25.04.2019

Artikel 13

EU-Rat beschließt Urheberrechtsreform

Artikel 13

EU-Rat beschließt Urheberrechtsreform

Der EU-Ministerrat hat am 15.04.2019 die umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen. © Oliver Boehmer - bluedesign®
Der EU-Ministerrat hat am 15.04.2019 die umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen. © Oliver Boehmer - bluedesign®

Der EU-Ministerrat hat am 15.04.2019 die umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen. Ohne gesonderte Aussprache haben die Minister der Mitgliedsstaaten die Reform abgenickt. Auch Deutschland hat dafür gestimmt – allerdings mit einer rechtlich nicht bindenden Ergänzung, wonach Upload-Filter dennoch vermieden werden sollen. Damit hat die Richtlinie die letzte Hürde genommen. Sie muss nun binnen zwei Jahren von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Wie geht es jetzt weiter?

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Der Rat der EU für Landwirtschaft und Fischerei hat sich am 15.04.19 in Luxemburg getroffen. Im Rahmen der Sitzung wurde auch über die umstrittene Urheberrechtsreform abgestimmt. Mit 19 Ja-Stimmen zu sechs Nein-Stimmen wurde das Vorhaben bei drei Enthaltungen angenommen. Gegen die Richtlinie stimmten Italien, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Finnland und Schweden. Damit war zwar das Länderquorum für eine Sperrminorität erfüllt, jedoch müssen die dagegen stimmenden Länder zudem mindestens 35 Prozent der EU-Bevölkerung hinter sich vereinigen, um eine Richtlinie zu kippen. Bei der jetzigen Abstimmung waren es jedoch lediglich knapp 25 Prozent. Deutschland hätte mit seiner Gegenstimme das Vorhaben noch kippen können. Stattdessen votierte die Bundesregierung nun jedoch dafür.

Bei der Abstimmung im EU-Parlament am 26. März 2019 war die große Koalition noch gespalten gewesen – während die europäische Union (EVP) weit überwiegend dafür gestimmt hat, haben sich die deutschen SPD-Abgeordneten geschlossen dagegen ausgesprochen. Justizministerin Katarina Barley (SPD) hingegen äußerte zwar Bedenken, stimmte der Richtlinie aber sowohl bei einer ersten Ratssitzung vor einigen Wochen als auch jetzt bei der finalen Abstimmung zu.


Warum haben die Agrarminister im Rat abgestimmt?

Bei vielen sorgte es für Verwunderung, dass die finale Abstimmung über die Reform durch die Agrarminister erfolgte. Schließlich hat das Urheberrecht nun wirklich nichts mit Landwirtschaft zu tun.

Der Grund hierfür ist vor allem organisatorischer Natur. Im Rat kommen die Fachminister der einzelnen Mitgliedsländer zusammen. Diese Treffen finden in der Regel jedoch nicht monatlich statt, sondern meist nur drei- bis viermal im Jahr. Für die Urheberrechtsreform wären eigentlich die Justizminister zuständig. Da der nächste Rat der Justizminister jedoch erst im Juni stattfindet, wollte man das Verfahren abkürzen, indem man die Abstimmung über die Richtlinie an den Rat der Landwirtschaftsminister delegiert. Das ist auf EU-Ebene durchaus üblich, da ansonsten Prozesse länger als ohnehin schon dauern würden.

Des Weiteren können auch politische Motive eine Rolle gespielt haben. Schließlich findet am 26. Mai die Europawahl statt und es gibt sicherlich nicht wenige Befürworter der umstrittenen Reform, die die Abstimmung schon vor den Wahlen vom Tisch haben wollen, damit das Thema den Wahlkampf nicht dominiert.

Abgesehen davon sprechen sich die Minister ohnehin vor den Sitzungen ab. In der Regel erteilt dann der zuständige Fachminister dem Minister, der an der Abstimmung teilnimmt, eine Weisung. So war es auch in diesem Fall. Es ist also ein Irrglaube, dass fachfremde Minister ohne jegliche Sachkenntnis über ein Thema abstimmen. Vor der finalen Abstimmung hat die zuständige Bundesjustizministerin Katarina Barley der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Weisung erteilt, der Reform zuzustimmen.

