15.03.2015

Finde mich!

Verlieren und Finden im digitalen Zeitalter

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Verlieren und Finden im digitalen Zeitalter

Mit der neuen Fundsachen-Plattform werden Sucher und Finder künftig einfacher vernetzt.|© Gerd Gropp - Fotolia
Mit der neuen Fundsachen-Plattform werden Sucher und Finder künftig einfacher vernetzt.|© Gerd Gropp - Fotolia

„Im Fundbüro kommt Henry nicht aus dem Staunen heraus. Was die Leute alles verlieren! Jedes verlorene Teil ist mit einer Lebensgeschichte verbunden. Das regt Henrys Fantasie an und interessiert ihn mehr als Geld oder Karriere. Ein Mädchen hat den Verlobungsring verloren, den schon die Mutter ihres Bräutigams getragen hatte. Es fällt Henry nicht schwer, den Spezialkoffer mit Wurfmessern zu identifizieren, nach dem ein Artist fragt, aber er besteht darauf, dass der Messerwerfer durch eine Vorführung seiner Kunst an Ort und Stelle den „Eigentumsbeweis” erbringt. Einer jungen Schauspielerin, Sylvia Frank, händigt er das verlorene Textbuch erst aus, nachdem sie einige Passagen daraus vorgetragen hat.” Das ist ein Ausschnitt aus einem Roman von Siegfried Lenz mit dem Titel „Fundbüro”, veröffentlicht im Jahr 2003 im Hoffmann und Campe Verlag. So ist die Realität allerdings nicht mehr.

Verlieren kann man alles Erdenkliche

Verlieren ist menschlich. Solange Menschen etwas besitzen, wird auch verloren. Je hektischer die Zeiten werden, desto schneller werden Gegenstände verloren. Selbst die Statistik hat dieses Phänomen erkannt. An Freitag- und Samstagabenden im Dezember, 18.00 Uhr, ist die Verlustgefahr am größten.

Am dritthäufigsten verlieren Menschen Smartphones. Das ist auch kein Wunder, gibt es doch bereits mehr als 40 Millionen davon in Deutschland. An erster und zweiter Stelle stehen Schmuck und Sonnenbrillen.


Darüber hinaus wird alles verloren was man sich denken kann, insbesondere aber Schlüssel, Handschuhe, Dokumente, Fahrräder, Kinderwagen, Gepäck, Medikamente und sogar Tiere. In Hannover sind es beispielsweise 1000 Schlüssel pro Monat. In München sind es insgesamt 40.000 Fundsachen pro Jahr.

Kommunale Aufgabe „Fundbüro”

Die Aufgaben des Fundbüros gehören seit vielen Jahrzehnten zur Domäne der Städte und Gemeinden. Knapp 12.000 Gemeinden, 39 Flughäfen und über 500 Verkehrsunternehmen unterhalten ihre eigenen Fundbüros, ohne dass diese allerdings untereinander vernetzt sind. Reisende, die etwas verlieren, müssen daher alle Fundbüros ihrer Reise „abklappern”, um den verlorenen Gegenstand wiederzufinden. Das sind nicht selten mehr als ein halbes Dutzend verschiedene Stellen.

Das digitale Fundbüro

Inzwischen ist auch die Digitalisierung in das Fundbüro eingezogen. Es gibt entsprechende Fachverfahren, die den Prozess abwickeln. Für die Fundbüros hat sich durch die Einführung von Software für die Fundsachenverwaltung letztlich nicht viel geändert. Nach wie vor belegen die eingelagerten Fundsachen teure und dringend benötigte Räume in den Rathäusern. Infolge der geringen Abholquoten müssen die Fundsachen dann regelmäßig öffentlich versteigert werden. Jedoch bleiben die Erlöse weit hinter den Kosten der Verwaltung und Verwahrung zurück.

Verloren im Dickicht der Fundbüros?

Trotz Internet und e-Government ist es noch nicht gelungen, die Fundbüros deutschlandweit miteinander zu vernetzen. Dies ist insoweit wichtig, da viele Verlierer nicht genau angeben können, wo entsprechende Gegenstände verloren worden sind. Die Mobilität nimmt zu, die Menschen sind ständig unterwegs. Wer mit dem Zug von Köln nach Berlin fährt und sich anschließend in der Stadt aufhält, muss eine „Reise durch viele Fundbüros” machen. So sind Funde in öffentlichen Verkehrsmitteln beim entsprechend zuständigen Dienstleistungsunternehmen abzugeben. Funde innerhalb von Behörden sind der Gebäudeverwaltung der Behörde zu übergeben. Wer zum Beispiel in Berlin am Flughafen Tegel etwas verliert oder findet, hat es im Zweifel mit vier verschiedenen Fundbüros zu tun, die getrennt organisiert sind. Eigene Fundbüros haben dort die Fluggesellschaften Lufthansa und Air Berlin sowie der Flughafen als Gesellschaft selbst, aber auch das Unternehmen Ground Air.

