19.09.2022

Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz

Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen

Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz

Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen

Ein Beitrag aus »RdW – Das Recht der Wirtschaft« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW – Das Recht der Wirtschaft« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

 

Nun liegt der Referentenentwurf zum Vierten Corona-Steuerhilfegesetz1 vor. Nachfolgend wird ein Überblick über die wesentlichen Neuregelungen und Änderungen dargestellt.

Die anhaltenden, pandemiebedingten Einschränkungen stellen für eine Vielzahl von Unternehmen, aber auch für Bürger eine erhebliche Belastung dar. Aus diesem Grund möchte auch der Steuergesetzgeber weitere Erleichterungen schaffen bzw. verlängern. Zusätzliche Investitionsanreize werden unter anderem mit der Verbesserung der Möglichkeiten der Verlustverrechnung und der Verlängerung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie der steuerlichen Investitionsfristen gesetzt. Gleichzeitig wird insbesondere die herausragende Leistung der Pflegekräfte durch einen steuerfreien Corona-Bonus auch finanziell honoriert. Auch wichtige Instrumente wie die Homeoffice-Pauschale, die Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen werden noch einmal verlängert.

 § 3 Nr. 11b EStG – E: Steuerfreie Pflegepauschale

Die besonderen Arbeitsbedingungen aufgrund der fortdauernden SARS-CoV-2-Pandemie und die Versorgung von mit dem Coronavirus infizierten Personen stellen insbesondere für Pflegekräfte besondere Herausforderungen dar. Für die in Krankenhäusern auf Intensivstationen tätigen Pflegekräfte soll deshalb eine Prämie als finanzielle Anerkennung gewährt werden (Pflegebonus). Die Auszahlung soll durch den Arbeitgeber erfolgen, und die Kosten sollten durch den Bund erstattet werden. Die Länder planen teilweise auch eigene Prämienzahlungen.


Um die finanzielle Wirkung der Prämie zu optimieren, soll sie in Höhe von 3.000 € steuerfrei sein. Anspruchsberechtigt sollen auch weitere in Krankenhäusern sowie in Pflegeeinrichtungen und -diensten tätige Arbeitnehmer sein. Dies schließt unter anderem auch in den in Satz 2 genannten Einrichtungen tätige Auszubildende, Freiwillige im Sinne des § 2 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes und Freiwillige im Sinne des § 2 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes im freiwilligen sozialen Jahr ein.

Vorgesehen ist die erstmalige Anwendung für den Veranlagungszeitraum 2021, da der Auszahlungszeitraum vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 begünstigt ist.

§ 37 und § 52 Abs. 35d EStG-E: Nachträgliche Anpassung der Vorauszahlungen

Für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2022 ist eine Folgeänderung zu den verlängerten Abgabefristen nach § 149 AO vorgesehen. Zeichnet sich bei der Erstellung der Steuererklärung eine größere Steuernachzahlung ab, kann ein Antrag auf Festsetzung einer nachträglichen Vorauszahlung in Betracht kommen. Damit soll vermieden werden, dass die Nachzahlung in die Verzinsung nach § 233a AO fällt.

Im Normalfall ist hierfür durch die Frist von 15 Monaten am 31. März des Zweitfolgejahres (bzw. 23 Monaten bei Land- und Forstwirten mit überwiegenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft) ausreichend Zeit. Aufgrund der durch dieses Gesetz für den Veranlagungszeitraum 2020 erneut und für die Veranlagungszeiträume 2021 und 2022 erstmals verlängerten Steuererklärungsfristen sollen auch die Fristen des § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG entsprechend angepasst werden. Nach § 31 Abs. 1 KStG-E soll die Regelung auch für die Körperschaftsteuer gelten.

§ 3 Nr. 28a EStG-E: Steuerbefreiung der AG-Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld

§ 3 Nr. 28a EStG wurde durch das Corona- Steuerhilfegesetz vom 16.6.20202 eingeführt und durch das Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.20203 (BGBl. I S. 3096) verlängert. Die Regelung sieht in seiner aktuellen Fassung eine begrenzte und befristete Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld vor. Die Befristung soll um drei Monate verlängert werden. Die Steuerfreiheit wird damit für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 01.04.2022 enden, gelten. Anzuwenden ist sie erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022.

§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG-E: Degressive AfA für bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter

Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zur Unterstützung der Wirtschaft in Zeiten pandemiebedingter, wirtschaftlicher Unsicherheiten und sonstiger Erschwernisse eingeführt. Die Regelung wurde zunächst auf in den Jahren 2020 und 2021 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens begrenzt.

