11.04.2019

Drogen- und Substanzmissbrauch in Behörden und Unternehmen?

Auch Ihr Arbeitsbereich kann betroffen sein

Drogen- und Substanzmissbrauch in Behörden und Unternehmen?

Auch Ihr Arbeitsbereich kann betroffen sein

Der Gebrauch illegaler Drogen steigt – auch am Arbeitsplatz. | © monticellllo - stock.adobe.com
Der Gebrauch illegaler Drogen steigt – auch am Arbeitsplatz. | © monticellllo - stock.adobe.com

Vielleicht haben Sie sich bei dem Thema Drogen- und Substanzmissbrauch schon einmal die Frage gestellt, ob auch Ihr eigener Arbeitsbereich betroffen sein könnte? Oder vielleicht winken Sie gleich ab, weil Sie keinen Fall kennen?

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Wimmer_Drogenmissbrauch

Es sind an dieser Stelle zwar nur rhetorische Fragen, die Sie sich selbst in der stillen Kammer beantworten könnten. Allerdings sollten Sie vor einer abschließenden Lagebeurteilung bedenken, dass der Gebrauch illegaler Drogen steigt – speziell bei Jugendlichen (AZUBI) – und dass (betäubungsmittelhaltige) Medikamente oftmals bei Burnout, psychischen Belastungsstörungen, ADHS, bei Schmerzpatienten oder auch zur Steigerung von Konzentration und Leistungsfähigkeit oder zur Verbesserung des Lebensgefühls eingesetzt werden.

Auch bei Sport- und Hirndoping kommen zunehmend hochwirksame Mittel zum Einsatz, die ebenfalls die Verkehrs- und Arbeitssicherheit gefährden können. Und die Mittel werden nicht immer auf ärztliche Verordnung eingenommen. Oft werden sie über das Internet bestellt, von Freunden bezogen oder von Auslandsreisen mitgebracht und wirken – in allen Fällen – in den Arbeitsbereich und damit auf Arbeits- und Verkehrssicherheit. Und oft genug sind dann auch Straftatbestände erfüllt.


Gibt es vielleicht doch unerkannt Fälle in Ihrem Arbeitsbereich?

Wenn Sie all diese Fakten in die Waagschale werfen, werden Sie vermutlich doch ein wenig ins Grübeln kommen! Gibt es vielleicht doch unerkannte Fälle in Ihrem Arbeitsbereich, die für die Sicherung der Arbeitssicherheit relevant wären? Wenn Sie bedenken, dass Sie selbst als Nutzer bestimmter (ärztliche verordneter) Substanzen oder als Führungskraft, die die Verantwortung für die Mitarbeiter und die Arbeitssicherheit trägt, selbst straf-, zivil- oder arbeitsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, wenn Sie sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten – unter Umständen sogar für Verfehlungen ihrer Kolleginnen und Kollegen (Garantenstellung) – dann werden Sie feststellen müssen, dass es doch gut wäre sich mit dem Thema zu beschäftigen, das derzeit ein echtes gesundheits- und gesellschaftspolitisches Problemfeld darstellt. Auch Krankenkassen, Apothekerverbände, die Polizei und Staatsanwaltschaften haben sich mittlerweile Gedanken über sinnvolle Prävention aber auch verbesserte Nachweis-systeme und effektive repressive Aktionen gemacht. Warum?

Ca. 3 Millionen Arbeitnehmer nehmen regelmäßig leistungssteigernde und -fördernde Mittel ein

Laut DAK Erhebungen aus dem Jahr 2015 nehmen ca. 3 Millionen Arbeitnehmer regelmäßig leistungssteigernde und -fördernde Mittel ein. Fast 2.000 Kilogramm METHYLPHENIDAT (Anlage III zum BtMG), verarbeitet in Medikamenten gegen ADS, ADHS und Narkolepsie werden jährlich verordnet; illegale Bestellungen aus dem Internet sind dabei gar nicht berücksichtigt und schlummern meist im Dunkelfeld. Sportdopingmittel, Neuro-Enhancement Medikamente, Schmerzmittel, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen und viele andere Präparate zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass auch in ihrem privaten oder beruflichen Umfeld hochwirksame Mittel genutzt werden. Dazu kommen auch – häufiger als gedacht – illegale Drogen, die oftmals von jüngeren Mitarbeitern an Wochenenden konsumiert werden und deren Wirkung lange Zeit anhält.

