20.01.2025

Bürokratieentlastungsgesetz IV

Bürokratieabbau und Neuregelungen

Bürokratieentlastungsgesetz IV

Bürokratieabbau und Neuregelungen

Es wird empfohlen, sich mit den Neuregelungen des BEG IV sorgfältig auseinanderzusetzen. | © Foto-Ruhrgebiet - Fotolia
Es wird empfohlen, sich mit den Neuregelungen des BEG IV sorgfältig auseinanderzusetzen. | © Foto-Ruhrgebiet - Fotolia

Ziel des Gesetzgebers ist es, in den erfassten Bereichen des täglichen Lebens die immer noch ausgeuferte Bürokratie in Deutschland weiter abzubauen und Verwaltungsprozesse zu vereinfachen.

Auch im Arbeitsleben sorgt das Gesetz für zahlreiche Änderungen, über die teilweise in der Öffentlichkeit lange Diskussionen geführt wurden. Besonders wichtig ist es, auf die leider immer noch unterschiedlichen Erfordernisse zur Schriftform von befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen zu achten.

Hier ist dem Gesetzgeber aus Sicht der arbeitsrechtlichen Praxis der Vorwurf zu machen, ohne überzeugende Gründe nur eine teilweise Änderung der Rechtslage vorgenommen zu haben. Wegen der besonderen Bedeutung der zukünftigen Formerfordernisse werden diese Änderungen in diesem Beitrag zuerst behandelt.


Die Schriftform von Arbeitsverträgen

Bislang bedurften Arbeitsverträge selbst nicht der Schriftform. Sie konnten also auch mündlich abgeschlossen werden. Eine wichtige Ausnahme bildete die Vereinbarung von Befristungen. § 14 Abs. 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) sah und sieht auch weiterhin vor, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform bedarf.

Diese gesetzliche Vorschrift wird also grundsätzlich durch das BEG IV nicht verändert. Für die Praxis bleibt es deshalb dabei, dass befristete Arbeitsverhältnisse mit oder ohne Sachgrund schriftlich, das bedeutet nach der mittlerweile gebräuchlichen Beschreibung „mit nasser Tinte“ abgeschlossen werden müssen.

In elektronischer Form dürfen solche Arbeitsverträge nur dann vereinbart werden, wenn nach § 126a BGB ein solcher Vertrag mit einer qualifizierten (!) elektronischen Signatur versehen werden kann. Eine lediglich gescannte Unterschrift oder eine einfache (!) elektronische Signatur reicht nicht aus, um dieses Formerfordernis zu erfüllen.

In der heutigen Zeit verfügen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Regel nicht über die notwendigen Geräte und IT-Lösungen, um Arbeitsverträge mit einer qualifizierten (!) elektronischen Signatur zu versehen. Deshalb ist bei solchen Vertragstypen weiter die Schriftform zu wahren.

Erreichen der Regelaltersgrenze

Eine einzige Ausnahme ermöglicht das BEG IV für die Befristung von Arbeitskräften, die mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze des jeweiligen Arbeitnehmers enden sollen. In der Praxis war es bislang üblich, solche Verträge nach der Überschrift oder nach dem übrigen Inhalt als „unbefristete“ Arbeitsverträge abzuschließen, selbst wenn es an späterer Stelle in den Verträgen hieß, dass das Arbeitsverhältnis automatisch und ohne die Notwendigkeit des Ausspruchs einer Kündigung mit dem Eintritt in die Regelaltersrente des Arbeitnehmers enden sollte.

Die ernst zu nehmenden Diskussionen darüber, ob in diesen Fällen nicht auch ein befristetes Arbeitsverhältnis vorliegt, dürfte nun durch die gesetzliche Neuregelung obsolet werden. Denn Artikel 63 BEG IV sieht vor, dass § 41 des Sozialgesetzbuchs VI (SGB VI) einen neuen Absatz 2 enthält, nach dem eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, zu ihrer Wirksamkeit nur der Textform bedarf. Die oben erwähnte Schriftform des § 14 Absatz 4 TzBfG gilt für solche Fälle also nicht mehr.

(…)

Arbeitszeugnis

Nach Artikel 36 BEG IV wird nach § 109 Gewerbeordnung (GewO) die elektronische Form eines Zeugnisses ermöglicht. Dies gilt allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer einwilligt. Und im Gegensatz zur Textform nach § 126b BGB muss das elektronische Dokument mit dem Zeugnis dann nach § 126a BGB mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden (siehe oben).