Die degressive Abschreibung kann anstelle der linearen Abschreibung in Höhe von bis zu dem 2,5-Fachen der linearen Abschreibung, höchstens 25 %, in Anspruch genommen werden. Aufgrund der anhaltenden pandemiebedingten, wirtschaftlichen Belastungen soll als konjunkturstützende begleitende Maßnahme die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung auch weiterhin für die im Jahr 2022 angeschafften oder hergestellten beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ermöglicht werden. Soweit für ein bewegliches Wirtschaftsgut auch die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG vorliegen, können diese neben der degressiven Abschreibung in Anspruch genommen werden.

§ 10d Abs. 1 EStG-E: Verlustrücktrag

In der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass der Verlustrücktrag positive Effekte auf die Liquidität von Unternehmen haben kann. Dies trägt zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung von Unternehmen und der Volkswirtschaft insgesamt bei. Ab dem Verlustentstehungsjahr 2022 soll nun einem nachdrücklichen Wunsch nachgegeben werden, den Verlustrücktrag von einem auf zwei Jahre zu erweitern. Zudem werden die mit dem Dritten Corona-Steuerhilfegesetz vom 17.3.20214 (BGBl. I Seite 330) auf 10 Mio. € bzw. auf 20 Mio. € für nach den §§ 26, 26b StG zusammenveranlagte Ehegatten angehobenen Betragsgrenzen beim Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) für die Veranlagungszeiträume 2022 und 2023 beibehalten.

Die Änderung wird dazu führen, dass nicht bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2022, sondern erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 die Betragsgrenzen auf den alten Rechtsstand von 1 Mio. € bzw. 2 Mio. € für zusammenveranlagte Ehegatten zurückgeführt werden.

Zur Vermeidung eines übermäßigen Anstiegs des Verwaltungsaufwands und zur Vereinfachung des Steuerrechts soll in diesem Zusammenhang aber zugleich das bislang für den Verlustrücktrag dem Grunde nach bestehende Wahlrecht eingeschränkt werden. Das heißt, auf die Anwendung des Verlustrücktrags kann ab dem Verlustentstehungsjahr 2022 auf Antrag nur noch insgesamt verzichtet werden, nicht mehr der Höhe nach teilweise. Die Erweiterungen des Verlustrücktrags gemäß § 10d Abs. 1 EStG gelten auch für die Körperschaftsteuer.

§ 4 Abs. 5 Satz 4 EStG, § 52 Abs. 6 Satz 15 EStG-E: Homeoffice-Pauschale

Die in der Corona-Pandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale soll um ein Jahr bis zum 31.12.2022 verlängert werden. Damit wird eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Die mit dem Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.20205 eingeführte Homeoffice-Pauschale ist bis zum 31.12.2021 befristet. Mit der Homeoffice-Pauschale besteht für die Steuerpflichtigen in der Corona-Pandemie eine einfache und unbürokratische Möglichkeit, Aufwendungen für die Arbeit in der Wohnung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen zu können. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass Aufwendungen für das Wohnen grundsätzlich steuerlich unbeachtlich sind und die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht mindern dürfen. Grundsätzlich sind nur solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die betrieblich oder beruflich veranlasst sind.

Insofern sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch nur in engen Grenzen abziehbar. Bei der Homeoffice-Pauschale ist dagegen nicht zu prüfen, ob und in welchem Umfang dem Steuerpflichtigen durch die häusliche Tätigkeit überhaupt ein Mehraufwand entstanden ist. Insofern ist sowohl eine Befristung als auch eine Begrenzung der abziehbaren Aufwendungen auf den Betrag von 600 € sachgerecht. Die weiterhin andauernde Corona-Pandemie sowie die auch in 2022 bestehende befristete Angebotspflicht der Arbeitgeber für  das Homeoffice machen eine zeitliche Verlängerung über den 31.12.2021 hinaus erforderlich.

§ 6b, § 52 Abs. 14 Satz 4, 5 und Satz 6 EStG-E: Erneute Verlängerung der Reinvestitionsfristen

Mit der Regelung werden die Reinvestitionsfristen des § 6b EStG um ein weiteres Jahr verlängert. Sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 28.02.2020 und vor dem 01.01.2023 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und in diesem Zeitraum nach § 6b Abs. 3 Satz 5, Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 5 oder Abs. 10 Satz 8 EStG aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2024 endenden Wirtschaftsjahres. Dies soll einerseits die Liquidität der Unternehmen im weiteren Verlauf der anhaltenden COVID- 19-Pandemie erhalten, indem in diesem Zeitraum keine Reinvestitionen zur Vermeidung der Rücklagenauflösung mit Gewinnzuschlag erzwungen werden. Andererseits soll durch die weitere Verlängerung bei Reinvestitionen dem Umstand Rechnung getragen werden, dass aufgrund von Lieferengpässen die Fertigstellung von Reinvestitionsgütern nicht fristgerecht erfolgen kann.

