Innovative Gesundheitsversorgung: Chancen und Herausforderungen des Einsatzes von Telemedizin und KI im ländlichen Raum
Bericht vom 9. Deutschen Sozialgerichtstag
Innovative Gesundheitsversorgung: Chancen und Herausforderungen des Einsatzes von Telemedizin und KI im ländlichen Raum
Bericht vom 9. Deutschen Sozialgerichtstag

Beim 9. Deutschen Sozialgerichtstag (DSGT) am 7. und 8.11.2024 im Bundessozialgericht in Kassel stand unter anderem ein Thema im Mittelpunkt, das die Zukunft der Gesundheitsversorgung entscheidend prägen könnte: Die Kombination von Telemedizin und künstlicher Intelligenz (KI), insbesondere im ländlichen Raum. Unter dem Titel „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum – Digitalisierung und KI als ‚Lückenfüller‘?“ präsentierten die Kommissionen SGB V und Ethik gemeinsam innovative Ansätze und beleuchteten ihre rechtlichen, ethischen und praktischen Dimensionen.
Die Herausforderungen der ärztlichen Versorgung
Professor Wilhelm Niebling legte die Problematik der medizinischen Versorgung in schrumpfenden Landkreisen und der sich verändernden Krankenhauslandschaft dar. Der Ärztemangel, insbesondere bei Hausärzten, verschärft sich durch veränderte berufliche Prioritäten wie Work-Life-Balance und zunehmende Spezialisierung. Telemedizinische Lösungen könnten eine wichtige Ergänzung darstellen, da sie es ermöglichen, Ärztinnen und Ärzte auch aus dem Homeoffice einzubinden und so die Versorgung zu sichern.
Telemedizin: Rechtliche und ethische Implikationen
Juraprofessorin Friederike Malorny skizzierte den rechtlichen Rahmen der hardwaregestützten Telemedizin. Sie betonte, dass die Qualität der Behandlung trotz physischer Distanz gewährleistet werden muss. Dies erfordert geschultes Pflegepersonal und klare Vorgaben, beispielsweise durch Regelungen in den Bundesmantelverträgen der Ärzte (BMV-Ä).
Die ethischen Herausforderungen thematisierte Professor Peter Dabrock: KI-gestützte Technologien tragen Verantwortung nicht nur für ihre Anwendung, sondern auch für ihre sinnvolle Weiterentwicklung. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal sowie Patientinnen und Patienten sei essenziell, um Entfremdung zu vermeiden und Vertrauen aufzubauen. Auch die Solidarität der Patientinnen und Patienten, ihre Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken bereitzustellen, sei unerlässlich, solange datenschutzrechtliche Standards gewahrt bleiben.
Praxisbeispiele und Leitsätze für gute Telemedizin
Petra Oldenburg (AOK Nordost) und Sebastian Schulz (MedKit-Doc) stellten ein innovatives Pilotprojekt vor, das hardwaregestützte Telemedizin in Pflegeheimen einsetzt. Durch digitale Lösungen können unnötige Krankenhauseinweisungen vermieden und Patientenwege verkürzt werden.
Aus der Diskussion entstanden erste Leitsätze, die die Kommissionen weiterentwickeln werden:
- Telemedizinische Technologien sollten gezielt dort eingesetzt werden, wo keine Präsenzversorgung möglich ist.
- Digitale Behandlungsmethoden dürfen keine vollständige Substitution von Präsenzbehandlungen darstellen.
- Beteiligte – von Pflegepersonal bis zu den Patientinnen und Patienten – müssen umfassend geschult werden.
- Vergütungsanreize könnten die Teilnahme an Studien und Pilotprojekten fördern.
- KI bietet insbesondere in der Dokumentation und Berichterstellung Potenzial.
- Qualitätssicherungsstandards für Software und Hardware sind notwendig, um verlässliche Ergebnisse zu gewährleisten.
Warum die Mitarbeit in DSGT-Kommissionen zählt
Die Arbeit in den Kommissionen des DSGT ist von zentraler Bedeutung, um Herausforderungen wie in diesem Fall die Digitalisierung im Gesundheitswesen gezielt anzugehen. Sie bietet die Möglichkeit, über alle Sozialgesetzbücher hinweg interdisziplinäre Ansätze zu entwickeln und zukunftsweisende Lösungen vorzuschlagen. Die Verbindung von rechtlicher Expertise, medizinischem Wissen und ethischen Überlegungen sorgt dafür, dass Innovationen wie die Telemedizin nicht nur technologisch, sondern auch gesellschaftlich tragfähig sind.
Die Ergebnisse des DSGT zeigen eindrücklich, wie wichtig der Austausch und die Entwicklung gemeinsamer Strategien sind, um die Gesundheitsversorgung in Deutschland nachhaltig zu sichern.