22.06.2017

Digitalisierung im Einkauf

Kommunen sparen Zeit und Geld durch Prozessoptimierung

Digitalisierung im Einkauf

Kommunen sparen Zeit und Geld durch Prozessoptimierung

Der elektronische Einkauf führt zu spürbaren Entlastungen in vielen Bereichen. | © Scanrail - Fotolia
Der elektronische Einkauf führt zu spürbaren Entlastungen in vielen Bereichen. | © Scanrail - Fotolia

Strategen wissen es schon lange, Experten weisen immer wieder darauf hin: Die Digitalisierung des kommunalen Einkaufs sorgt für Transparenz und vereinfacht Abläufe. Sie eröffnet weitreichende Steuerungsmöglichkeiten, führt zu höherer Wirtschaftlichkeit und erheblicher Entlastung am Arbeitsplatz. Das Landratsamt (LRA) Ostalbkreis sowie die Stadt Worms entschieden sich aus diesen Gründen für den elektronischen Einkauf. Seither beschränkt sich der Abstimmungs- und Koordinationsaufwand zwischen Bestellern und Lieferanten auf wenige Minuten täglich. Arbeitsentlastung, höhere Wirtschaftlichkeit, Preisvorteile und strategische Mehrwerte sind nachhaltig zu verbuchen.

2006 entschied sich das LRA Ostalbkreis für die Digitalisierung des Einkaufs und damit für einen strategischen Kurswechsel. Denn aus rein organisatorischer Sicht waren die bislang papiergestützten Beschaffungsvorgänge für rund 1.900 Bedienstete in 20 Verwaltungsdienststellen sowie sieben landkreiseigenen Schulen kaum steuerbar. Man bewirtschaftete zwar ein Lager, doch umfassende Transparenz bezüglich der benötigten Verbrauchsartikel (C-Artikel) lag aufgrund unterschiedlicher Faktoren nicht vor. Die Ursache hierfür zeigte sich in einer dezentralen Ressourcenverwaltung und den damit verbundenen papiergestützten Abläufen. Die tatsächlichen Kosten der Beschaffung, einschließlich Lagerhaltung und Abwicklung, waren unbekannt. Zudem entschieden die einzelnen Bedarfsträger über die Wahl der Produkte, deren Qualität und die verschiedenen Lieferanten. «Die Beschaffungsvorgänge wurden dabei unabhängig voneinander und parallel zum Angebot des internen Lagers abgewickelt», berichtet Martin Brandt, Fachbereichsleiter Organisation beim Landratsamt Ostalbkreis. Auch in der Stadt Worms entschied man sich aus fast den gleichen Gründen für eine Digitalisierung des Einkaufes. Auch hier waren Lieferantenvielfalt, unbekannte Sortimente und unterschiedliche Preise bis Ende 2013 an der Tagesordnung. Die nachfolgenden Abläufe der Beschaffung, wie die Rechnungsbearbeitung, gestalteten sich dementsprechend aufwendig.

Einsparungen von rund 70 000 € schon im ersten Jahr

Sowohl im LRA Ostalbkreis als auch bei der Stadt Worms konnten nach einer kurzen Projektzeit von sechs bis acht Wochen die ersten zeitlich befristeten Rahmenverträge auf Grundlage der Webservices der TEK-Service GmbH geschlossen und die einzelnen Kostenstellen mit Papier, Toner- und Tintenpatronen beliefert werden. Die Angestellten waren nach einer kurzen Eingewöhnungszeit sehr angetan von der Benutzerfreundlichkeit des Systems.


Auch die Integration der unterschiedlichen Lieferanten war unproblematisch. «Binnen kürzester Zeit wurde die elektronische Einkaufslösung maßgeschneidert für unsere Bedürfnisse und Anforderungen umgesetzt», bestätigt Monika Winkler, stellvertretende Abteilungsleiterin Interner Service bei der Stadt Worms. Bis dahin hatten die häufigen Bestellungen im Bereich der C-Artikel die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter stark gebunden. So lag es in der Verantwortung des Einzelnen, Bedarfe situativ selbst am Markt zu decken. « Alleine am Beispiel von 18 Außenstellen wurde der Aufwand deutlich», so Winkler. Demnach kümmerten sich dort wöchentlich 18 Mitarbeiter mehrere Stunden um das Einkaufen im örtlichen Handel. Dies kann nun in wenigen Minuten am Rechner erledigt werden. Auch die Erhebung und Bedarfserfassung bestimmter Produkte für die Schulen in Worms stellte für den mit dieser Aufgabe betrauten Mitarbeiter einen erheblichen zeitlichen Aufwand dar. Waren die Sammelbestellungen für Kreide, Schulformulare oder Klassenbücher abgeschlossen, zeigte sich der Nachteil der damit verbundenen Bevorratung. Es wurde zu wenig oder notgedrungen zu viel bestellt, was im schlimmsten Fall im kommenden Schuljahr nicht mehr aktuell war und vernichtet werden musste. Die Lieferung erfolgt nun «Just in Time», direkt an den Arbeitsplatz. Eine Bevorratung ist nicht mehr notwendig.

