Das „Gesetz über den Schutz der Versammlungsfreiheit im Freistaat Sachsen”
Und die schwer nachvollziehbaren neuen Regelungen zum Ordnereinsatz in § 6 Abs. 2 und 3 SächsVersG
Das „Gesetz über den Schutz der Versammlungsfreiheit im Freistaat Sachsen”
Und die schwer nachvollziehbaren neuen Regelungen zum Ordnereinsatz in § 6 Abs. 2 und 3 SächsVersG
Der Freistaat Sachsen hat ein neues Versammlungsgesetz! Am 12.06.2024 beschloss der Sächsische Landtag in 2. Beratung das neue Sächsische Versammlungsgesetz. Dieses trat am 1. September 2024 in Kraft; das ging recht schnell und relativ geräuschlos.
Bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD im Freistaat Sachsen auf „Anregung” von Bündnis 90/Die Grünen in der 7. Legislaturperiode ein neues moderneres Sächsisches Versammlungsgesetz, das dann dritte Sächsische Versammlungsgesetz, zu verabschieden. Ein entsprechender Referentenentwurf wurde unter Federführung des Staatsministeriums des Innern ab Anfang 2022 beraten und erstellt. Diesem Entwurf wurde am 22.08.2023 im Kabinett zugestimmt. Dieser Referentenentwurf wurde geschlechterneutral formuliert und mit (knapper) Begründung zeitnah in das Bürgerportal1 des Freistaates Sachsen eingestellt. Am 27.12.2023 wurde ein modifizierter Gesetzesentwurf der Staatsregierung (LT-Drs. 7/15266) mit ausführlicherer Begründung beim Sächsischen Landtag eingereicht. Dieses Gesetz stellt ein deutlich moderneres und vielfach – aber nicht in allen Inhalten – an die Bedürfnisse von Veranstaltern, Leitern und Teilnehmern von Versammlungen, jedoch auch nicht immer an die versammlungsbehördliche und polizeiliche Praxis angepassteres Versammlungsgesetz als das bis dahin noch geltende Sächsische Versammlungsgesetz vom 25.01.2012 dar und ist zumeist an der aktuellen Rechtsprechung ausgerichtet. Der Gesetzesentwurf war an den Musterentwurf eines Versammlungsgesetzes (ME-VersG)2 angelehnt, und die Begründung des Entwurfs zitiert regelmäßig aus der Begründung des ME-VersG. Am 18.04.2024 wurde eine (durchaus kritische) Sachverständigenanhörung zum Gesetzesentwurf im Ausschuss für Inneres und Sport des Sächsischen Landtages durchgeführt. Aufgrund dieser Expertenanhörung wurden einige Regelungen im Entwurf noch einmal überarbeitet und ein neuer § 31 a in das Sächsische Polizeibehördengesetz eingefügt, § 6 Abs. 2 und 3 SächsVersG wurden nicht geändert. Bereits der erste Referentenentwurf hinterließ viele offene Fragen, auch der modifizierte Gesetzesentwurf sorgte weiterhin für Unklarheiten; dies gilt (leider) auch für den endgültigen Gesetzestext.3 Dieser Aufsatz soll konstruktiv-kritisch die neuen Regelungen zum Ordnereinsatz in § 6 Abs. 2 und 3 SächsVersG4 bewerten.
I. Einleitung
Bis zum 31.08.2006 gehörte das Versammlungsrecht zur konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG a. F., und es galt in allen Bundesländern das mehrfach novellierte „Gesetz über Versammlungen und Aufzüge” (VersG) des Bundes aus dem Jahr 19535 i. d. F. der Bekanntmachung vom 15.11.19786, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.06.20207, da der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hatte. Mit der Föderalismusreform I8 ist die Gesetzgebungszuständigkeit für das Versammlungsrecht zum 01.09.2006 auf die Bundesländer übergegangen. Gemäß Art. 125 a Abs. 1 Satz 1 GG gilt in solchen Fällen das Bundesrecht weiter, soweit es nicht durch Landesrecht ersetzt wird.9 Dies ist gegenwärtig in der Hälfte der Bundesländer noch der Fall. Mit dem Gesetz vom 20.01.2010 hatte der Gesetzgeber im Freistaat Sachsen das erste „Gesetz über Versammlungen und Aufzüge im Freistaat Sachsen”10 erlassen. Mit Urteil vom 19.04.2011 hatte der SächsVerfGH11 dieses Gesetz aus Gründen einer formalen Verfassungswidrigkeit für mit Art. 70 Abs. 1 SächsVerf unvereinbar und damit nichtig erklärt.12 Mit Gesetz vom 25.01.2012 hat der sächsische Gesetzgeber das zweite „Gesetz über Versammlungen und Aufzüge im Freistaat Sachsen”13 erlassen. Gleichzeitig wurden Änderungen im damaligen Sächsischen Polizeigesetz vorgenommen und die „Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz” (VersG-ZuVO) aufgehoben. Durch das 1. Änderungsgesetz vom 17.12.201314 wurden die §§ 12 und 20 SächsVersG a. F. novelliert. Durch das 2. Änderungsgesetz vom 11.05.201915 wurden redaktionelle Änderungen vorgenommen und § 34 SächsVersG a. F. eingefügt.16