Komplett wird das Abstimmungs-Wirrwarr allerdings dadurch, dass an dem Votum letztlich gar nicht Ministerin Klöckner selbst teilnahm, sondern sich von der deutschen EU-Botschafterin Susanne Szech-Koundouros vertreten ließ. Die Hintergründe hierfür sind unklar.

Massive Kritik an Artikel 13 brachte letztlich nichts

Über zwei Jahre lang war hitzig über die Reform diskutiert worden. Zuletzt gingen mehrere hunderttausend überwiegend junge Leute auf die Straße, um gegen die Pläne zu demonstrieren – vergebens!

Im Zentrum der Kritik steht Artikel 13 (jetzt Artikel 17). Dieser betrifft Plattformen, die nutzergenerierte Inhalte zu kommerziellen Zwecken organisieren und fördern. Verkürzt dargestellt müssen sie zukünftig beste Anstrengungen unternehmen, um Lizenzvereinbarungen für die urheberrechtlich geschützten Werke zu schließen, die dort hochgeladen werden. Sind die Rechteinhaber nicht gewillt, die Nutzung ihrer Werke im Netz zu erlauben, so müssen die betroffenen Plattformen dem Wortlaut der Richtlinie nach ebenfalls „beste Anstrengungen“ unternehmen, um den Upload solcher Inhalte zu verhindern. Der Einsatz sog. Uploadfilter wäre dem Wortlaut von Artikel 13 nach alternativlos. Was sich zunächst einmal nach einem ehrbaren Motiv anhört, bedeutet in der Praxis massive Einschränkungen für Plattformbetreiber und Kreative. Kleinere Unternehmen müssten auf Filtersysteme, die von Internetgiganten wie Google entwickelt würden, zurückgreifen, was für sie eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen würde. Zudem würden die Plattformen erheblich mehr filtern als gefordert. Zum einen, um der Gefahr zu entgehen, selbst für mögliche Rechtsverletzungen zu haften. Zum anderen aufgrund der begrenzten technischen Möglichkeiten entsprechender Filtersysteme. Satire, Parodie oder vom Zitatrecht gedeckte Verwendungen könnten fälschlicherweise geblockt werden, weil es technischen Systemen nicht möglich ist, diese schon für Menschen schwierige Beurteilung zu treffen. Nachträgliche Beschwerdemechanismen werden der Schnelligkeit des Internet sowie Live-Streams nicht gerecht. Die Meinungsfreiheit im Internet wäre gefährdet.

Die Bundesregierung hat in dem Prozess lange Zeit auch keine stringente Linie verfolgt. Nachdem die Proteste gegen die Reform immer größer wurden, bestand noch Hoffnung, dass die Bundesregierung ihre Haltung nochmal überdenkt, zumal auch in den Regierungsparteien immer mehr Bedenken laut wurden. Letztlich war der Druck aber offenbar so groß, dass bei der finalen Abstimmung abermals mit Ja gestimmt wurde.

Wie geht es nun weiter?

Nun muss die Richtlinie innerhalb der nächsten zwei Jahre in das nationale Urheberrecht umgesetzt werden. Zumindest von Seiten der deutschen Regierung wurde bereits mehrfach klargestellt, dass man beabsichtigt, bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht den Auslegungsspielraum voll auszuschöpfen.

Bereits jetzt, wo auf EU-Ebene eine Reform verabschiedet wurde, die eigentlich – dem Text nach – Upload-Filter sowohl für große als auch für kleinere Unternehmen fordert, kommen von Seiten der deutschen Koalitionspartner Vorschläge, wie man Artikel 13 doch noch entschärfen könnte. Sowohl die SPD als CDU/CSU betonen inzwischen, dass sie prinzipiell gegen Uploadfilter seien.

Vorschlag der CDU für eine nationale Umsetzung ohne Upload-Filter

Die CDU im Europaparlament hat die Reform und Berichterstatter Axel Voss zwar von Anfang an unterstützt. Vorschläge wie die der SPD, den Grundsatz „bezahlen statt blocken“ im EU-Text zu verankern, sind von der Union im Parlament abgelehnt worden. Dennoch kam der erste Vorschlag, die EU-Richtlinie zumindest in Deutschland ohne Upload-Filter umzusetzen, von Seiten der deutschen CDU. Dass man sich nicht auf EU-Ebene dafür eingesetzt habe, sei auf den Druck der anderen EU-Staaten zurückzuführen gewesen, so die CDU auf ihrer Website. Zudem sei es unwahrscheinlich gewesen, dass bei einem Neuverhandeln der Reform ein gänzlich anderes Ergebnis herausgekommen wäre. Daher habe sich die CDU darauf konzentriert, einen Vorschlag für die nationale Umsetzung ohne Upload-Filter zu entwickeln. Dieser solle zugleich „Best Practice“ einer europäischen Umsetzung sein.

