23.06.2025

Reform der Landesbauordnung

Der „Bau-Turbo“ in Baden-Württemberg

Reform der Landesbauordnung

Der „Bau-Turbo“ in Baden-Württemberg

Johannes - stock.adobe.com
Johannes - stock.adobe.com

Am 28. Juni 2025 tritt in Baden-Württemberg eine tiefgreifende Reform der Landesbauordnung (LBO) in Kraft, die das Potenzial hat, das Baugeschehen im Land grundlegend zu verändern. In Zeiten wachsender Wohnungsnot, komplexer Planungsverfahren und hoher bürokratischer Hürden verfolgt die Landesregierung mit der Novelle das Ziel, den Wohnungsbau zu beschleunigen, die Verwaltung zu entlasten und private sowie kommunale Bauvorhaben flexibler zu gestalten.

Im Kern bringt die Reform eine Reihe konkreter Maßnahmen, die vor allem Bauherren, Architekturbüros, Städte und Gemeinden entlasten sollen:

Genehmigungsfiktion: Baugenehmigung durch Fristablauf

Eine der bedeutsamsten Neuerungen ist die sogenannte Genehmigungsfiktion. Künftig gilt ein Bauantrag automatisch als genehmigt, wenn die zuständige Behörde nicht innerhalb von drei Monaten über das Gesuch entscheidet. Diese Regelung soll den Verfahrensstau in den Bauämtern reduzieren und Antragstellern mehr Planungssicherheit geben. Zugleich erhöht sie den Druck auf die Verwaltung, Fristen einzuhalten und effizienter zu arbeiten.


Abschaffung des Widerspruchsverfahrens: Direkter Weg vor Gericht

Eine weitere wichtige Änderung betrifft das bisherige Widerspruchsverfahren. Dieses wird ersatzlos gestrichen, sodass Streitigkeiten künftig direkt vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen werden müssen. Dies beschleunigt das Verfahren, birgt aber auch Risiken, da ein gerichtlicher Gang für Bürgerinnen und Bürger mit höherem Aufwand und Kosten verbunden sein kann.

Typengenehmigung: Schnellere Verfahren für Standardbauten

Mit der Einführung der Typengenehmigung wird ein Instrument etabliert, das vor allem bei wiederkehrenden Bauvorhaben wie modularen Wohnanlagen oder Fertighäusern greifen soll. Ein einmal geprüfter Gebäudetyp kann künftig landesweit vereinfacht genehmigt werden, was insbesondere Wohnungsbaugesellschaften und Projektentwicklern zugutekommt. Damit sollen serielles und modulares Bauen attraktiver und schneller realisierbar werden.

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Landesbauordnung für Baden-Württemberg – LBO

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Vereinfachungen für das Bauen im Bestand

Ein weiterer Fokus liegt auf dem Bauen im Bestand – also dem Umbau, der Sanierung und Erweiterung vorhandener Gebäude. Hier soll die Reform durch den Abbau aufwändiger Detailvorschriften und die Entschlackung von Auflagen dafür sorgen, dass Eigentümer flexibler modernisieren oder umnutzen können. Gerade im innerstädtischen Bereich, wo neue Flächen knapp sind, wird dies als strategisch sinnvoller Hebel angesehen.

Elektromobilität: Einfachere Genehmigung für Ladeinfrastruktur

Angesichts der Mobilitätswende wird künftig auch das Errichten von Ladestationen für Elektrofahrzeuge deutlich einfacher. Die dafür notwendigen Genehmigungsverfahren werden vereinheitlicht, verkürzt und teilweise überflüssig, was die flächendeckende Ausstattung von Wohnanlagen, Tiefgaragen und Gewerbebauten mit Ladepunkten erleichtern soll.

Lockerung der Abstandsflächenregelung

Die Reform sieht ebenfalls gelockerte Abstandsregelungen vor. Damit können Gebäude näher an die Grundstücksgrenze rücken, was gerade bei innerstädtischer Nachverdichtung, aber auch bei Reihenhaus- oder Doppelhausbebauung von Vorteil ist. Mehr Bebauungsfreiheit bedeutet gleichzeitig ein besseres Ausnutzen vorhandener Grundstücke und somit ein höheres Potenzial zur Wohnraumschaffung.

Überarbeitung der Spielplatzpflicht

Eine eher symbolische, aber in der Praxis spürbare Änderung betrifft die Pflicht zur Einrichtung von Kinderspielplätzen bei Neubauten. Diese Regelung wird entschärft und flexibler gestaltet, sodass auch alternative Konzepte wie gemeinschaftlich genutzte Spielflächen im Quartier oder öffentliche Spielplätze in der Nähe anerkannt werden können. Konkret bedeutet das: Die bisher starren Vorgaben zur Errichtung eines Spielplatzes auf dem jeweiligen Grundstück werden gelockert, um mehr planerische Freiheit zu ermöglichen. Damit reagiert die Reform auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und Bedürfnisse vor Ort und fördert bedarfsgerechtere, integrierte Lösungen, die sowohl städtebaulich als auch sozial nachhaltiger wirken.

Insgesamt zeigt die Landesregierung mit dieser Reform Gestaltungswillen und Problembewusstsein. Ob die erhoffte Beschleunigung des Wohnungsbaus tatsächlich eintritt, wird sich im Zusammenspiel von Planung, Genehmigungspraxis und Bauwirtschaft erweisen. Doch eines steht fest: Mit der Novelle der LBO wird ein bedeutender Schritt hin zu einem zeitgemäßeren, schlankeren und flexibleren Baurecht in Baden-Württemberg getan.

Zur Reform im Gesetzblatt für Baden-Württemberg vom 28.03.2025 (Nr. 25) „Gesetz für das schnellere Bauen“ https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/VB-BW-AD-GBl2025-25-1

Die Pressemitteilung des Landes Baden-Württemberg finden Sie unter: https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/reform-der-landesbauordnung-beschlossen

 
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