Weitere eigene Versammlungsgesetze haben der Freistaat Bayern (BayVersG) vom 22.07.2008, das Land Niedersachsen (NVersG) vom 07.10.2010, das Land Sachsen-Anhalt (VersammlG LSA) vom 03.12.2009 sowie das Land Schleswig-Holstein (VersFG SH) vom 18.06.2015 erlassen. In der Bundeshauptstadt Berlin wurde zunächst das „Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen” vom 23.04.2013 geschaffen. Das Abgeordnetenhaus von Berlin beschloss am 11.02.2021 das „Gesetz über die Versammlungsfreiheit im Land Berlin” (VersFG BE). Am 07.01.2022 trat das Versammlungsgesetz Nordrhein-Westfalen (VersG NRW) in Kraft. Als bisher letztes Bundesland hat der Landtag in Hessen am 22.03.2023 das „Hessische Versammlungsfreiheitsgesetz” (HVersFG) beschlossen. Der Freistaat Bayern sowie das Land Niedersachsen haben ihre Landesversammlungsgesetze ebenfalls bereits novelliert. Im Land Brandenburg wurde (nur) das spezifische „Gesetz über Versammlungen und Aufzüge an und auf Gräberstätten” (GräbVersammlG) vom 26.10.2006 erlassen.
II. Die neuen Regelungen zum Ordnereinsatz in § 6 SächsVersG
§ 6 (Pflichten und Befugnisse der Versammlungsleitung, Ordnungskräfte) SächsVersG lautet:
„(1) 1Die Versammlungsleitung sorgt für den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung und wirkt im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf deren Friedlichkeit hin. 2Sie darf die Versammlung jederzeit unterbrechen oder beenden.
(2) 1Die Versammlungsleitung kann sich der Hilfe von ehrenamtlichen Ordnerinnen und Ordnern (Ordnungskräfte) bedienen. 2Die Versammlungsleitung teilt dem Polizeivollzugsdienst rechtzeitig vor Beginn der Versammlung die Zahl der eingesetzten Ordnungskräfte mit. 3Die Ordnungskräfte müssen bei Versammlungen unter freiem Himmel durch weiße Armbinden mit der gut sichtbaren Bezeichnung „Ordnerin” oder „Ordner” kenntlich gemacht sein. 4Sie müssen mindestens 16 Jahre alt sein; die zuständige Behörde kann hiervon Ausnahmen zulassen oder anordnen. 5Die für Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Versammlung geltenden Vorschriften dieses Gesetzes gelten auch für Ordnungskräfte.
(3) Die zuständige Behörde kann der Versammlungsleitung aufgeben, Ordnungskräfte einzusetzen oder die Anzahl der Ordnungskräfte zu erhöhen, wenn ohne den Einsatz oder die Erhöhung der Anzahl eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu besorgen ist.”
§ 6 SächsVersG ersetzt die §§ 7 und 8 SächsVersG a. F. Er enthält die zentralen Normen zur inneren Ordnung der Versammlung. Die innere Ordnung in der Versammlung ist der Zustand, in dem die Versammlung ihren kommunikativen Zweck optimal erreichen kann.17 § 6 SächsVersG gilt für alle öffentlichen Versammlungen, bei denen ein Versammlungsleiter vorhanden ist; für nicht öffentliche Versammlungen gilt § 6 SächsVersG ebenfalls, soweit ein Versammlungsleiter vorhanden ist. § 6 Abs. 2 Satz 3 SächsVersG gilt nur für öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel, einschließlich Aufzügen. Zuständige Behörde i. S. v. § 6 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 SächsVersG ist die Versammlungsbehörde nach § 29 Abs. 1 SächsVersG, in der Ausnahmesituation des Eilfalls i. S. v. § 29 Abs. 4 SächsVersG i. V. m. § 2 Abs. 3 SächsPVDG die Polizei.18 § 6 Abs. 1 SächsVersG konkretisiert die gesetzlichen Befugnisse der Versammlungsleitung nach Beginn der Versammlung, soweit und solange diese nicht verboten oder aufgelöst ist. Die Befugnisse des Versammlungsleiters nach § 6 SächsVersG entsprechen der bisherigen Rechtslage. Vergleichbare Normen zu § 6 SächsVersG enthalten Art. 4 Abs. 1 und 2 BayVersG, § 6 HVersFG, § 7 NVersG, §§ 7 und 8 VersammlG LSA, § 7 VersFG BE, § 6 VersFG SH und § 6 Abs. 1 bis 3 VersG NRW sowie § 6 ME-VersG.