Die damit in Verbindung stehende Zeitangabe der Zeugniserteilung kann unzulässige Rückschlüsse beispielsweise auf einen Rechtsstreit zulassen. In dem Fall wird es bei dir bisherigen Schriftform bleiben müssen, um als Ausstelldatum den letzten Tag des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses sichtbar zu machen.

Elternzeit

Gemäß Artikel 57 BEG IV wird auch die Schriftform im Zusammenhang mit der Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) auf Textform umgestellt, was nach § 15 BEEG die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung sowie die Ablehnung durch den Arbeitgeber betrifft. Ebenso kann die Elternzeit nach § 16 BEEG künftig in Textform verlangt werden.

In Anbetracht der Rechtsfolgen, die mit der Antragstellung dafür, den Fristen und einer etwaigen Ablehnung der Teilzeit verbunden sind, ist in der Praxis insbesondere darauf zu achten, dass Mitteilungen In Textform dem Arbeitgeber beziehungsweise dem Arbeitnehmer tatsächlich zugehen.

Es empfiehlt sich, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass der Zugang der Mitteilungen in Textform möglichst umgehend bestätigt wird.

Familienpflegezeitgesetz und Pflegezeitgesetz

Aufgrund von Artikel 68 und 69 BEG IV wird in diesen Gesetzen die schriftliche Ankündigung im Sinne von § 3 Pflegezeitgesetz (PflegeZG), §§ 2a, 10 Familienpflegezeitgesetz (FpfZG) jeweils in Textform ermöglicht.

Auch bezüglich dieser Gesetze gilt es, insbesondere auf den Zugang bzw. dessen Bestätigung zu achten.

Arbeitnehmerüberlassung

Artikel 55 BEG IV sorgt dafür, dass Verträge zur Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher und Entleiher nicht mehr der Schriftform bedürfen, sondern ebenfalls in Textform abgeschlossen werden können.

Die Vorschriften der §§ 12 und 14 Arbeitnehmerüberlassungsgesetzt (AÜG) werden an den entsprechenden Stellen in diesem Sinne geändert. Diese Änderung erfasst nicht die Arbeitsverträge der jeweiligen Leiharbeitnehmer.

Arbeitszeit- und Jugendarbeitsschutzgesetz

Artikel 52 BEG IV erlaubt es nun, das Arbeitszeitgesetz, die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen, für den Betrieb geltenden Rechtsverordnungen und Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die Regelungen zur Arbeitszeit enthalten, der Belegschaft mittels den üblichen Informations- und Kommunikationstechniken zur Verfügung zu stellen.

Im Bereich des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) wird für alle schriftlichen Handlungen nach diesem Gesetz mit Ausnahme behördliche Ausnahmen für Veranstaltungen nach § 6 JArbSchG und abweichender Regelungen nach § 21a Abs. 2 JArbSchG die Textform möglich.

Kündigung und Aufhebungs- bzw. Abwicklungsverträge

An der Schriftform für Kündigungen und diese Verträge ändert sich nichts. § 623 BGB bestimmt, dass die elektronische Form insoweit ausgeschlossen ist. Dabei bleibt es.

Fazit

Die Entlastung durch das BEG IV geht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die richtige Richtung. Allerdings reicht die Veränderung des Schriftform- in das Textformerfordernis nicht aus, zumal diese Änderung aus für die Praxis nicht nachvollziehbaren Gründen nicht umfassend ist.

Eine wahre Entlastung muss sich auf materielle Regelungen und Gesetze beziehen, die heute schon bestehen und die in den Schubladen des Gesetzgebers liegen oder auf ihre Einführung warten.

Aufwendige und zeitraubende Verpflichtungen, die beispielsweise im Bereich der Entgelttransparenz aufgrund europäischer Regelungen in Deutschland erfolgen sollen, müssen dringend darauf ausgerichtet werden, die Betriebe nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand zu belasten.

Es muss auch in Erwägung gezogen werden, solche Vorhaben mit Blick auf ein funktionierendes und zielgerichtetes Arbeitsleben zu unterlassen. Das mag Zukunftsmusik sein. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Praxis zu empfehlen, sich mit den Neuregelungen des BEG IV sorgfältig auseinanderzusetzen und sie praxisnah umzusetzen.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie im RdW-Kurzreport 23-24/2024, S. 970 ff.

 

Christian Vetter

Rechtsanwalt
n/a