§ 7g, § 52 Abs. 16 Satz 3, 4 und Satz 5 EStG-E: Erneute Verlängerung der Investitionsfrist

Investitionsabzugsbeträge sind grundsätzlich bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzuges folgenden Wirtschaftsjahres für begünstigte Investitionen zu verwenden. Andernfalls sind sie rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 Satz 1 EStG). Infolge der Corona-Pandemie wurde die Frist für in 2017 und 2018 abgezogene Beträge um ein bzw. zwei Jahre auf vier bzw. fünf Jahre verlängert.

Infolgedessen können begünstigte Investitionen nicht nur bis 2020, sondern auch noch in 2022 getätigt werden. Aufgrund der anhaltenden Corona-Einschränkungen und den damit auch verbundenen Lieferschwierigkeiten sind in vielen Fällen aber auch Investitionen in 2022 nicht möglich. Zur Vermeidung negativer Effekte und zum Erhalt der Liquidität der Unternehmen, wird die Frist für Investitionsabzugsbeträge, deren dreijährige oder bereits verlängerten Investitionsfristen in 2022 auslaufen, um ein weiteres Jahr auf vier, fünf oder sechs Jahre verlängert. Dadurch haben Steuerpflichtige, die in 2022 investieren wollen, aber wegen der Corona-Krise möglicherweise nicht investieren können, die Möglichkeit, die Investitionen in 2023 ohne negative steuerliche Folgen (Rückgängigmachung, Verzinsung der Steuernachforderung) nachzuholen.

 § 36 Abs. 3 ff. EStG-E

Die Corona-Pandemie stellt die Angehörigen der steuerberatenden Berufe weiterhin vor zusätzliche Anforderungen. Denn sie unterstützen Unternehmer nicht nur bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten, sondern auch bei der Inanspruchnahme steuerlicher Erleichterungen und bei der Beantragung unter anderem von Corona-Hilfsleistungen des Bundes und der Länder. Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen wird um weitere drei Monate verlängert. Hieran anknüpfend werden auch die Erklärungsfristen für 2021 und 2022 verlängert, jedoch in geringerem Umfang (§ 36 EStG). Geplant sind folgende Fristen (siehe Tabelle auf S. 314).

§ 41a EStG-E: Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt

Der Registerbezug beim Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt wird zur Umsetzung einer Vereinbarung mit der EU-Kommission vom Inland auf EU/EWR-Staaten erweitert (§ 41a Abs. 4 Satz 2 EStG-E). Die erneute Änderung der Vorschrift dient der Umsetzung der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission vom 22.06.2021. Nach Erteilung der Genehmigung findet das Gesetz zur Verlängerung des erhöhten Lohnsteuereinbehalts in der Seeschifffahrt vom 12.05.2021 zwar Anwendung. Die EU-Kommission erteilte die Genehmigung allerdings mit der Maßgabe, dass das Erfordernis der Eintragung in einem Seeschiffsregister diskriminierungsfrei ausgestaltet werde. Die mit dem Gesetz vorgesehene Fassung entspreche nicht dieser Anforderung, da Eigner, deren Handelsschiffe in einem Register eines anderen EU- oder EWR-Staates eingetragen sind, benachteiligt seien, ohne dass es hierfür eine ausreichende Rechtfertigung gebe.

Die geänderte Regelung war daher schon bisher mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Eintragung in einem inländischen Seeschiffsregister die Eintragung in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaates der EU oder eines EWR-Staates anwendbar ist, tritt. Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs in Bezug auf die Registereintragung soll nun gesetzlich umgesetzt werden.

Die Neuregelung soll erstmals für laufenden Arbeitslohn, der für einen ab dem 01.06.2021 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die ab dem 01.06.2021 zufließen, gelten.

 

Besprochen im RdW 7/2022, Rn. 101.

 

1 Entwurf eines Gesetzes eines Vierten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz).

2 BGBl I 2020 S. 1385.

3 BGBl I 2020 S. 3096.

4 BGBl I 2021 S. 330.

5 BGBl I 2020 S. 3096.

 

Christian Kubik

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
 

Birgit Reindl

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
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