Eine von Generalsekretär Paul Ziemiak initiierte Einigung der Rechts- und Digitalpolitiker der Partei sowie der Sprecher des #cnetz, die bereits vor der Abstimmung im EU-Parlament veröffentlicht wurde, sieht folgendes vor: Es solle der Grundsatz gelten „bezahlen statt blocken“. Grundsätzlich sollen erst einmal alle Inhalte hochgeladen werden können. Unterhalb einer zeitlichen Bagatellgrenze sollen Uploads sogar von Lizenzgebühren frei sein. Wenn diese Grenze überschritten wird, würde der Urheber von den Plattformen bei einem Upload eines nicht bereits lizenzierten Inhalts informiert werden und hätte dann drei Möglichkeiten: 1. Er verlangt die Löschung von der Plattform. 2. Er bietet eine Lizenz an und wird entsprechend vergütet. 3. Er verzichtet auf weitere Maßnahmen, wodurch der entsprechende Inhalt dauerhaft lizenzfrei auf der Plattform erscheinen kann. Für alle Werke, die nicht auf diese Art entdeckt werden – z.B. weil es sich um Parodien oder Remixe handelt – soll es eine gesetzlich verpflichtend ausgestaltete Pauschallizenz geben. Diese soll eine Schranke zum Urheberrecht darstellen. Durch diese soll die Verpflichtung der Plattformen entfallen, die Inhalte der Nutzer noch vor dem Upload auf Rechtsverletzungen hin zu kontrollieren. Private Nutzer sollten durch diese Regelung gänzlich von einer drohenden Haftung befreit werden.

Kritik am CDU-Vorschlag

Dieser Vorschlag stieß jedoch bereits auf viel Kritik. Folgende Punkte lassen daran zweifeln, ob ein entsprechender Text wirklich umsetzbar wäre:

  • Zunächst ist rechtlich überhaupt nicht klar, ob eine solche nationale Schrankenregelung europarechtlich überhaupt zulässig wäre, und zwar aus folgenden Gründen:

1) Die möglichen Schranken werden in der Urheberrechtsrichtlinie explizit und abschließend aufgezählt. Eine weitere Schrankenregelung nur in Deutschland könnte unzulässig sein.

2) Auch die inhaltliche Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit den Forderungen von Artikel 13/Artikel 17 ist noch völlig ungeklärt. Denn letztlich konterkariert dieser Vorschlag die Grundidee der Reform, die Rechteinhaber vor die Wahl zu stellen: Entweder sie lizenzieren ihre Werke oder sie entscheiden sich, die Verantwortung für deren Blockade an die Plattformen abzugeben. Diese Grundhaltung haben wir zwar vielfach kritisiert – doch sie steht nun einmal in der Richtlinie. Die Idee der CDU würde die Verantwortung für die Frage, ob gelöscht werden soll, aber wieder an die Rechteinhaber übertragen. Darüber hinaus würde man den Rechteinhabern unterhalb der Bagatellgrenze die Möglichkeit entziehen, ihre Werke überhaupt zu lizenzieren. Und alle anderen Werke, die nicht über den Fingerprint gefunden wären, würden automatisch legalisiert und mit der Pauschallizenz vergütet werden. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aber (Urt. v. 16.11.2016, Rs. C-301/15, Soulier & Doke) müssen die Urheber aber selbst darüber entscheiden können, ob sie der Verwertung ihrer Werke durch eine Verwertungsgesellschaft zustimmen.