Die Einführung des elektronischen Einkaufes führte sowohl in Worms als auch im Ostalbkreis rasch zu spürbaren Entlastungen in vielen Bereichen. «Bereits von Anfang an war die neue Lösung voll einsetzbar und schon nach kurzer Zeit zeigten sich die ersten Erfolge», so Brandt.

Das veränderte Bestellverhalten, das nicht zuletzt auf einem stärkeren Verantwortungsbewusstsein der Zuständigen beruhte, führte im Ostalbkreis bereits im ersten Jahr zu Einsparungen von 70 000 €. In der Folge konnten die Lagerkapazitäten zunächst reduziert und schließlich die gesamte Vorratshaltung abgeschafft werden. Freigewordene Personalkapazitäten konnten so für die Verwaltung wertschöpfend an anderer Stelle eingesetzt werden. Seit 2016 kauft das Landratsamt auch den Hygienebedarf für die Verwaltungsgebäude, sowie die kreiseigenen Schulen elektronisch ein. Durch die lückenlose Dokumentation und die schlanken Prozesse ist das LRA Ostalbkreis heute in der Lage, 226 Kostenstellen mit einem Jahresumsatz von 355 000 € über die Plattform zu steuern.

Im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung, unter Berücksichtigung aller Kosten, wie Personal, Lagerhaltung und Logistik konnte eine jährliche Kostensenkung in Höhe von knapp 230 000 € errechnet werden. Als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg ermutigt Brandt seine Studenten daher aus eigener Erfahrung, keinesfalls in «Eh-da-Kosten» zu denken. «Leistungen werden immer am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit erbracht. Damit unterliegen sie einer betriebswirtschaftlichen Bewertung», so Brandt.

In Worms werden mittlerweile 184 Kostenstellen mit einem Jahresbedarf im Wert von 150 000 € beliefert. Tendenz steigend. «Der Einstieg in den Ausbau der Sortimente wurde erheblich durch den verwaltungsübergreifenden Dialog mit anderen TEK-Kunden vereinfacht», berichtet Winkler. Durch die Bündelung von Bedarfen konnten sukzessive Schulen, Kindergärten und -tagesstätten in die Strategie mit einbezogen werden. Die erzielten Preisvorteile von durchschnittlich zehn und fünfzehn Prozent erscheinen gering, doch der eingesparte Zeitaufwand jedes einzelnen Bestellers durch Einführung des elektronischen Einkaufs ist erheblich. Bereits der Zeitgewinn hilft, den steigenden Anforderungen im Einkauf besser begegnen zu können.

Abstimmungsaufwand von wenigen Minuten pro Tag

Ganz ähnlich bewertet dies das Landratsamt Ostalbkreis. Auf Grundlage der durch TEK erstellten elektronischen Leistungsverzeichnisse verkürzte sich die erforderliche Zeit für die Ausschreibungsvorbereitung drastisch. Durch die Verknüpfung von E-Einkauf und E-Vergabe kann seither ohne großen Aufwand periodisch ausgeschrieben werden. «Der Abstimmungsaufwand mit den Lieferanten beschränkt sich seit der Einführung der Bestellplattform auf wenige Minuten am Tag», bestätigt Brandt. «Viel wichtiger als die Preisvorteile, die wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren erzielt haben, ist die Unterstützung und Entlastung, die wir durch den externen Dienstleister erfahren. Personelle Engpässe, die üblicherweise durch Krankheit oder Urlaub entstehen, lassen sich so problemlos kompensieren.» Dem stimmt Winkler uneingeschränkt zu: «Gerade dann, wenn personelle Veränderungen zu Mehrarbeit im eigenen Bereich führen, sind effiziente und wirtschaftliche Prozesse im internen Service unerlässlich.»

Der erste Schritt hin zu einer Revolution in der Organisations- und Personalentwicklung ist getan, prophezeit Brandt: «Wenn in fünf bis zehn Jahren die technischen, politischen und bürokratischen Hemmnisse beseitigt sind, wird E-Government die öffentliche Verwaltung grundlegend verändern. Schon in naher Zukunft werden Behördenangelegenheiten fast ausschließlich elektronisch erledigt werden. Daraus resultieren aller Voraussicht nach eine deutlich höhere Flexibilität sowie neue Arbeits- und Organisationsformen.»

Mehr Informationen unter www.ostalbkreis.de, www.worms.de und www.tek-service.de

 

Bettine Kuhnert

Freie Redakteurin, München
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