17.12.2018

Leuchtturmprojekte der Kommunen

Zulässigkeit und Organisation im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit

Leuchtturmprojekte der Kommunen

Zulässigkeit und Organisation im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit

Die kommunale Zusammenarbeit ermöglicht die Aufteilung von Verantwortung und Finanzierungsrisiken. ©Markus Zeller - stock.adobe.com
Die kommunale Zusammenarbeit ermöglicht die Aufteilung von Verantwortung und Finanzierungsrisiken. ©Markus Zeller - stock.adobe.com

Allgemeines zur wirtschaftlichen Betätigung und Zusammenarbeit der Kommunen

Die zunehmende interkommunale Zusammenarbeit soll nicht nur ergebnislose Ideenschmiede sein. Zugunsten der Bürger sollte sie vielmehr das Startbrett für die Deckung überregionaler Bedürfnisse im Bereich Pflege, Wohnungsbau, Tourismus und Energie sein. Die beteiligten Städte, Gemeinden und Landkreise sollten dabei natürlich noch etwas mitzureden haben. Zugunsten der Bürger sollten Leuchtturmprojekte erfolgreich umgesetzt werden, bis die Privatwirtschaft das Know-How oder die wirtschaftliche Planungssicherheit aufweisen kann und dann selbst tätig wird. Neben festen kommunalrechtlichen Grundsätzen gibt der Gesetzgeber den Beteiligten auch umfangreiche zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Entstehung und Umstrukturierung an die Hand. Diese werden nachfolgend dargestellt, um Projekte erfolgreich gestalt- und anpassbar zu machen.

Die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen ergibt sich aus deren Selbstverwaltungsrecht gem. Art. 28 Abs. 2 GG und den jeweiligen Landesverfassungen. Die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen unterliegt jedoch auch Grenzen, die sich überwiegend aus den kommunalwirtschaftlichen Vorschriften ergeben. Kommunen ist es daher grundsätzlich erlaubt, unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen und Grenzen, sich am Wirtschaftsleben nicht nur verwaltungsrechtlich zu organisieren, sondern sich auch in Privatrechtsformen zu beteiligen, so insbesondere z.B. Art. 86 – 93 BayGO, 102 – 108 BWGO, 107 – 115 NRWGO, 121 – 127b HessGO u.a. i.V.m. dem Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG).

Öffentlich-rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Die konkrete rechtliche Ausgestaltung, für die kommunale Zusammenarbeit und die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen richtet sich im Wesentlichen nach den Kommunalgesetzen der Länder, wie in Bayern nach der Gemeindeordnung, dem KommZG und der VGemO. Da sich die konkrete gesetzliche Ausgestaltung in den einzelnen Ländern unterscheidet, werden die Möglichkeiten der kommunalen Zusammenarbeit und der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen anhand der in Bayern geltenden Regelungen beispielhaft dargestellt. Das KommZG in Bayern stellt den Gemeinden abschließend die kommunale Arbeitsgemeinschaft, die Zweckvereinbarung, den Zweckverband und das (gemeinsame) Kommunalunternehmen als Form der gemeinsamen Zusammenarbeit zur Verfügung. Für welche Form der Zusammenarbeit sich die Kommune entscheidet, liegt grundsätzlich in ihrem Ermessen und ist nach verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten zu entscheiden.


Die kommunale Arbeitsgemeinschaft, an der sich nicht nur Kommunen, sondern auch Stiftungen und juristische Personen des Privatrechts beteiligen können, stellt die einfachste und eine unverbindliche Form der Zusammenarbeit dar, da ein Austritt der Beteiligten grundsätzlich jeder Zeit möglich ist und Beschlüsse keine Bindungswirkung entfalten. Sie dient der gegenseitigen Information und Beratung ohne Aufgaben- oder Befugnisübertragung und hat keine eigene Rechtspersönlichkeit.

Im Rahmen einer Zweckvereinbarung, an der sich nur Gebietskörperschaften auf gleicher Ebene beteiligen können, wird einer Gebietskörperschaft eine bestimmte Aufgabe oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängenden Aufgaben übertragen, ohne dass ein neuer Rechtsträger geschaffen wird. Mit der Aufgabenübertragung geht auch die Befugnis auf die übernehmende Körperschaft über, d.h. es findet ein Zuständigkeitswechsel statt. Die Übertragenden können sich lediglich Mitwirkungsrechte in Form von z.B. Zustimmungsrechten vorbehalten.

