15.06.2012

Die Konzessionsabgabe „Wasser“

Zulässige Höhe nach dem BFH-Urteil vom 31.01.2012

Die Konzessionsabgabe „Wasser“

Zulässige Höhe nach dem BFH-Urteil vom 31.01.2012

Die Höhe der Konzessionsabgabe \"Wasser\" bestimmt sich nach den gemeindlichen Einwohnerzahlen. | © fotofuerst - Fotolia
Die Höhe der Konzessionsabgabe \"Wasser\" bestimmt sich nach den gemeindlichen Einwohnerzahlen. | © fotofuerst - Fotolia

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 31.01.2012 – I R 1/11 – entschieden, dass für die Bestimmung der preisrechtlich zulässigen Konzessionsabgabe „Wasser“ die von den Statistischen Landesämtern amtlich fortgeschriebenen Einwohnerzahlen zugrunde gelegt werden können. Die in der Konzessionsabgabenanordnung vorgesehene Einstufung der Gemeinden in bestimmte Größenklassen anhand der Einwohnerzahlen nach dem Ergebnis der Volkszählung vom 17.05.1939 ist nach der Beurteilung des BFH wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot nichtig.

Hintergrund

Konzessionsabgaben sind Gegenleistungen der Versorgungsunternehmen für die Einräumung von Wegerechten. Die Höhe der Konzessionsabgaben unterliegt preisrechtlichen Einschränkungen. Für Strom und Gas gelten die preisrechtlichen Höchstgrenzen der Konzessionsabgabenverordnung ( KAV) vom 09.01.1992 (BGBl. I S. 12). Für die Bemessung der Konzessionsabgaben für die Wasserversorgung gilt dagegen die Konzessionsabgabenanordnung (KAE) vom 04.03.1941 in der Fassung vom 07.03.1975 (RAnz 1941, Nr. 75; BAnz 1975, Nr. 49).

§ 2 Abs. 1 und 2 KAE ordnet für die Zahlung von Konzessionsabgaben preisrechtliche Höchstgrenzen an. Die Höchstgrenzen sind anhand in der KAE festgelegter und nach Größenklassen der Gemeinden gestaffelter Prozentsätze aus den Entgelten zu ermitteln. Die Einstufung in eine Gemeindegrößenklasse orientiert sich an der jeweiligen Einwohnerzahl der Gemeinde. Mit der Einstufung in eine Größenklasse mit höherer Einwohnerzahl steigt auch die preisrechtlich zulässige Höchstgrenze der Wasserkonzessionsabgabe. Mit anderen Worten, in größeren Gemeinden kann eine höhere Konzessionsabgabe entrichtet werden. Dieser Regelung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Lasten einer Gemeinde durch die über den Gemeingebrauch hinausgehende Inanspruchnahme des öffentlichen Raums mit der Größe der Gemeinde steigen. Maßgeblich für die Bestimmung der Einwohnerzahl ist nach § 2 Abs. 4 KAE, der seitdem nicht geändert wurde, die Volkszählung vom 17.05.1939.


Daneben haben die Gemeindegrößenklassen auch Auswirkungen auf die Einstufung größerer Wasserlieferungen an sog. Sonderabnehmer, richtet sich diese letztlich neben der abgenommenen Wassermenge auch nach der Einwohnerzahl.

In den typischen Fällen, in denen die Wasserversorgung durch kommunale Unternehmen erfolgt, haben die preisrechtlichen Höchstgrenzen hingegen auch steuerliche Relevanz, führen Zahlungen bei Überschreitung der preisrechtlich zulässigen Höchstgrenzen zu verdeckten Gewinnausschüttungen und damit ggf. zu einer Belastung mit Körperschaft-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer.

Die Problematik, denen die Gemeinden und Versorgungsunternehmen sich aufgrund dieser Rechtslage ausgesetzt sehen, ist angesichts der Bevölkerungsentwicklung seit 1939 augenscheinlich. In der Regel führt die Einstufung nach der Einwohnerzahl auf der Grundlage der 1939 oder später durchgeführten Volkszählung(en) zu einem verzerrten Ergebnis und zu einer Benachteiligung der Gemeinden, die seitdem eine zum Teil erhebliche Zunahme von Einwohnern zu verzeichnen haben.

Der entschiedene Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das die Bevölkerung und die Wirtschaft u.a. mit Elektrizität, Fernwärme und Wasser versorgt. Diese wiederum ist Alleingesellschafter einer AG, deren Unternehmensgegenstand ebenfalls die Wasserversorgung ist. Zwischen diesen bestand eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Das Tochterunternehmen der Klägerin entrichtete an die Stadt A, die wiederum Alleingesellschafterin der Klägerin war, Konzessionsabgaben „Wasser“. Für die Ermittlung der preisrechtlichen Höchstgrenzen wurden nicht die Einwohnerzahlen der Volkszählung 1939, sondern die vom Statistischen Landesamt für 1994 amtlich festgestellte Einwohnerzahl der Stadt zugrunde gelegt. Die Finanzverwaltung legte für die Ermittlung der preisrechtlich zulässigen Höchstgrenzen demgegenüber die Zahlen der letzten Volkszählung aus dem Jahr 1987 zugrunde und behandelte demzufolge die nach dieser Berechnung übersteigenden Konzessionsabgaben als verdeckte Gewinnausschüttungen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wies die hiergegen erhobene Klage (FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.02.2010 – 1 K 1292/06) ab und bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamts. Auf die Revision der Klägerin und Revisionsklägerin hin hob der BFH das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies das Verfahren an das Finanzgericht zurück.