§ 6 Abs. 2 und 3 SächsVersG ersetzt § 8 SächsVersG a. F., wurde aber inhaltlich erheblich, zum Teil sehr bedenklich und fragwürdig, verändert. § 6 Abs. 2 Satz 1 SächsVersG ermöglicht es dem Versammlungsleiter weiterhin Ordner einzusetzen, ohne deren Einsatz ausdrücklich in jedem Fall zur Pflicht zu machen (Abweichendes regelt § 6 Abs. 3 SächsVersG), und verzichtet in Abweichung zur bisherigen Rechtslage darauf, die Volljährigkeit zu einem Eignungskriterium für Ordner zu machen. In den letzten Jahren gab es vermehrt Demonstrationen auch nicht volljähriger Personen, insbesondere bei „Fridays for Future”.19 Bei solchen Versammlungen sollen nun auch geeignete jüngere und nicht notwendig volljährige Personen als Ordner in die Pflicht genommen und als Ordnungskräfte benannt werden dürfen. Allerdings wird im Hinblick auf die besondere Verantwortung, die mit der Übernahme einer Funktion als Ordner in einer Versammlung verbunden ist, ein Mindestalter von 16 Jahren festgelegt. Abweichungen vom Mindestalter von 16 Jahren nach unten sind z. B. bei nicht gefahrgeneigten Versammlungen von Schülergruppierungen (i. d. R. auf Antrag) denkbar und regelmäßig auch indiziert. Abweichungen nach oben, wie die Anordnung der Volljährigkeit von Ordnern, sind denkbar, z. B. bei konfliktgeneigten Versammlungen. Verzichtet wird im Gesetz auf den unbestimmten Rechtsbegriff der „angemessenen Zahl” aus § 8 Abs. 1 Satz 1 SächsVersG a. F. Im Gegensatz zum ersten Referentenentwurf wird an der Ehrenamtlichkeit der Ordner weiterhin festgehalten. Das Gebot der Waffenlosigkeit für Ordner ergibt sich weiterhin aus § 9 SächsVersG. Weitergehende gesetzliche Vorgaben erscheinen nach der Begründung des Gesetzes insbesondere für Versammlungen in geschlossenen Räumen nicht geboten. Das Selbstorganisationsrecht des Veranstalters und des von ihm eingesetzten Leiters soll nicht durch Ordnungsvorschriften, die um ihrer selbst willen angewendet werden, unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Da Ordner nach zustimmungswürdiger Auffassung in der Gesetzesbegründung nicht zwingend Personen sein müssen, die (ehrenamtlich) an der Versammlung als Teilnehmer mitwirken, also insbesondere das inhaltliche Anliegen der Versammlung teilen, stellt § 6 Abs. 2 Satz 5 SächsVersG klar, dass sie die gleichen Pflichten treffen wie Teilnehmer und ihnen gegenüber stets die gleichen Befugnisse bestehen wie gegenüber jenen.20
Auch § 6 Abs. 2 Satz 1 SächsVersG gilt für öffentliche und nicht öffentliche Versammlungen, soweit ein Versammlungsleiter vorhanden ist. Nur der Versammlungsleiter kann sich der Hilfe von Ordnern bedienen, nicht der Veranstalter. Ebenso wie jemand nur mit seinem Einverständnis Versammlungsleiter werden kann, setzt auch eine wirksame Ordnerbestellung voraus, dass die betroffene Person sich zum Tätigwerden als Ordner bereit erklärt. Dies kann auch ohne Worte geschehen, etwa durch Überstreifen der für Ordner vorgesehenen Armbinde.21 Bei Versammlungen in geschlossenen Räumen ist ein Ordnereinsatz eher untypisch, bei Versammlungen unter freiem Himmel und insbesondere bei Aufzügen erfolgt regelmäßig der Einsatz von Ordnern. Die Landeshauptstadt Dresden wirbt z. B. für die jährliche Menschenkette am 13. Februar regelmäßig in Tages- und Wochenzeitungen sowie in ihrem Amtsblatt um Ordner; für diese werden im Vorfeld spezielle Schulungen durchgeführt. Allerdings muss die Qualität dieser Ordnerschulungen im Einzelfall kritisch betrachtet werden. So hat der Autor dieses Aufsatzes an einer mit inhaltlichen Fehlern versehenen Ordnerschulung am 31.01.2023 in Dresden für die Menschenkette am 13.02.2023 teilgenommen. Hat der Veranstalter einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen nach § 21 Abs. 1 SächsVersG in der Einladung bestimmte Personen oder Personengruppen von der Teilnahme ausgeschlossen, kann der Versammlungsleiter ohne die Hilfe von Ordnern den Ausschluss der betroffenen Personen oder Personengruppen kaum durchsetzen.22
Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 SächsVersG bestätigt das Recht des Versammlungsleiters, zu seiner Unterstützung Ordner einzusetzen, und unterwirft dieses Recht bestimmten Einschränkungen. Das Sächsische Versammlungsgesetz stellt aber weiterhin in keinem Fall eine Pflicht zur Verwendung von Ordnern auf; eine Ausnahme bildet Absatz 3. Dies steht somit grundsätzlich in der freien Entscheidung des Versammlungsleiters. Bei Großdemonstrationen darf die Versammlungsbehörde bei der Anwendung des § 6 Abs. 3 SächsVersG nicht ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten des Leiters schematisch eine feste Relation von Ordnern und Versammlungsteilnehmern zugrunde legen.23 Die Ordner sind Gehilfen des Versammlungsleiters, nicht zwingend auch Versammlungsteilnehmer. Sie unterliegen seinen Weisungen (nicht denen des Veranstalters), die sie auszuführen und zu befolgen haben; der Versammlungsleiter bestellt und entlässt sie.24 Die Ordner haben keine Befugnisse kraft eigenen Rechts; ihre Befugnis endet mit der des Versammlungsleiters, also mit der Schließung, Beendigung oder versammlungsbehördlichen bzw. polizeilichen Auflösung der Versammlung, nicht aber mit einer Unterbrechung durch den Versammlungsleiter. Die Aufgaben der Ordner gehen nicht über diejenigen des Versammlungsleiters hinaus, der sich ihrer bedient. Dementsprechend sind die Ordner wie der Versammlungsleiter selbst nur befugt, Störungen der (inneren) Ordnung aus dem Kreis der Versammlungsteilnehmer zu verhindern. Ordner haben keine Befugnisse gegenüber Dritten.25 Die Ordner verfügen somit über keine originären Rechte, sondern sie sind ein Hilfsorgan des Versammlungsleiters. Zivilrechtlich haftet stets der Leiter, zumal die Befugnisse der Ordner direkt aus seiner Kompetenz stammen. Endet die Tätigkeit des Leiters, so endet grundsätzlich auch die der Ordner.26
Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 SächsVersG teilt der Versammlungsleiter der Polizei rechtzeitig vor Beginn der Versammlung die Anzahl der eingesetzten Ordner mit. Auch diese Regelung soll für öffentliche und nicht öffentliche Versammlungen gelten, soweit ein Versammlungsleiter vorhanden ist und Ordner verwendet werden sollen. Diese Mitteilung kann, mangels gesetzlicher Einschränkung, schriftlich, elektronisch (per E-Mail oder auch als SMS denkbar) oder mündlich, einschließlich fernmündlich, erfolgen. Eine inhaltlich vergleichbare Regelung gab es weder im Versammlungsgesetz des Bundes noch war sie im bisherigen Sächsischen Versammlungsgesetz oder ist in einem anderen Landesversammlungsgesetz enthalten; auch dem ME-VersG ist eine solche Norm fremd. Nach der bisherigen Rechtslage (§ 8 Abs. 2 Satz 1 SächsVersG a. F.) war der Leiter einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen verpflichtet, die Zahl der von ihm bestellten Ordner der Polizei auf Anforderung mitzuteilen. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 SächsVersG a. F. konnte die Polizei die Zahl der Ordner angemessen beschränken; bei dieser Regelung hätte es der Gesetzgeber durchaus belassen können. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 SächsVersG a. F. bedurfte die Verwendung von Ordnern bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen der versammlungsbehördlichen Genehmigung; sie war grundsätzlich bei der Versammlungsanzeige zu beantragen. Die Neuregelung in § 6 Abs. 2 Satz 2 SächsVersG stellt somit keine Liberalisierung, sondern eine Verschärfung der Rechtslage zum Nachteil des Versammlungsleiters und seiner Grundrechtsausübung dar. Sinn und Zweck der Norm erschließen sich nicht und werfen zunächst die Frage auf, wann ist „rechtzeitig” vor Beginn der Versammlung? Die Regelung steht zudem im Widerspruch zu § 14 Abs. 4 SächsVersG. Hiernach hat der Versammlungsleiter bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen den Einsatz von Ordnern unter Angabe der Anzahl der dafür voraussichtlich eingesetzten Personen bei der Versammlungsanzeige der Versammlungsbehörde mitzuteilen, wenn er einen Ordnereinsatz plant. § 6 Abs. 2 Satz 2 SächsVersG begründet somit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und sollte bei einer späteren Novellierung des Sächsischen Versammlungsgesetzes ersatzlos gestrichen werden.
Den gesamten Beitrag lesen Sie in unseren SächsVBl. Heft 10/2024.