Die Zweckvereinbarung, als auch die Arbeitsgemeinschaft werden durch öffentlich-rechtlichen Vertrag gegründet.

Bei einem Zweckverband handelt es sich um eine mitgliedschaftlich verfasste Körperschaft des öffentlichen Rechts und um einen Kommunalverband, weshalb ihm mindestens eine Gebietskörperschaft angehören muss. Bei einem Zweckverband schließen sich Gemeinden, Landkreise und Bezirke zusammen, um diesem einzelne Aufgaben oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängenden Aufgaben zu übertragen. Bei den Mitgliedern eines Zweckverbandes muss es sich nicht zwingend um Gebietskörperschaften handeln, sondern es ist auch die Beteiligung von anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts möglich. Ebenso können natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts Mitglieder eines Zweckverbandes sein, wenn die Erfüllung der Verbandsaufgabe dadurch gefördert wird und Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen.

Eine weitere Möglichkeit der kommunalen Zusammenarbeit ist das gemeinsame Kommunalunternehmen. Voraussetzung ist, dass hierdurch ein öffentlicher Zweck erfüllt wird. Eine Beteiligung Dritter ist allerdings nicht unmittelbar möglich. Das gemeinsame Kommunalunternehmen ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und die Zulässigkeit und der Beitritt bemisst sich nach dem kommunalen Unternehmensrecht der Gemeindeordnungen. Vorteil eines Kommunalunternehmens ist, dass die Kommunen die Möglichkeit haben, die Steuerung des Unternehmens nach ihren Bedürfnissen flexibel anzupassen. Weitere Vorteile sind die Übertragung von Aufgaben und nicht nur deren Durchführung, die Übertragung hoheitlicher Befugnisse und die Anwendbarkeit des Personalvertretungsrechts. Das Kommunalunternehmen ist eine eigene Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts. Ein notarieller Vertrag wie bei der GmbH ist nicht notwendig.

Zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Die Frage der zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und umfangreiche Voraussetzungen für Kommunen ergeben sich aus den Gemeindeordnungen der Länder (siehe oben).

Zu beachten ist stets, dass eine wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn die Privatwirtschaft hierdurch keinen Schaden erleidet und sie dadurch einen anerkannten öffentlichen Zweck erfüllt. Als öffentlicher Zweck kommen hierbei z.B. der soziale Wohnungsbau (Wohnungsbaugesellschaften), die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Licht, Gas und elektrischer Kraft (Stadtwerke), öffentliche Bäder, sowie Volkshochschulen in Betracht. Außerdem muss stets der gemeindliche Einfluss in der Gesellschaft sichergestellt sein.

Für den sozialen Wohnungsbau oder Stadtwerke bietet sich insbesondere die GmbH als haftungsbeschränkte Privatrechtsform an. Die GmbH hat schließlich nicht nur den Vorteil einer zur Finanzkraft der individuellen Gemeinde angemessenen Haftungsbeschränkungsmöglichkeit, sondern erweist sich auch hinsichtlich der einzusetzenden Gremien als äußerst flexibel gestaltbar.

So können sich mehrere Nachbargemeinden zur Umsetzung überregional bedeutsamer und oftmals auch investitionsintensiver Vorhaben zusammenschließen. GmbH-Mitgesellschafter können auch Vereine und Stiftungen sein. Denkbar ist insbesondere im Bereich Energie auch die Mitbeteiligung der Privatwirtschaft. Tendenziell sollte jedoch keine Vermischung von Gemeinden und Privatwirtschaft stattfinden.

Sollten kleinere Gemeinden mit einer größeren Stadt eine Gesellschaft gründen, so empfiehlt sich oftmals die Regelung einer Sperrminorität zugunsten kleinerer Mitgesellschafter, damit diese bei grundsätzlich bedeutsamen Entscheidungen für ihre Gemeinde das Vorhaben im Notfall verhindern können. Ansonsten sieht das GmbHG das einfache Mehrheits- und vereinzelt qualifizierte Mehrheitsprinzip (3/4 Mehrheit) vor, sodass kleinere Anteilseigner – politisch heikel – juristisch überrollt werden können. Umgekehrt gilt es zu bedenken, dass eine Sperrminorität oder Einstimmigkeit die Gesellschaft auch im Geschäftsbetrieb und dessen -entwicklung enorm blockieren kann. Hier sollten schlechte Zeiten vorgeregelt sein, auch wenn man auf deren Ausbleiben hoffen mag.

