04.05.2017

Verbrauchsstiftungen im Kommen

Nutzung durch Kommunen zur Unterstützung von Flüchtlingen

Verbrauchsstiftungen im Kommen

Nutzung durch Kommunen zur Unterstützung von Flüchtlingen

Kommunen sollten das Instrument der Verbrauchsstiftungen gerade auch bei der Integration von Flüchtlingen nutzen lernen. | © imaginando - Fotolia
Kommunen sollten das Instrument der Verbrauchsstiftungen gerade auch bei der Integration von Flüchtlingen nutzen lernen. | © imaginando - Fotolia

»Wer Gutes tun will, muss es verschwenderisch tun!«

Stiftungen sind ein probates Mittel, wenn es darum geht, dauerhaft Gutes tun zu wollen. Wenn aber die Stiftungstätigkeit eingeschränkt werden muss, um das Vermögen der Ewigkeitsstiftung nicht zu gefährden, sollte man über eine Verbrauchsstiftung nachdenken – ganz im Sinne von Martin Luther, der dazu aufrief, mit dem Guten verschwenderisch umzugehen.

Stiftungen sind normalerweise für die Ewigkeit angelegt, denn laut Stiftungsrecht muss das einmal gestiftete Grundvermögen erhalten bleiben, und nur die Erträge dürfen für den Stiftungszweck eingesetzt werden – eine echte Herausforderung im inzwischen schon länger anhaltenden Niedrigzinsumfeld für die über 21 000 rechtsfähigen deutschen Stiftungen des bürgerlichen Rechts.

So gehen nach einer aktuellen PwC-Studie 95 Prozent der befragten Stiftungen davon aus, dass ihre Einnahmen in den nächsten vier bis fünf Jahren sinken werden. Entsprechend rechnen 82 Prozent damit, dass sie ihre Fördertätigkeit einschränken müssen. Die Möglichkeit, Stiftungsgelder in Aktien zu investieren, um ihr Kapital zu erhöhen, wird eher selten angewendet, da diese Vorgehensweise aufgrund des schwankenden Aktienmarktes stark risikobehaftet ist. Somit haben Stiftungen, die ihr Kapital sicher anlegen müssen, mittelfristig so gut wie keine Chance mehr, Erträge zu erwirtschaften. Und damit können sie auch nicht mehr ihrem Stiftungszweck – der Förderung gemeinnütziger oder mildtätiger Aufgaben – nachgehen.


Vor diesem Hintergrund gewinnen sogenannte Verbrauchsstiftungen immer mehr an Bedeutung. Die Zulässigkeit dieser Verbrauchsstiftungen hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 28. 03. 2013 (§ 80 Abs. 2 BGB) ausdrücklich geregelt. Danach kann neben den Kapitalerträgen auch mit dem Grundkapital gefördert werden. Ist das Vermögen – bestenfalls mit Erfüllung des Stiftungsziels – aufgezehrt, endet die Stiftung.

Allerdings ist die Umwidmung einer klassischen Stiftung in eine Verbrauchsstiftung rechtlich nicht ganz unproblematisch. Unmöglich ist es aber nicht, etwa wenn Zustiftungen zu erwarten sind, mit denen sich mögliche Kapitallücken wieder schließen lassen. Für eine Umwandlung wird in jedem Fall die Zustimmung der Stiftungsbehörden benötigt. Und deren Praxis ist einheitlich restriktiv. Der Vermögensverbrauch wird als Ultima Ratio betrachtet, der nur in Frage kommt, wenn sich die Stiftungszwecke nicht mehr anders erfüllen lassen.

Neugründen ist einfacher als umwandeln

Die Neugründung einer Verbrauchsstiftung ist hingegen ungleich einfacher. Dabei soll das Grundstockvermögen nach dem Willen des Stifters in einer bestimmten Zeitspanne ganz oder zum Teil für die Verwirklichung des Stiftungszwecks eingesetzt werden. In Deutschland wird das Instrument der Verbrauchsstiftung noch eher selten genutzt. Experten gehen aber davon aus, dass sich das in Zukunft ändern wird. Denn insbesondere auch für die Lösung mittelfristiger Probleme und Aufgaben – etwa die Bewältigung des Flüchtlingsaufkommens – ist die Verbrauchsstiftung ein probates Mittel zur Finanzierung. Gerade Kommunen und Kreise können damit einen Weg beschreiten, der ihnen viele interessante Möglichkeiten bietet. Prominentes Beispiel: die Stiftung zum Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden.

