24.01.2017

Infrastruktur für Elektromobilität

Ein wichtiger Baustein für den Aufbau ist die Ladesäulenverordnung

Infrastruktur für Elektromobilität

Ein wichtiger Baustein für den Aufbau ist die Ladesäulenverordnung

Infrastruktur für Elektromobilität
Elektromobilität gewinnt Land.

Die Elektromobilität schreitet mit großen Schritten voran. Die Automobilhersteller, zuletzt auch die deutschen Automobilhersteller, überschlagen sich mit Ankündigungen neuer Fahrzeuge und legen große Hoffnungen in diese Zukunftstechnologie. Die Ursachen hierfür sind wie stets multi-kausal. Einen nicht unerheblichen Anteil an dieser jüngsten Entwicklung dürften aber diverse Skandale der vergangenen Jahre sowie eine immer greifbarer werdende Regulierung auf europäischer Ebene haben. Schließlich rückte in jüngster Zeit die Vermeidung lokaler Immissionen ins Zentrum urbaner Verkehrspolitik. Einen emissionsfreien Individualverkehr bietet letztlich nur die Elektromobilität. Neben neuen attraktiven Fahrzeugen bedarf es zu einer Marktdurchdringung der Elektromobilität einer flächendenkenden Ladeinfrastruktur zur Versorgung der Elektrofahrzeuge. Anders als Verbrennungsfahrzeuge sollten Elektrofahrzeuge regelmäßig und bei jeder Gelegenheit »betankt« werden können, um stets die maximale Reichweite beim Fahrtantritt zur Verfügung zu haben. Die wesentlichen Vorgaben an öffentlich zugängliche Ladesäulen enthält eine am 09.10.2016 verkündete Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums, die gegenwärtig novelliert wird und hier im Überblick vorgestellt werden soll.

Aktuelle Vorgaben der Ladesäulenverordnung

Am 09.03.2016 hat das Bundeswirtschaftsministerium die Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile (Ladesäulenverordnung – LSV) verkündet, die tags darauf in Kraft getreten ist. Mit dieser Verordnung werden insbesondere technische Mindestanforderungen rechtsverbindlich umgesetzt, die von der Europäischen Union mit der Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Richtlinie 2014/94/EU) vorgegeben wurden. Zu beachten ist zuvorderst, dass sich die Ladesäulenverordnung und die dort niedergelegten Vorgaben nur an »öffentlich zugängliche« Ladepunkte richtet. Private Ladeinfrastruktur, die nicht öffentlich zugänglich ist, muss nicht die Anforderungen der Ladesäulenverordnung einhalten. Ein Ladepunkt ist öffentlich zugänglich, wenn er sich entweder im öffentlichen Straßenraum befindet oder auf privatem Grund, wenn der zum Ladepunkt gehörende (Privat-)Parkplatz von einem unbestimmten oder nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis tatsächlich befahren werden kann (§   2 Nr.  9 LSV). Nach der Begründung zur Ladesäulenverordnung richtet sich die öffentliche Zugänglichkeit eines Ladepunktes nach der Zugänglichkeit zum Parkplatz. Darf ein Parkplatz im Grunde von jedermann befahren werden (bspw. Kundenparkplätze), ist der zugehörige Ladepunkt »öffentlich zugänglich«. Andererseits sind private Ladepunkte in Carports oder privaten Garageneinfahrten grundsätzlich nicht öffentlich zugänglich. Im Übrigen sind von den Vorgaben der Ladesäulenverordnung alle Ladesäulen ausgenommen, die vor dem 17.06.2016 in Betrieb genommen worden sind. Diese Ladesäulen müssen die technischen Mindestanforderungen nicht einhalten, sind aber auch der Bundesnetzagentur anzuzeigen.