Ebenso bietet es sich regelmäßig an, einen Aufsichts- und/oder Beirat zu installieren, wobei jeder Mitgesellschafter ein Mitglied stellen kann. So wird auch der gemeindliche Einfluss sichergestellt. Dieser sollte in der Regel als kontrollierendes und beratendes Gremium installiert werden, kann jedoch auch quasi mitgeschäftsführend vereinbart werden.

Für caritative Alten- und Pflegeheime bietet sich wegen ihrer Gemeinnützigkeit gemäß § 52 AO sogar die Sonderform der steuerbegünstigten gGmbH an.

Bei einer gemeinnützigen GmbH müssen jedoch die deutlich erhöhten Satzungsvoraussetzungen, insbesondere zum Satzungszweck und zu deren Verwirklichung gemäß § 60 AO genau eingehalten werden.

Außerdem sollten für die für große Kapitalgesellschaften geltenden Jahresabschluss- und Lageberichtsvorschriften vereinbart werden. Insoweit empfiehlt sich unter anderem eine engere Zusammenarbeit z.B. mit dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband.

Bei der Bauherrengemeinschaft einer Gemeinde z.B. mit einem Sportverein zur Errichtung einer Sporthalle kann ebenso die haftungsunbeschränkte Rechtsform der GbR vereinbart werden, bedarf dann jedoch mangels gesetzlicher Haftungsbeschränkung einer bei der Rechtsaufsichtsbehörde zu beantragenden begründeten Befreiung von der Haftungsbegrenzung gemäß Art. 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 BayGO. Schließlich ist die Haftung der Gemeinde grundsätzlich auf einen bestimmten, ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag zu begrenzen.

Für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Tourismusbereich steht Gemeinden z.B. auch die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) zur Verfügung, die einer – haftungsunbeschränkten – OHG weitgehend gleichgestellt ist und zeitweise förderfähig war. Von Gesetzes wegen gilt bei der EWIV mangels anderer vertraglicher Vereinbarungen das Einstimmigkeitsprinzip, was Änderungen und Anpassungen einer einstmals gegründeten EWIV erheblich erschwert.

Außerdem ist in der Regel der Rechtsaufsichtsbehörde das Vorhaben vor dessen Durchführung anzuzeigen. Es empfiehlt sich daher eine gründliche Vorbereitung und Koordination mit der Rechtsaufsichtsbehörde.

Checkliste

Dementsprechend wichtig sind aus gesetzlichen und praktischen Gründen detaillierte vertragliche Vereinbarungen zu:

  • Satzungszweck (öffentlicher Zweck)
  • Haftungsbeschränkung (möglichst ohne Nachschusspflicht und auf die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Gemeinde als Mitgesellschafter angemessen beschränkt)
  • Stimmrechtsverteilung und -erfordernisse inkl. Sperrminoritäten
  • Aufnahme, Übertragung und Beendigung der Mitgliedschaften,
  • Befugnisse von Geschäftsführung und Gremienmitgliedern (Aufsichtsrat und/oder Beirat) mitsamt Amtsdauer und Beendigungsmöglichkeiten und -gründe
  • Anwendbarkeit der Vorschriften für große Kapitalgesellschaften zu Jahresabschluss, Lagebericht und Bezüge

Aussichten und Ergebnis

Aufgrund der zunehmenden Regionalisierung und den aktuellen Bestrebungen zur Rekommunalisierung gewinnt die kommunale Zusammenarbeit an Wichtigkeit. Die kommunale Zusammenarbeit ermöglicht die Aufteilung von Verantwortung und Finanzierungsrisiken und das gleichzeitige Ausschöpfen überörtlicher technischer, finanzieller und personeller Ressourcen. Teilweise existieren sogar Staatsverträge zwischen den einzelnen Bundesländern, wodurch auch eine landesübergreifende Zusammenarbeit möglich wird.

 

Lina Maschke

Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin, Meidert & Kollegen Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, München
 

Stefan Kus

Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator (cvm), Meidert & Kollegen Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Augsburg

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