Kopftuchverbot für Mädchen an Grundschulen – eine politische Debatte

Kopftuchverbot für Mädchen an Grundschulen – eine politische Debatte

Seit den Planungen im Nachbarland Österreich, Grundschülerinnen das Tragen von Kopftüchern zu verbieten, ist auch in Deutschland eine Debatte über die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit eines Verbotes entbrannt.

Laut einer Umfrage des Instituts YouGov, äußert sich über die Hälfte der Deutschen für ein Gesetz, welches das Kopftuch an deutschen Grundschulen verbietet.
Demnach stimmten 61 % der Befragten CDU-Wählenden einem Verbot zu. Bei FDP-AnhängerInnen waren es knapp 64 % und unter den AFD-Wählenden befürworteten gar 90 % der Befragten ein solches Gesetz.

Einige Unionspolitiker lassen bereist juristisch prüfen, ob ein Kopftuchverbot für Schülerinnen bis 14 Jahren in Deutschland durchsetzbar wäre. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU) zum Beispiel möchte, dass sämtliche möglichen Schritte – vom Elterngespräch bis hin zum Verbot – geprüft werden.

Bundesjustizministerin Katarina Barley von der SPD lehnt dieses strikt ab. „Wir müssen alle Mädchen darin stärken, zu selbstbewussten und unabhängigen Frauen heranzuwachsen. Ich habe Zweifel, ob eine Verbotsdebatte da hilft“, sagte sie in einem Beitrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster hingegen weist auf die Ausgrenzung hin, die jungen Mädchen durch das Tragen eines Kopftuches in der Schule erfahren würden, dieses verhindere eine gute Integration, sagte er. „Das Kopftuch für Kinder kann nicht wie bei Erwachsenen auf eine religiöse Vorschrift des Islams gestützt werden. Ein entsprechendes Verbot wäre deshalb folgerichtig.“

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer befürwortet die Debatte grundsätzlich, allerdings haben auch ihrer Meinung nach Kopftücher bei Kindern im Grundschulalter wenig mit Religionsfreiheit zu tun. Skeptisch zeigte sich dagegen der Präsident der Kultusministerkonferenz, Alexander Lorz (CDU): „Wenn sich Eltern auf die Freiheit der Religionsausübung berufen, hat unser Rechtsstaat wenig Handlungsmöglichkeiten. Ein gesetzliches Verbot dürfte vor dem Verfassungsgericht daher kaum bestehen.“ Kritisch sieht es ebenso die Kultusministerin aus Baden-Württemberg, Susanne Eisenmann (CDU): „Toleranz, Weltoffenheit und Diversität gehörten an jede Schule und an jeden Kindergarten. Deshalb arbeiten wir auch nicht mit Untersagen.“

Ebenfalls sehr unterschiedlich fallen die Meinungen bei Muslimen und deren Verbänden aus:
Für den Vizevorsitzenden des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Haci Halil Uslucan, gibt es „aus religiöser islamischer Perspektive keinen Grund, vor dem Erreichen der Geschlechtsreife ein Kopftuch zu tragen.“
Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände (BAGIV) hält ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen für denkbar. Ali Ertan Toprak, Präsident der Arbeitsgemeinschaft erläutert, dass der Staat dem Kindeswohl verpflichtet sei und gerade Kleinkinder vor möglichem Totalitarismus der Eltern geschützt werden müssten.

Sehr kritisch hingegen sehen der Islamrat und andere Dachverbände muslimischer Einrichtungen und Moscheengemeinden dieses Thema: „Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlagen in dieselbe Kerbe: Beide entmündigen Musliminnen. Die Debatte ist populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer“, sagte Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrats für Deutschland.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob ein Verbot von Kopftüchern für Schülerinnen in Deutschland verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist.

Aktuell gibt es in Deutschland kein Verbot für Schülerinnen, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ist sich einig, dass ein generelles Kopftuchverbot an Grundschulen wohl verfassungswidrig wäre, denn Eltern dürfen die religiöse Erziehung ihrer Kinder frei gestalten.
Das Verfassungsgericht Karlsruhe hatte bereit 2015 entschieden, dass eine abstrakte Gefährdung des Schulfriedens für ein pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen nicht ausreiche. Eine Gefahr für den Schulfrieden oder der staatlichen Neutralität kann nicht im Allgemeinen, sondern höchstens im Einzelfall für bestimmte Schulen oder Bezirke gelten.  (lb)

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