Bis eine verlorene Sache im Fundbüro landet, vergehen in der Regel zwischen fünf Tagen und mehreren Wochen. Hinzu kommt, dass Fundsachen oft an verschiedenen Stellen abgegeben, dort gesammelt und erst dann ans Fundbüro geschickt werden.

Insgesamt ist ein besserer Service für die Bürger und Reisenden dringend notwendig, der ihnen eine höhere Chance bietet, ihre verlorenen Sachen schnell wiederzufinden und zurückzuerhalten. Dazu ist es erforderlich, die bestehenden Fundbüros miteinander zu vernetzen und die Fundsachen direkt zum Zeitpunkt des Fundes zu erfassen, damit sie sofort für die Verlierer findbar sind. Ferner müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die Fundsachen an die Eigentümer zu versenden und den ehrlichen Findern den ihnen zustehenden Finderlohn zukommen zu lassen. Fundbüros wollen die Kosten der Verwaltung und Verwahrung der Fundsachen senken.

Vernetzt euch!

Es ist erstaunlich, dass im Zeitalter der Digitalisierung Verfahren aus dem letzten Jahrhundert gebräuchlich sind. An der mangelnden Vernetzung setzt nun das Start-Up-Unternehmen Matchfix an. Zum einen will es die Fundbüros untereinander vernetzen und zum anderen auch eine Selbstverwahrung der verlorenen Sache durch den Finder möglich machen. Der Fund muss lediglich über das Netz angezeigt werden. Diese Informationen stehen dann aktuell u. a. dem potentiellen Verlierer über das Netz zur Verfügung. Auch ist der Finder besser geeignet, die gefundenen Gegenstände zu beschreiben, als das ein Behördenmitarbeiter kann. Es lohnt sich, gefundene Gegenstände abzuholen beziehungsweise darüber Informationen zu erhalten, denn 2,5 Millionen Gegenstände, drei Viertel aller Fundsachen, werden heute nicht abgeholt. Dem ehrlichen Finder stehen zu wenig glückliche Empfänger verlorener Dinge gegenüber.

Das Fundsachenforum Matchfix ist eine zentrale Plattform im Internet, an die perspektivisch die Fundbüros aller Städte, Gemeinden und Verkehrsunternehmen angeschlossen werden. Auf diese Weise findet der Eigentümer seine verlorene Sache schnell wieder, auch wenn er nicht weiß, wo er sie verloren hat.

Der größte Effekt entsteht dadurch, dass der Finder eine gefundene Sache sofort über sein Smartphone oder im Internet auf der Plattform erfasst und dann entscheidet, ob er sie zu Hause verwahren oder im Fundbüro abgeben will. Bei Funden in Bussen und Bahnen ist er verpflichtet, die Sache dort abzugeben, aber sie ist bereits registriert und somit für den Verlierer schnell findbar. Der Finder kann die Sache nach wie vor bei der Polizei, im Bürgeramt oder dem Fundbüro abgeben, aber da sie auf der Plattform schon erfasst ist, kann der Verlierer sie auch sofort finden. So kann der Eigentümer schon nach wenigen Minuten wieder im Besitz seiner verlorenen Sache sein, noch bevor sie im Fundbüro oder beim Busfahrer eintrifft.

Lohn für den ehrlichen Finder

Die Motivation für den Finder: Er erhält vom Eigentümer den gesetzlichen Finderlohn. Entweder bekommt er ihn, wenn der Eigentümer die Sache persönlich abholt, oder Matchfix zieht den Finderlohn für ihn ein, wenn er die Fundsache dem Eigentümer zuschickt. Auf diese Weise kommen alle Finder zu ihrem Finderlohn.

Finder können nach ihrer Meldung auf der Plattform die Sache auch mit nach Hause nehmen und dort verwahren. Das wäre für die Städte und Gemeinden der größte Effekt: Es kommen dort weniger Fundsachen an, die verwaltet und verwahrt werden müssen. Räume werden frei und die Verwaltung wird spürbar entlastet.

Mehr Bürger- und Kundenservice

Einen weiteren Service bietet Matchfix mit einem Logistikpartner an: Die Finder und alle Fundbüros können die Fundsachen ohne Verauslagung der Kosten einfach und komfortabel an den Eigentümer zurücksenden, und das weltweit. Dies ist ein erheblicher Mehrwert für alle Verlierer und ein sofort spürbar besserer Bürger- und Kundenservice.

Das Thema Fundsachen lässt offenbar auch die Informatiker nicht in Ruhe. Die neueste Anwendung ist eine App, die mit dem Regenschirm kommuniziert. Die App teilt nicht nur mit, wann es voraussichtlich regnet und der Regenschirm mitgenommen werden sollte. Sie gibt auch ein Zeichen, wenn man den Schirm stehen lässt, sich also zu weit von ihm entfernt.

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