  • Die Idee der zeitlichen Grenze scheint nicht ganz durchdacht. Denn nur Musikstücke und Videos haben überhaupt eine zeitliche Grenze. Wären dann Fotos, Texte und andere urheberrechtlich geschützte Werke automatisch nur durch die Pauschallizenz abgedeckt und könnten nicht mehr individuell lizenziert werden? Hätten Rechteinhaber von Texten und Fotos dann überhaupt keine Möglichkeit mehr, die Verbreitung ihrer Inhalte im Netz zu verhindern, auch nicht nachträglich?
  • Wenn aufgrund der Pauschallizenz niemand haften soll – ist es dann in Zukunft möglich, etwa ganze Kinofilme hochzuladen und niemand haftet dafür, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt werden und bereits einen großen wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben?
  • Es ist auch völlig unklar, wie so ein Gesetz überhaupt auf Deutschland beschränkt werden könnte. Soll es dann nur für deutsche Nutzer, deutsche Plattformen oder deutsche Urheber gelten? Plattformen müssten ihre Uploadfilter so programmieren, dass sie innerhalb Deutschlands nicht filtern. Dann müssten Plattformen aber auch umgekehrt möglicherweise den Zugriff auf bestimmte Werke für Nutzer außerhalb Deutschlands durch Geoblocking verhindern.
  • Darüber hinaus würde eine solche nationale Umsetzung erneut zu einem Flickenteppich an Gesetzen innerhalb der EU führen, was ja aufgrund der Richtlinie gerade vermieden werden sollte. Gerade angesichts der Tatsache, dass es ja offensichtlich einige Länder gibt, die sich so massiv für Upload-Filter ausgesprochen haben, dass anderweitige Auffassungen auf EU-Ebene keine Chance hatten. Warum dann das deutsche Modell dennoch „best practice“ werden soll, ist unklar.

Ergänzende Protokollerklärung des deutschen Justizministeriums

Justiziministerin Barley (SPD) hat nach einer langen Absprache innerhalb der Bundesregierung am Wochenende bei der Abstimmung im Rat noch eine rechtlich nicht bindende, ergänzende 5-seitige Protokollerklärung hinzufügen lassen. Solche Erklärungen können nach der Geschäftsordnung des Rates zwar abgegeben werden, allerdings kann die Tragweite einer Richtlinie dadurch aber nicht eingeschränkt werden. Sie könnten lediglich die Auslegung des Wortlauts der Richtlinie bestätigen.

Gleich zu Anfang heißt es dort: „Die Bundesregierung bedauert zugleich, dass es nicht gelungen ist, ein Konzept zur urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen zu verabreden, das in der Breite alle Seiten überzeugt.“ Die Regierung möchte bei den vorgesehenen Dialogen mit allen betroffenen Interessengruppen darauf hinarbeiten, nicht nur für eine angemessene Vergütung der Kreativen zu sorgen, sondern auch Uploadfilter zu verhindern, die Meinungsfreiheit sicherzustellen und die Nutzerrechte zu wahren. Ziel ist, dass in diesem Dialog eine unionsweit einheitliche Umsetzung vereinbart wird. Offenbar möchte die Regierung also gerade keinen Flickenteppich an Regelungen schaffen, indem sie nur für Deutschland Sonderregeln plant, die in anderen EU-Staaten nicht gelten. Ob sich das so umsetzen lassen wird, bleibt abzuwaren.

Klar wird in der Erklärung folgendes: Bei der Umsetzung der Richtlinie in Deutschland will sich die Regierung zunächst von dem Ziel leiten lassen, ohne das Instrument Uploadfilter auszukommen. Die Verpflichtung zum „stay down“, also die dauerhafte Entfernung von Inhalten, stoße mit Blick auf mögliche Upload-Filter auf ernsthafte Bedenken, heißt es in dem Papier. Ziel müsse es daher sein, sie weitgehend unnötig zu machen. So sei es z.B. denkbar, dass die Nutzer beim Upload mitteilen, dass sie Inhalte Dritter erlaubterweise hochladen. Dann dürfte der Inhalt nicht mehr durch eine Maschine, sondern nur nach menschlicher Überprüfung gelöscht werden.