Alle diese Mittel können beispielsweise Reaktion, Sehvermögen, Konzentration oder Wohlbefinden massiv und negativ beeinflussen und somit die Arbeits- und Verkehrssicherheit gefährden. Sie werden aber nur wenige oder gar keine Informationen in Statistiken zu Medikamentenmissbrauch finden; das gilt auch für Hellfeld-Statistiken, wie der PKS (Polizeilichen Kriminalstatistik).

Medikamentenabhängigkeit oder gar -sucht sind zum Großteil im Dunkelfeld verborgen, obwohl man in Fachkreisen von einer Zahl von mindestens 1,5 – 1,9 Millionen Medikamentenabhängigen ausgeht.

Natürlich werden Sie sich jetzt eine weitere berechtigte Frage stellen! Nämlich, wie Sie sich persönlich auf das landesweit feststellbare Phänomen einstellen können, vor allem wenn ihre berufliche Tätigkeit die Verantwortung für Mitarbeiter und/oder die Arbeits- und Verkehrssicherheit einschließt? Denn, „nicht Wissen, schützt vor Strafe nicht!“, lautet ein Sprichwort. Also was könnten Sie tun?

Erkannte Gefahr ist halbe Gefahr

Sie könnten sich – gemäß dem Motto „erkannte Gefahr, ist halbe Gefahr“ – informieren, wie es

um die Wahrscheinlichkeit bestellt ist, dass in ihrem persönlichen Umfeld ein Drogen- oder Medikamentenproblem, das auf die Arbeitssicherheit Einfluss nehmen könnte – evtl. in Verbindung mit Alkohol – auftritt.

Weiter könnten Sie sich Wissen über die wichtigsten Drogen und Medikamente, die sich negativ auf die Arbeits- und Verkehrssicherheit auswirken können, aneignen.

Zu wissen, welche rechtlichen und praktischen Möglichkeiten des Nachweises von Substanzmissbrauch bestehen, würde Ihnen den Umgang mit einem Substanz-Problem im Arbeitsumfeld erleichtern.

Letztlich wäre es hilfreich Strategien zu kennen, die angemessen und effektiv sind, wenn der Verdacht eines Substanzmissbrauchs im Raum steht. Die Möglichkeiten von Stufengesprächen sowie deren rechtliche Wichtigkeit zu kennen oder in einem Workshop zu üben, wäre auch sehr vorteilhaft.

Letztendlich sollten Sie überlegen, wie Sie persönlich angemessene und sinnvoll Prävention betreiben könnten, und zwar schon in der kleinsten Organisationseinheit.

Fazit

Ich gebe zu, dass es für Laien nicht ganz einfach ist, all die Aufgaben zu erfüllen, die das Arbeitsschutzgesetz und die Unfallverhütungsvorschriften fordern, wenn es um Drogen und Medikamente geht, und zudem dafür zu sorgen, dass keine Strafgesetze verletzt werden.

Dennoch ist es falsch, wenn das Thema als Tabu behandelt wird oder wenn Behörden- oder Unternehmensleitungen – ganz im Gegensatz zu Mitarbeitern der Personalabteilungen oder etwa des betrieblichen Gesundheitsmanagements – verneinen, dass es überhaupt ein Problem gibt.

Besser wäre es, dafür zu sorgen, dass sich Mitarbeiter in Seminaren mit Praktikern Basiswissen zur Thematik aneignen, um sich selbst und den Betrieb vor Schaden zu bewahren.

 

Hinweis der Redaktion: Der Verfasser ist Autor des Werkes »Drogen- und Substanzmißbrauch in Unternehmen«.

 

Franz Horst Wimmer

Kriminalbeamter im Drogen-Kommissariat, Hospitant im ärztlichen Bereich und Buchautor sowie Referent in Industrie und Wirtschaft

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