26.07.2024

EU muss beim Eintreiben falsch ausgegebener Mittel besser werden

Europäischer Rechnungshof bemängelt langsames Verfahren

EU muss beim Eintreiben falsch ausgegebener Mittel besser werden

Europäischer Rechnungshof bemängelt langsames Verfahren

Die Europäische Kommission als "Hüterin der Verträge" überwacht die Anwendung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten.  | © Oliver Boehmer - stock.adobe.com
Die Europäische Kommission als "Hüterin der Verträge" überwacht die Anwendung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten. | © Oliver Boehmer - stock.adobe.com

Rückforderung: Zwischen 2014 und 2022 wurden vorschriftswidrig ausgegebene EU-Gelder in Höhe von 14 Milliarden Euro gemeldet.

Der Europäische Rechnungshof hat vor Kurzem einen Bericht über die Systeme der EU-Kommission zur Wiedereinziehung von EU-Geldern veröffentlicht, die vorschriftswidrig ausgegeben wurden. Dabei stellten die EU-Prüfer fest, dass die Kommission zwar dafür sorgt, dass solche Ausgaben schnell und genau erfasst werden, deren Wiedereinziehung aber oft zu lange dauert. Sie empfehlen daher, dass die Kommission das Verfahren straffen sollte, um Verzögerungen zu verringern und die Einnahmen zu steigern. Die Kommission hat dies akzeptiert und will den Empfehlungen nachkommen.

Zuständigkeit bei der Ausgabe und Einziehung von EU-Mitteln

Nicht alle Mittel des EU-Haushalts werden direkt von der EU-Kommission ausgegeben. Rund 70 % werden gemeinsam mit den EU-Ländern verwaltet, 20 % von der Kommission direkt und 10 % indirekt – also von sonstigen internationalen Organisationen oder Drittländern. Die Zuständigkeiten der Kommission unterscheiden sich je nach Art der Mittelverwaltung und nach Politikbereich des EU-Haushalts. Bei der direkten und der indirekten Mittelverwaltung ist die Kommission für die Feststellung vorschriftswidriger Ausgaben und die Wiedereinziehung der Gelder zuständig. Im Falle der geteilten Mittelverwaltung überträgt die Kommission diese Aufgaben den Mitgliedsländern.


Wenn EU-Mittel nicht nach den einschlägigen Regeln ausgegeben werden, spricht man von vorschriftswidrigen Ausgaben; diese machten 2022 einen Anteil von 4,2 % des EU-Haushalts aus. Ein Teil dieser Mittel – oder alle – kommen dann unter Umständen für eine Wiedereinziehung direkt durch die Kommission oder durch die zunächst für die Mittel zuständigen EU-Länder oder Einrichtungen infrage.

Prüfungsumfang und festgestellte Mängel

Die Prüfer analysierten das Vorgehen der Kommission in solchen Fällen und überprüften stichprobenartig, wie erfolgreich es bei den direkt und indirekt verwalteten Ausgaben war. Sie befassten sich auch mit der Frage, wie die Kommission im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung sicherstellt, dass die Mitgliedstaaten das Geld, das sie im Namen der EU ausgezahlt haben, gegebenenfalls wieder einziehen. Der Schwerpunkt der Prüfung lag auf den Haushaltsbereichen, in denen die meisten regelwidrigen Ausgaben aufgedeckt werden: Kohäsion, Landwirtschaft, auswärtiges Handeln und interne Politikbereiche.

Die Prüfer mussten feststellen, dass die Kommission im Haushaltsbereich auswärtiges Handeln nach dem Aufdecken vorschriftswidriger Ausgaben nicht weiterforscht und überprüft, ob es bei dem betreffenden Projekt oder bei anderen Projekten, die von derselben Organisation verwaltet werden, möglicherweise zu weiteren Falschausgaben gekommen ist. Somit verpasse die Kommission die Chance, noch mehr vorschriftswidrig ausgegebenes Geld wieder einzuziehen.

