22.04.2019

Gewalt gegen Rettungskräfte…

nimmt immer weiter zu

Gewalt gegen Rettungskräfte…

nimmt immer weiter zu

In Deutschland stieg die Gewalt gegen Rettungsgeräte massiv an. | © Christian Schwier - stock.adobe.
In Deutschland stieg die Gewalt gegen Rettungsgeräte massiv an. | © Christian Schwier - stock.adobe.

Angriffe auf Notärzte, Sanitäter und Feuerwehrleute nehmen nach Berichten von Betroffen immer weiter zu. Erfasste Zahlen und eine in NRW durchgeführte Studie bestätigen zwar keine Zunahme, doch gerade letztere offenbart ein hohes Aufkommen gewalttätiger Übergriffe seit Jahren.

Verfügbare Zahlen und ihre Aussagekraft

In ganz Deutschland wurden 2017 mehr Fälle von Gewalt gegen Rettungskräfte in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registriert. In Berlin stiegen die Angriffe gegen Rettungskräfte auf 235 registrierte Fälle (2016: 218), in Bayern wurden 327 entsprechende Straftaten angezeigt (2016: 328).  Mit der Strafgesetzänderung vom 23. Mai 2017 wurde der Strafrahmen für Angriffe gegen Rettungskräfte verschärft. Somit stellt sich die Frage, ob die Zahlen der vorherigen Jahre mit denen aus dem Jahr 2017 vergleichbar sind. Hinsichtlich Übergriffen gegen Einsatz- und Rettungskräfte gibt es aber weitere Zahlen aus unterschiedlichen Quellen, wie Umfragen, wissenschaftlichen Studien oder internen Meldesystemen wie die des Roten Kreuzes. Einen drastischen quantitativen Anstieg von 2016 auf 2017 stellen die Erhebungen bislang nicht fest. Allerdings zeigt eine Berechnung des bayrischen LKA, dass es in jedem 6,424ten Einsatz zu Gewalthandlungen gegen Rettungskräfte kommt. Auch die von der Ruhruniversität Bochum (RUB) im Auftrag des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführte Studie dokumentiert ein hohes Niveau an Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte und zudem ein hohes Dunkelfeld.

Befragung in NRW

Die Befragung der RUB wurde unter rund 4.500 Personen aus ausgewählten Gebietskörperschaften in NRW geführt. Bereits 2011 wurde eine solche Erhebung durchgeführt, um das Aufkommen an Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte zu erfragen. Insgesamt gaben 64 % der Befragten an, in den vorangegangenen zwölf Monaten mindestens einmal Opfer verbaler, nonverbaler und/oder körperlicher Gewalt geworden zu sein. Die meisten gaben an, von verbaler Gewalt betroffen gewesen zu sein (ca. 60 %), gut 40 % war von nonverbaler Gewalt (z.B. Spucken) betroffen. 12,7 % der befragten Einsatzkräfte wurden nach eigener Aussage Opfer von körperlicher Gewalt. Einsatzkräfte im Rettungseinsatz wurden demnach häufiger Opfer von Gewalt als Einsatzkräfte im Brandeinsatz. Insgesamt wurden im Bezugszeitraum von 12 Monaten 94,3 % der Einsatzkräfte im Rettungseinsatz und 41,9 % der Einsatzkräfte im Brandeinsatz Opfer von unterschiedlichen Gewaltformen.


Dabei wurden keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Geschlechts der Einsatzkräfte festgestellt. Anders bei den Tätern, sie wurden meist als männlich angegeben und zwischen 20 und 39 Jahren verortet. Die Gewalt erfolgte meist aus dem Umfeld des Hilfesuchenden (Patienten, Angehörige, umstehende Freunde).  In 44 % erkannten die Einsatzkräfte eine Alkoholintoxikation. Nach dem Anzeigeverhalten befragt, gaben vor allem diejenigen der Befragten, die von verbaler und nonverbaler Gewalt betroffen waren, mehrheitlich an, keine Strafanzeige erstattet zu haben, weil dies die Situation aus ihrer Sicht nicht verändern würde. Die Befragten gaben zudem an, sich mehr Fortbildungen von Abwehr- und Deeskalationstechniken zu wünschen.

Fazit

Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte ist ein häufig auftretendes Phänomen, das oft nicht angezeigt wird. Gerade die Intensität der Gewalt gilt es zu beobachten und aktiv dagegen vorzugehen. Vor allem der in der Studie geäußerte Wunsch nach mehr Fortbildungen und Ausbildungselementen in diesem Bereich sollte von den zuständigen Stellen aufgegriffen und umgesetzt werden.

 

Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl

Professorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein Westfalen

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