Die Sicht des BFH

Eine als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilende Vorteilsgewährung liegt im Falle der Zahlung von Konzessionsabgaben an den Gesellschafter Gemeinde insoweit vor, soweit diese die preisrechtlich zulässigen Höchstgrenzen überschreiten. Ein Versorgungsbetrieb darf seiner Trägerkörperschaft keine Vorteile zuwenden, die er unter sonst gleichen Umständen einem Fremden nicht gewährt hätte. Bei der Bestimmung des Preises, den ein Versorgungsunternehmen einem unbeteiligten Dritten zu zahlen hätte, sind preisrechtliche Regelungen zu beachten. Rechtsgrundlage für die Bemessung der Konzessionsabgabe „Wasser“ ist nach Sicht des BFH zwar, als vorkonstitutionelles Recht, weiterhin die KAE, jedoch nur insoweit, als dass diese nicht den Regelungen des Grundgesetzes widerspricht. Bei der Bestimmung der Einwohnerzahlen kann nicht mehr gem. § 2 Abs. 4 KAE von den Einwohnerzahlen der Volkszählung vom 17.05.1939 ausgegangen werden, da diese Regelung wegen des Verstoßes gegen das rechtsstaatliche Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG nichtig ist. Dieses gilt nicht nur gegenüber dem Bürger, sondern als Ausfluss des Rechtsstaatsgebots auch im Verhältnis zwischen den Hoheitsträgern.

Nach Sicht des BFH liegt es auf der Hand, dass die Einwohnerzahlen des Jahres 1939 angesichts der verstrichenen Zeit heute kein geeigneter Maßstab mehr für die Bestimmung der Größe einer Gemeinde sind. Gemeinden, die gegenüber den Verhältnissen des Jahres 1939 gewachsen sind, werden ohne sachlichen Grund gegenüber denjenigen benachteiligt, deren Einwohnerzahlen gesunken sind. Die Anknüpfung an die Einwohnerzahlen des Jahres 1939 ist aus heutiger Sicht willkürlich und somit nichtig. Aufgrund der Nichtigkeit des § 2 Abs. 4 KAE ist die Gemeindegröße daher abweichend von dieser Vorschrift zu bestimmen. Nach § 2 Abs. 2 S. 2 KAV ist bei der Bestimmung der Gemeindegröße von den durch die Statistischen Landesämtern jeweils amtlich fortgeschriebenen Einwohnerzahlen auszugehen. Der Gesetzgeber unterstellt daher für die Anwendung der KAV, dass die Daten der Statistischen Landesämter die Einwohnerzahlen der Gemeinden zutreffend wiedergeben. Hierauf kann daher auch bei der Ermittlung der zulässigen Konzessionsabgabe „Wasser“ abgestellt werden.

War die Konzessionsabgabe preisrechtlich zulässig, ist diese auch steuerlich anzuerkennen, soweit dem Versorgungsunternehmen der in § 5 KAE vorgesehene Mindestgewinn verbleibt. Da die Stadt in vorliegendem Fall beherrschender Gesellschafter des Versorgungsunternehmens war, kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann vorliegen, wenn es bezüglich der Zahlung der Konzessionsabgaben an einer klaren, im Voraus getroffenen und zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung bzw. deren tatsächlichen Durchführung fehlt. Da das Finanzgericht – aus seiner Sicht zu Recht – hierzu keine Feststellungen getroffen hat, war das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache an das Finanzgericht zurückzuverweisen.

Fazit

Das Urteil des BFH ist aus Sicht der Gemeinden, aber auch aus der Sicht der Versorgungsunternehmen zu begrüßen, ist doch zu erwarten, dass damit ein nie enden wollender Streit zwischen Gemeinden und Versorgungsunternehmen einerseits und der Finanzverwaltung andererseits ein Ende findet.

Erfreulich ist das Urteil hingegen aber auch im Hinblick auf die Sicherung des Konzessionsabgabeaufkommens derjenigen Gemeinden, deren Einwohnerzahl im Vergleich zu den Daten des Jahres 1939 stetig gewachsen ist. In diesen Fällen ist es nun möglich, Konzessionsabgaben zu leisten, die einen angemessenen Ausgleich für die tatsächlichen Lasten der Gemeinden darstellen.

In den Fällen, in denen für die Bemessung der Konzessionsabgabe „Wasser“ niedrigere als durch die Statistischen Landesämter amtlich festgeschriebenen Einwohnerzahlen zugrunde gelegt wurden, ist den Gemeinden die Prüfung zu empfehlen, ob auf der Grundlage des jeweiligen Konzessionsvertrags und unter Beachtung der zivilrechtlichen Verjährungsfristen die Zahlung einer höheren Konzessionsabgabe auf der Grundlage der aktuellen Einwohnerzahl für zurückliegende Zeiträume noch möglich ist.

 

Andreas Bosch

Steuerberater, Becker Büttner Held, Stuttgart
 

Jürgen Tschiesche

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Partner, Becker Büttner Held, Stuttgart
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