01.04.2019

LÜKEX 2018

Deutschland übt die Bewältigung einer Gasmangellage

LÜKEX 2018

Deutschland übt die Bewältigung einer Gasmangellage

Was tun bei einer länger andauernden Kältewelle mit einer polaren Kaltfront? | © Maksym Yemelyanov - stock.adobe.
Was tun bei einer länger andauernden Kältewelle mit einer polaren Kaltfront? | © Maksym Yemelyanov - stock.adobe.

Nach zwei Jahren Vorbereitung fand am 28. und 29. November 2018 die größte bundesweite Krisenmanagementübung mit über 2.000 Beteiligten statt. Nach dem Motto „In der Krise Köpfe kennen“ bewältigten Behörden und Unternehmen gemeinsam ein Szenario, welches zwar hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit als gering einzustufen ist, aber deren Schadensschwere in einem Eintrittsfall als besonders hoch zu bewerten ist. Im Vordergrund stand hierbei nicht nur die Übung selbst, sondern auch im Vorfeld die Identifizierung von Akteuren und die Netzwerkbildung sowie die fachliche Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex im Rahmen von Workshops.

LÜKEX

Im Zuge der gesamtgesellschaftlichen Krisenvorsorge sind Übungen für Verwaltung und Führungskräfte auf der strategischen Ebene von besonderer Bedeutung. Seit dem Jahr 2004 führt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Übungsserie LÜKEX (Länderübergreifende Krisenmanagement Exercise) durch (s.u.). Diese Form der Übung eignet sich als Instrument der Krisenvorsorge und für die Sensibilisierung von Führungskräften im Hinblick auf das Krisenmanagement. Damit können auch auf der politisch-administrativen Ebene Verfahren der Zusammenarbeit, vorhandene Krisenpläne sowie Strukturen erprobt werden. Dies dient der Weiterentwicklung und Professionalisierung des Krisenmanagements in der Bundesrepublik Deutschland.

Szenario

Das Szenario betrachtete eine länger andauernde Kältewelle mit einer polaren Kaltfront im süddeutschen Raum. Die Temperaturen sanken auf bis zu -25 Grad. Dies führte zu einer Nachfragesteigerung bei den Verbrauchern. Parallel traten infrastrukturelle Problemstellungen auf und eine Angebotsverknappung in der Gasversorgung, sodass erst die Wirtschaft und später dann die Bevölkerung betroffen war. Die Gaswirtschaft und die Bundesnetzagentur mussten über die Reduzierung des Gasverbrauchs und der Versorgung von geschützten Kunden entscheiden. Auch die betroffenen Ministerien und Behörden waren bei der Ereignisbewältigung gefragt.


Ein weiteres indirektes Risiko blieb unbetrachtet: Der Stromausfall. Einhergehend mit einer langanhaltenden Gasmangellage würde auch ein Stromausfall eintreten. Dieser würde jedoch das angenommene Szenario überschatten, sodass dieses Ereignis bewusst nicht eintrat.

Ziel der LÜKEX 2018

Die Zielstellungen der LÜKEX 2018 waren:

  • das Erkennen einer eventuellen fragmentierten Zuständigkeit im Gassektor auf der unternehmerischen und behördlichen Ebene,
  • das Erfordernis eines ressortübergreifenden Abstimmungserfordernisses,
  • das Erproben von strategischen Kommunikations- und Entscheidungsprozessen,
  • die Überprüfung der Führungs-, Ausbildungs- und Ausstattungsstrukturen,
  • die Kooperation zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen,
  • die Risiko- und Krisenkommunikation,
  • die Sensibilisierung für das Szenario „Gasmangellage“ sowie
  • die Netzwerkbildung.

Übungsbeteiligte

Die Bewältigung des Szenarios erforderte die Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Behörden, Wirtschaftsunternehmen und -verbänden. Insofern waren das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das BBK, die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen sowie die Länder Baden-Württemberg und Bayern beteiligt. Ergänzend wirkten verschiedene Unternehmen der Gaswirtschaft sowie deren Verbände mit.

Übungssteuerung

Das alleinige Szenario ist zwar eine Grundlage für eine Übung, reicht aber für deren Durchführung nicht aus. Auch wenn es sich bei der strategischen Krisenmanagementübung um eine frei verlaufende Übung handelt, so benötigt diese dennoch einen Rahmen. Die über 700 Einlagen, die den Verlauf der diesjährigen Übung darstellten, müssen eingespielt und gesteuert werden. Wesentlich hierfür ist eine Zentrale Übungssteuerung mit Übungsbeobachtern und Experten, die die Übung in ihrer Gesamtheit betrachten und organisieren sowie dezentrale Übungssteuerungen in den jeweiligen Bereichen, die für die einzelnen Krisenstäbe die Inhalte liefern.

Medien- und Öffentlichkeitsarbeit

Ein wesentlicher Bestandteil der Krisenbewältigung stellt die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit dar. Aus diesem Grund kommen neben den klassischen Medien zunehmend auch die sozialen Medien immer mehr bei dieser Übung zum Einsatz. Sie sollen die realistische Reaktion der Bevölkerung, der Betroffenen und der Politik darstellen, sodass der Handlungs- und Entscheidungsdruck erhöht wird.

Ausblick

Das Ergebnis der LÜKEX 2018 bleibt abzuwarten. Die während der Übung durchgeführte Dokumentation wird in den nächsten Wochen ausgewertet und mündet in einen Auswertungsbericht mit Handlungsempfehlungen. Der Erfolg ist aber bereits heute durch die fachliche und inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Thema gegeben. Durch die Übung wurden die Krisenmanagementstrukturen auf allen Ebenen erprobt und gestärkt. Die Themenworkshops haben auch gezeigt, dass der Vorbereitungsgrad auf derartige Situationen als hoch einzustufen ist. Die LÜKEX 2020 wird sich aufgrund der zunehmenden Aktualität wiederholt mit potentiellen Cyber-Angriffen und deren Auswirkungen auf den Staat und die Wirtschaft auseinandersetzen.

Übungsthemen 2004 – 2018

 

Prof. Marcel Kuhlmey

Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), Berlin
 

Heike Nagora

Polizeioberrätin und Polizeibeamtin des höheren Polizeivollzugsdienstes der Berliner Polizei. Ausbildungsleiterin an der Polizeiakademie Berlin für den mittleren, gehobenen und höheren Polizeivollzugsdienst. Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Diskutieren Sie über diesen Artikel

n/a