbsdruck, sinkende Margen und ein geringerer spezifischer Energiebedarf der Verbraucher fordern auch die ESM heraus, ihr Geschäft so zu gestalten, dass sie langfristig selbstständig am Markt agieren kann. Das Franchise-Produkt – entstanden aus den Erfahrungen beim Ausweiten des Vertriebsgebiets in die Nachbarregionen des Firmensitzes – ist eines ihrer neuen Geschäftsfelder. Sie stellt ihr damit erworbenes Know-how samt Marketingkonzept und Hilfsmitteln für den Vertrieb als White-Label-Produkt anderen Lokal- und Regionalversorgern zur Verfügung.

Das Konzept und die Arbeitsunterlagen ermöglichen ihnen eine kostengünstige und effiziente Markterschließung mit „Gemeindestrom” außerhalb ihres Stromnetzgebiets. Wie bei allen Franchise-Produkten zahlt der Franchise-Nehmer der ESM dafür Lizenzgebühren: Er bekommt ein detailliertes Marketingkonzept, professionelle White-Label-Vorlagen, Hilfsmittel für den Vertrieb und eine ausführliche Beratung zur erfolgreichen Einführung des Produkts. Diese steht und fällt mit der Überzeugung des Bürgermeisters und Gemeinderats der Zielkommune. Die ESM will den Vertrieb von „Gemeindestrom” seinen Franchise-Nehmern so einfach wie möglich machen, bei größtmöglicher Flexibilität für eine optimale regionalspezifische Ausgestaltung des Produkts. Deshalb ist der Franchise-Nehmer auch frei in der Preisgestaltung und Zusammensetzung des Produkts – ob reiner Ökostrom oder beliebiger Strommix. Auch die Beschaffung obliegt allein dem Franchise-Nehmer. Fix ist jedoch der Bonusbetrag pro Kilowattstunde für die Gemeindestrom-Kommunen – und verpflichtend auch das Corporate Design sowie das Logo und die Wort-Bild-Marke des White-Label-Produkts.

Auf einen Blick

Franchise-Produkt: Gemeindestrom

  • Entwickelt und ab sofort angeboten von der Energieversorgung Selb-Marktredwitz GmbH mit Sitz in Selb als White-Label-Produkt mit Marketingkonzept, Gebiets- und Markenschutz sowie professionellen Vorlagen für die Vermarktung.
  • Marktreif: in zehn Kommunen eingeführt und zwei Jahre getestet, mehr als 500 zufriedene private Endkunden.
  • Franchise-Nehmer: Lokal- und Regionalversorger, die ihr Vertriebsgebiet ausweiten wollen.
  • Alleinstellungsmerkmale des Produkts:
    • Enge Verzahnung mit den Zielkommunen. Name der Kommune ist Bestandteil des Produktnamens.
    • Kommune profitiert von einem Bonus. 0,5 Cent pro Kilowattstunde, die an private Haushalte abgesetzt wurde, kommen einem gemeinnützigen Zweck in der jeweiligen Kommune zu Gute.
    • Nähe beim Kundenservice unter anderem durch Online-Beratung per Webcam. Kunde sitzt bequem zuhause vor dem Bildschirm und regelt von dort mit dem Berater des Energieversorgers sein Anliegen.
    • „Forum Gemeindestrom” zur Entwicklung der Lebensqualität in den Zielkommunen belegt gesellschaftspolitisches Engagement des Versorgers.
Klaus Burkhardt

Dipl.-Ing. Klaus Burkhardt

Geschäftsführer der Energieversorgung Selb-Marktredwitz GmbH (ESM), Selb
n/a