Gleichzeitig wird aber deutlich, dass die Regierung selbst nicht ganz von der Möglichkeit überzeugt ist, dass es ohne Filtersysteme geht. So heißt es an einer anderen Stelle: Wenn überhaupt technische Lösungen zum Einsatz kommen müssten, solle die EU „die Entwicklung von Open-Source-Technologien mit offenen Schnittstellen (APIs) fördern“. So könne „verhindert werden, dass marktmächtige Plattformen mittels ihrer etablierten Filtertechnologie ihre Marktmacht weiter festigen.“ Zugleich müsse die EU Konzepte entwickeln, die einem „de-facto-Copyright-Register in der Hand marktmächtiger Plattformen durch öffentliche, transparente Meldeverfahren entgegenwirkt.“

Zudem werde klargestellt werden müssen, dass die Regelungen lediglich auf die marktmächtigen Plattformen zielten, „die große Massen von urheberrechtlich geschützten Uploads zugänglich machen und hierauf ihr kommerzielles Geschäftsmodell gründen, also auf Dienste wie beispielsweise YouTube oder Facebook.“

Die Rechtsinhaberschaft an Inhalten, die entfernt werden sollen, soll hinreichend belegt werden müssen – es sei denn, die Information stamme von einem „trusted flagger“. So soll wohl der Gefahr eines Missbrauchs des Urheberrechts z.B. durch politische Gegner verhindert werden. Vergleichbares war in der Vergangenheit schon vorgekommen.

Die Nutzung geschützter Inhalte innerhalb gewisser Grenzen soll – so ähnlich wie es auch die CDU vorsieht – ohne Vergütung für Kritiken oder Parodien erlaubt werden. Darüber hinaus gehende Nutzungen sollen zu fairen Tarifen und mit zumutbarem Aufwand lizenziert werden müssen. Von den Plattformen dürfe nichts Unzumutbares verlangt werden. Dabei solle sichergestellt werden, dass das Geld vor allem auch bei den Kreativen ankommen und nicht nur bei den Labels, Verlagen oder Produzenten. Wie genau das geschehen soll, werde die Bundesregierung noch prüfen. Denkbar seien etwa Schranken, verbunden mit Vergütungsansprüche (also etwa Pauschalabgaben wie bei der Privatkopie), die Möglichkeit der Umwandlung von Ausschließlichkeitsrechten in Vergütungsansprüche, ein Kontrahierungszwang zu angemessenen Bedingungen bzw. die Einschaltung von Verwertungsgesellschaften.

Letztlich liest sich das Papier wie ein halbherziges, unentschlossenes Vorhaben, jetzt zu flicken, was auf europäischer Ebene nicht geflickt werden konnte. Mehr oder weniger gibt man offen zu, dass die EU versagt hat und jetzt gerettet werden muss, was zu retten ist. Immerhin: Sollte trotz einer nationalen Umsetzung, die sich so weit wie möglich vom Text der Richtlinie entfernt, wie es rechtlich zulässig ist, die Meinungsfreiheit beschränkt werden, werde die Regierung „darauf hinwirken, dass die festgestellten Defizite des EU-Urheberrechts korrigiert werden.“ So lautet der Abschlusssatz der Erklärung. Wenn es dann mal nicht zu spät ist.

Fazit

Es bleibt also zu hoffen, dass es am Ende einen rechtlich zulässigen Vorschlag geben wird, der die folgenden zwei Kernpunkte berücksichtigt und möglichst europaweit Geltung haben wird:

  1. Artikel 13 sollte nur für wirklich große, marktmächtige Unternehmen wie YouTube oder Facebook gelten, um kleinere Unternehmen, Nischenplattformen und StartUps nicht unverhältnismäßig zu belasten. Erwägungsgrund 37a der nun verabschiedeten Richtlinie, wonach die Anwendung von Artikel 13 auf solche Unternehmen beschränkt sein soll, die eine wichtige Rolle auf dem Online-Content-Markt spielen und (sinngemäß) mit den „Big Playern“ wie etwa Netflix oder Spotify konkurrieren können, sollte voll ausgeschöpft werden.
  2. Der Einsatz von Upload-Filtern sollte möglichst vermieden werden. Die Einführung einer Pauschallizenz als Ausgleich für eine neue Schranke des Urheberrechts ist hierfür grundsätzlich ein guter Ansatz, den auch ich in der Vergangenheit so ähnlich vertreten habe. Leider ist sie jedoch mangels entsprechender Verankerung im Text der Richtlinie europarechtlich sehr bedenklich.
 

Christian Solmecke

LL.M, Rechtsanwalt und Partner, Medienkanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, Köln

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