Die Prüfer stellten außerdem fest, dass die Kommission meist erst weit über ein Jahr nach dem Abschluss der geförderten Maßnahmen die Rückzahlung von Mitteln verlangt. In einigen Fällen dauere es sogar noch viel länger. So vergingen schon zwischen dem Ende geförderter Maßnahmen und einer Rückforderung oft 14 bis 23 Monate. Weitere 3 bis 5 Monate verstrichen, bevor die Mittel erstattet werden. In bis zu 8 % Prozent der Fälle je nach Bereich werde sogar völlig auf die Forderung verzichtet. Dadurch werde es deutlich schwieriger, Gelder zurückzuholen, weil die Begünstigten möglicherweise nur noch schwer ausfindig zu machen sind oder gar nicht mehr existieren.

Im Agrarbereich sollten eigentlich die Mitgliedstaaten EU-Gelder zurückfordern, bei deren Verwendung die EU-Vorschriften nicht eingehalten wurden, und diese Mittel an den EU-Haushalt zurücküberweisen. Viele Mitgliedstaaten brauchen jedoch lange, bis sie diese Einziehungen vornehmen, mit der Folge, dass zwischen 2015 und 2021 im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raums insgesamt 78 %, bei den Direktzahlungen und Marktmaßnahmen jedoch nur 49 % der vorschriftswidrig ausgegebenen Mittel wieder eingezogen wurden.

Bei Förderungen im Bereich Kohäsion müssen die Mitgliedstaaten alle vorschriftswidrigen Ausgaben unverzüglich an den EU-Haushalt zurückzahlen. Wenn sie diese Ausgaben nicht bei den Empfängern eintreiben können, stehen sie für den Verlust aus ihren nationalen Haushalten gerade. Dadurch werden zwar die finanziellen Interessen der EU geschützt, trotzdem wird ein falscher Anreiz gegeben, die EU-Vorschriften auch bei künftigen Projekten möglicherweise nicht einzuhalten, wenn die Mitgliedstaaten die geschuldeten Beträge nicht einziehen.

Die EU-Prüfer untersuchten die von der Kommission veröffentlichten Daten zu vorschriftswidrigen Ausgaben und die entsprechenden Abhilfemaßnahmen. Sie stellten fest, dass die bereitgestellten Informationen nicht immer lückenlos und eindeutig sind. So lägen nicht einmal vollständige Daten über die an die Kommission gemeldeten vorschriftswidrigen Ausgaben vor. Einige Zahlen seien in den verschiedenen Berichten nicht einheitlich dargestellt, und die EU-Prüfer mussten eigens zusätzliche Informationen bei der der Kommission einholen, um nachvollziehen zu können, warum dies der Fall war.

Empfehlungen des Europäischen Rechnungshofs

Der Europäische Rechnungshof sprach in seinem Bericht mehrere Empfehlungen aus, um die Lage zu verbessern. Wo die Kommission die volle Verantwortung für die Ausgaben trage, sollte sie bei Feststellung vorschriftswidriger Ausgaben stets weitergehend prüfen, ob die dafür verantwortliche Organisation möglicherweise auch bei den übrigen Ausgaben gegen EU-Vorschriften verstoßen hat. Außerdem sollte die Kommission die Kontrollen möglichst bald nach Abschluss der EU-finanzierten Maßnahmen durchführen. Beides würde der Kommission helfen, mehr Gelder schneller einzuziehen.

Die EU-Prüfer empfahlen der Kommission ferner zu untersuchen, ob den Mitgliedstaaten Anreize für die Einziehung vorschriftswidrig ausgegebener Mittel geboten werden können. So ließen sich die Verfahren womöglich beschleunigen und letztlich der Anteil der an den EU-Haushalt zurückgezahlten Mittel steigern. Schließlich rieten die EU-Prüfer der Kommission, ihre Angaben über vorschriftswidrige Ausgaben und Einziehungen in Form jährlicher Statusberichte klarer zu gestalten.

 

Anthony Balbi

Ltd. Prüfer am Europäischen Rechnungshof
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