Allerdings ist grundsätzlich zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Stiftungen zu unterscheiden: Die privatrechtliche Stiftung ist in den §§ 80 ff. BGB geregelt. Die öffentlich-rechtlichen Stiftungen haben keine einheitliche gesetzliche Behandlung. Sie sind in das System der staatlichen Verwaltung eingegliedert und erfüllen öffentliche Aufgaben. Dabei können in beide Stiftungen die unterschiedlichsten Vermögenswerte einfließen, etwa Bankguthaben, Finanzanlagen, Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kunstwerte und alle möglichen sonstigen Sachwerte.

Verbrauchsstiftung als sinnvolles Instrument

Zu beachten ist in jedem Fall die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Ewigkeits- und Verbrauchsstiftung. So kann der Stifter einer Verbrauchsstiftung nur die allgemeinen spendenrechtlichen Abzugsbeträge des § 1 b Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen. Die Summe der Zuwendungen darf also zwanzig Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht überschreiten. Und der Sonderausgabenabzug von bis zu einer Million Euro darf im Gegensatz zu herkömmlichen Stiftungen nicht in Ansatz gebracht werden. Doch auch die Verknüpfung beider Stiftungsvarianten stellt eine Option dar: So kann in der Satzung durchaus geregelt werden, dass neben einem nicht verbrauchbaren Vermögen die Stiftung ergänzend mit einem zu verbrauchenden Vermögen ausgestattet wird.

Dass viele Berater dennoch selten zur Gründung einer Verbrauchsstiftung raten, liegt einerseits an der noch bestehenden Zurückhaltung bei der Anerkennung durch die Stiftungsaufsichtsbehörden, andererseits aber auch an der mangelnden Erfahrung mit der Gründung von Verbrauchsstiftungen. Das ist eigentlich schade, da der Gesetzgeber das Recht auf Errichtung einer Verbrauchsstiftung ausdrücklich geregelt hat. Insofern sollten Kommunen und Kreise dieses sinnvolle Instrument gerade bei der Integration von Flüchtlingen in ihre Überlegungen mit einbeziehen.

Rechtliche Anerkennung der Verbrauchsstiftung

Auch wenn Verbrauchsstiftungsmodelle in der Praxis bereits seit geraumer Zeit zum Einsatz kommen, wurde letztlich erst mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21. 03. 2013 Klarheit darüber geschaffen, dass diese auch rechtlich anzuerkennen sind. Wobei für die Anerkennung einer Verbrauchsstiftung sowohl das Bundes als auch das Landesrecht berücksichtigt werden müssen. Weitere Informationen zur unterschiedlichen Rechtslage gibt es auf: https://www.stiftungen.org/de/stiftungswissen/recht-undsteuern/landesstiftungsgesetze.html

Eine Verbrauchsstiftung ist wie jede Stiftung rechtsfähig, wenn unter anderem die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint. Dabei wird in der Regel von einer Mindestdauer der Stiftungstätigkeit von zehn Jahren ausgegangen.

Auch im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit hat eine Verbrauchsstiftung die gleichen Kriterien wie eine Ewigkeitsstiftung zu erfüllen: Die Stiftungstätigkeit muss auf die selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet ausgerichtet sein. Wobei statt gemeinnütziger auch mildtätige Zwecke verfolgt werden können. Die Flüchtlingsarbeit lässt sich jedenfalls unter diese Zwecke einordnen, wird daher als gemeinnützig anerkannt und fällt unter die Steuerbegünstigung.

Um die Gemeinnützigkeit nicht aberkannt zu bekommen, muss in der Satzung der Verbrauchsstiftung vermerkt werden, dass bereits während des Bestehens ein Teil des Stiftungskapitals ausgegeben werden darf. Wichtig ist dabei, dass auch bei der Verwendung des Vermögens die Gebote der Ausschließlichkeit (§ 56 Abgabenordnung), der Unmittelbarkeit (§ 57 AO) und der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) befolgt werden.

 

Dr. Stefan Berz

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Partner bei der Sozietät Kemper Czarske Berz (LKC), München
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