Die Ladesäulenverordnung differenziert bei den technischen Anforderungen zwischen Normalladeinfrastruktur und Schnellladeinfrastruktur. Normalladeinfrastruktur liegt vor, wenn mit höchstens 22 kW Ladeleistung Strom übertragen werden kann. Schnellladeinfrastruktur beginnt ab einer Ladeleistung von mehr als 22 kW. An Normalladeinfrastruktur muss jeder Ladepunkt mindestens mit Steckdosen des Typs 2 (DIN EN 62196-2) ausgerüstet werden. Gleiches gilt für Schnellladeinfrastruktur mit Wechselstromladung. Bei Schnellladeinfrastruktur mit Gleichstromladung muss jeder Ladepunkt mindestens mit Kupplungen des Typs Combo 2 (DIN EN 62196-3) ausgerüstet werden. Darüber hinaus setzt die Ladesäulenverordnung die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde ein. Ihr gegenüber müssen alle Betreiber von öffentlich zugänglichen Normal- und Schnellladesäulen den Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladesäulen anzeigen und durch Beifügung geeigneter Unterlagen die Einhaltung der technischen Anforderungen an Schnellladeinfrastruktur nachweisen. Ferner ist der Bundesnetzagentur unverzüglich jede Außerbetriebnahme von Ladepunkten anzuzeigen. Sollten technische Anforderungen nicht eingehalten oder Anzeigepflichten nicht nachgewiesen werden, kann die Bundesnetzagentur den Betrieb der Ladepunkte untersagen.


Novellierung der Ladesäulenverordnung

Bereits §  1 LSV stellt dar, dass die aktuelle Ladesäulenverordnung noch in einer Folgeverordnung um die weiteren Aspekte des Betriebs von Ladepunkten, insbesondere Authentifizierung, Nutzung und Bezahlung, ergänzt werden muss. Auch diese Aspekte sind Gegenstand der Richtlinie 2014/94/EU und hätten bis zum 18.11.2016 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die angekündigte Folgeverordnung ist zwischenzeitlich fertiggestellt und derzeit (Stand Dezember 2016) zur Notifizierung bei der Europäischen Kommission. Mit einem Inkrafttreten der Änderungen ist im Frühjahr 2017 zu rechnen. Zentrale Neuerung werden Mindestvorgaben zum sog. punktuellen Aufladen sein. Dies sind alle Ladevorgänge ohne Dauerschuldverhältnis mit dem Ladesäulenbetreiber – also das sog. »vertragslose Laden«. Hier sind vier alternative Mindestvorgaben vorgesehen. Ohne Authentifizierung der Nutzer wird den Mindestvorgaben genügt, wenn der Strom an der Ladesäule verschenkt wird oder gegen Bezahlung mit Bargeld entweder an der Ladesäule selbst oder in unmittelbarer Nähe abgegeben wird (Geldautomat im Parkhaus, Kassenhäuschen, Tankstelle). Bei bargeldlosen Bezahlvorgängen (dann mit Authentifizierung) können die Mindestvorgaben durch ein gängiges kartenbasiertes Bezahlsystem (EC-, Kreditkarte) an der Ladesäule oder in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt eingehalten werden oder mittels eines webbasierten Systems (App, QR-Code, SMS-Freischaltung etc.). Im Übrigen soll auch künftig an den Ausnahmen für 3,7 kW Anlagen festgehalten werden, um einen flächendeckenden Ausbau im niederschwelligen Low-Cost Bereich nicht zu behindern.

Fazit

Die Ladesäulenverordnung stellt einen wichtigen Baustein zum Aufbau der dringend erforderlichen, öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur dar. Erfreulich ist vor allem, dass es gelungen ist, die Mindestvorgaben zum punktuellen Laden sowohl benutzer- als auch industriefreundlich auszugestalten. Der Fokus liegt eindeutig auf der Ermöglichung niederschwelliger Geschäftsmodelle, die eine größtmögliche Skalierung an Ladepunkten versprechen. Zu einem zügigen Aufbau von Ladeinfrastruktur dürfte im nächsten Jahr sicher auch das bereits angekündigte Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums beitragen. Mit einem Fördervolumen von 300 Mio. Euro soll der Aufbau öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur, sowohl Normal- als auch Schnellladeinfrastruktur, ab Frühjahr 2017 massiv (bis zu 60 % Förderanteil) gefördert werden. Auch dieses Förderprogramm ist derzeit zur Novellierung bei der Europäischen Kommission, dürfte aber im Frühjahr 2017 bekannt gemacht werden. Insgesamt zeichnet sich damit auch bei der notwendigen Infrastruktur eine erhebliche Intensivierung aller Bemühungen ab um eine schnelle Marktdurchdringung zu ermöglichen. Bleibt zu hoffen, dass alle diese Maßnahmen und Angebote am Ende das entscheidende Publikum überzeugt: die Autofahrer.

 

Christian Alexander Mayer

Rechtsanwalt, Noerr LLP, München,
Lehrbeauftragter für Umweltrecht & Regulierung (Universität Stuttgart)
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