Beschäftigungserlaubnis für ausländische Personen
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt
Beschäftigungserlaubnis für ausländische Personen
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (OVG) hat im Fall eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers geurteilt, dass diesem kein Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis zustehe.
Ein 26-jähiger Ausländer war Inhaber einer bis zum 20.09.2022 gültig gewesenen „vorläufigen Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) gem. § 60 b i. V. m. § 60 a Abs. 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)“ vom 30.06.2022. Die Bescheinigung enthält den Zusatz „Erwerbstätigkeit nicht gestattet“, nicht aber den Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“.
Nachdem der Ausländer am 21.07.2022 eine Einstellungszusage für eine Tätigkeit als Produktionsmitarbeiter ab dem 01.08.2022 erhalten hatte, beantragte er bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, die diese u. a. mit dem Hinweis darauf ablehnte, dass der Ausländer bereits zwei Abschiebungsversuche durch renitentes Verhalten vereitelt habe.
Als Ermessenserwägung wurde angeführt, dass dem Ausländer keine weitere Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse zugestanden werden solle, damit dies eine Abschiebung nicht erschwere oder gar verhindere. Es bestünden auch keine Gründe für eine weitere Duldung.
Mit Beschluss vom 25.10.2022 hatte das Verwaltungsgericht Halle (VG) den Antrag, die Ausländerbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Ausländer eine Beschäftigungserlaubnis zu erteilen, abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, einem Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis stehe entgegen, dass der Ausländer im Besitz einer Duldung nach § 60 b AufenthG sei.
Mangels Suspendierung des Zusatzes nach § 60 b Abs. 1 AufenthG würden die Rechtsfolgen des § 60 b Abs. 5 AufenthG gelten; mit der Folge, dass ihm die Aufnahme einer Beschäftigung gem. § 60 b Abs. 5 Satz 2 AufenthG nicht gestattet werden könne.
Beschwerde des Ausländers beim OVG ohne Erfolg
Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (OVG) ohne Erfolg. Das VG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Ausländer keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Er hat bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis. Anspruchsgrundlagen für einen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis an geduldete Ausländer sind §§ 4 a Abs. 4, 42 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG i. V. m. § 32 Beschäftigungsverordnung (BeschV).
Nach der hier einschlägigen Alternative des § 4 a Abs. 4 AufenthG darf ein Ausländer, der keinen Aufenthaltstitel besitzt, eine Erwerbstätigkeit nur ausüben, wenn deren Ausübung ihm durch die zuständige Behörde erlaubt wurde. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BeschV kann Ausländern, die eine Duldung besitzen, eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn sie sich seit drei Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten.
Gem. § 32 Abs. 2 Nr. 5 BeschV bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach einem ununterbrochen vierjährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.
Es liegt voraussichtlich auch kein Versagungsgrund nach § 60 a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift darf einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können.
Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen
Gem. § 60 a Abs. 6 Satz 2 AufenthG hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nr. 2 insbesondere zu vertreten, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt.
Die Vorschrift des § 60 a Abs. 6 AufenthG begrenzt die in § 4 a Abs. 4 AufenthG i. V. m. § 32 BeschV enthaltene Befugnis der Ausländerbehörde, die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, und verpflichtet zur Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis an Duldungsinhaber. Eine Verpflichtung zur Ablehnung der Beschäftigungserlaubnis nach diesen Vorschriften liegt hier jedoch voraussichtlich nicht vor.
Das von der Ausländerbehörde angeführte renitente Verhalten des Ausländers in der Vergangenheit ist kein Umstand, der dazu führt, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm nicht vollzogen werden können. Auch die Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers sind geklärt. Schließlich wird ihm von der Ausländerbehörde auch nicht vorgeworfen, seinen Mitwirkungspflichten, etwa bei der Passbeschaffung, nicht hinreichend nachgekommen zu sein.
Der Ausländer hat aber deshalb keinen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, weil diese gem. §§ 4 a Abs. 4, 42 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG i. V. m. § 32 BeschV im pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde steht. Nach der Rechtsprechung des OVG ist dabei die Verhinderung einer Verfestigung des Aufenthalts nach Ablauf der Wartezeit von drei Monaten gem. § 32 Abs. 1 BeschV regelmäßig kein zulässiger Ermessensgesichtspunkt.
Tatsächliche Abschiebung in absehbarer Zeit möglich
Die Verhinderung einer faktischen Integration des geduldeten Ausländers kann aber dann eine zulässige Ermessenserwägung darstellen, wenn nach ausreichend verlässlichen Tatsachenfeststellungen eine tatsächliche Abschiebung des Ausländers in absehbarer Zeit möglich erscheint. Das ist hier der Fall.
Die Ausländerbehörde hat nämlich im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen, dass der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig sei, für ihn ein Reisedokument vorliege, ein neuer Abschiebungstermin in naher Zukunft, spätestens in 6 bis 8 Wochen, gebucht werde und der Ausländer mit diesem Dokument auch in der Lage sei, freiwillig die Bundesrepublik zu verlassen.
Es kann also offenbleiben, ob hiernach bereits ein Anspruch auf Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG entfallen ist, denn jedenfalls erscheint eine tatsächliche Abschiebung in absehbarer Zeit möglich. Die Abschiebung dürfte, soweit derzeit ersichtlich, nicht daran scheitern, dass kein wirksames Reisedokument vorliegt.
Die Ausländerbehörde ist im Besitz eines von den Behörden der Republik Gambia ausgestellten „Emergency Passport“ für den Ausländer vom 05.02.2019. Dabei handelt es sich um ein Dokument, das für die Abschiebung eines gambischen Staatsangehörigen vorgesehen ist. Aus diesem ergebe sich auch keine zeitlich befristete Geltungsdauer.
Das OVG sah keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, sodass die Abschiebung in absehbarer Zeit möglich erscheint.
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 06.02.2023 – 2 M 111/22
Entnommen aus der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz 18/2024, Rn. 161.