22.07.2025

Update im EU-Beihilfenrecht

De-minimis-Beihilfen sind künftig in ein Transparenzregister einzutragen

Update im EU-Beihilfenrecht

De-minimis-Beihilfen sind künftig in ein Transparenzregister einzutragen

Die Einführung eines verbindlichen De-minimis-Registers bedeutet eine grundlegende Veränderung in der beihilferechtlichen Verwaltungspraxis.   | © finecki - Fotolia
Die Einführung eines verbindlichen De-minimis-Registers bedeutet eine grundlegende Veränderung in der beihilferechtlichen Verwaltungspraxis. | © finecki - Fotolia

Für Förderungen in geringer Höhe – sog. De-minimis-Beihilfen – ändert sich ab 2026 das Verfahren. Wir geben einen Überblick.

Ab 2026 sieht die VO (EU) 2023/2831 Änderungen im Bereich der De-minimis-Beihilfen vor. De-minimis-Beihilfen stellen keine „staatlichen Beihilfen” im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV dar, da sie aufgrund ihrer geringen Höhe keine spürbare Wettbewerbsverfälschung bewirken. Handelt es sich bei Förderungen um De-minimis-Beihilfen, müssen sie nicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV bei der Europäischen Kommission angemeldet werden. Bislang hatte das Unternehmen, das die Förderung bezieht, eine sog. De-minimis-Erklärung abzugeben und die Stelle, die die Förderung gewährt, eine sog. De-minimis-Bescheinigung auszustellen. Dabei haben die Beteiligten dafür Sorge zu tragen, dass die gewährten Förderungen die Schwellenwerte für De-minimis-Beihilfen nicht übersteigen.

Um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von De-minimis-Förderungen zu erhöhen, führt die Europäische Kommission zum 1. Januar 2026 ein elektronisches Transparenzregister ein, in das alle gewährten De-minimis-Beihilfen verpflichtend eingetragen werden müssen.


Insbesondere Kommunen, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung Fördermaßnahmen gegenüber Unternehmen umsetzen, sehen sich dadurch mit weiteren administrativen Aufgaben bei der Gewährung einer De-minimis-Beihilfe konfrontiert. Gleichzeitig wird die Kontrolle der zulässigen De-minimis-Förderhöchstbeträge zentralisiert, was mittel- bis langfristig auch eine Entlastung mit sich bringen kann.

Pflicht zur Eintragung in ein zentrales Register

Künftig müssen sämtliche De-minimis-Beihilfen innerhalb von 20 Arbeitstagen nach ihrer Bewilligung in ein zentrales nationales oder EU-weites Register eingetragen werden. Diese Pflicht ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 und 2 VO (EU) 2023/2831 und betrifft alle öffentlichen Stellen, d.h. neben staatlichen Stellen auch Kommunen.

An das Transparenzregister sind folgende Angaben zu übermitteln:

  • die Bezeichnung des Beihilfeempfängers,
  • der gewährte Beihilfebetrag,
  • der Tag der Gewährung,
  • die Bewilligungsbehörde,
  • das Beihilfeinstrument und
  • der betroffene Wirtschaftszweig auf der Grundlage der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Union („NACE-Klassifikation“).

Diese Angaben werden – unter Wahrung der EU-Datenschutzvorschriften – für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Gemäß Art. 6 Abs. 3 VO (EU) 2023/2831 muss der Mitgliedstaat die Informationen für eine Dauer von zehn Jahren ab dem Tag der Gewährung der Beihilfe speichern.

Übergangsweise: Registerabfrage vor neuer Förderung

Vor jeder weiteren Gewährung von De-minimis-Beihilfen ist durch die bewilligende Stelle ab dem 1. Januar 2026 über das Register zu prüfen, ob der beihilfenrechtlich zulässige Höchstbetrag von 300.000 EUR innerhalb eines Zeitraums von drei Steuerjahren bereits erreicht wurde. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 4 VO (EU) 2023/2831.

Die Kommunen haben bei der Prüfung auch etwaige Unternehmensverbünde zu berücksichtigen: Im Rahmen der VO (EU) 2023/2831 ist eine Konzernbetrachtung vorzunehmen. Das heißt, auf den zulässigen Höchstbetrag sind auch De-minimis-Beihilfen anzurechnen, die die mit dem begünstigten Unternehmen i. S. v.  Art. 2 Nr. 2 VO (EU) 2023/2831 verbundenen Unternehmen in dem relevanten Zeitraum erhalten haben. Unternehmensverbünde der Öffentlichen Hand sind im Rahmen der VO (EU) 2023/2831 allerdings grundsätzlich dahingehend privilegiert, dass diejenigen Unternehmen nicht als verbundene Unternehmen gelten, „deren einzige Beziehung darin besteht, dass jedes von ihnen eine direkte Verbindung zu derselben bzw. denselben öffentlichen Einrichtungen aufweist“ (vgl. Erwägungsgrund Nr. 5 der VO (EU) 2023/2831). Folglich sind De-minimis-Beihilfen innerhalb eines öffentlichen Konzerns nur im vertikalen Beteiligungsverhältnis, also zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften, zusammenzurechnen. Eine Zusammenrechnung auf horizontaler Ebene, insbesondere zwischen Schwestergesellschaften, erfolgt nicht, sofern jede dieser Gesellschaften unmittelbar an die öffentliche Einrichtung angebunden ist.

Die Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, ob sie ein eigenes nationales Register einrichten oder ein zentrales Register auf Unionsebene nutzen möchten. Voraussichtlich wird Deutschland auf das Unionsregister zurückgreifen. Sollte Deutschland jedoch ein nationales Register führen, müsste künftig eine aggregierte Sammelmeldung auf Grundlage der Registerdaten erstellt werden, wie in Art. 6 Abs. 6 VO (EU) 2023/2831 festgelegt ist.

Da das neu einzurichtende Register nicht unmittelbar über eine Rückschau von drei Jahren verfügt, bleibt gemäß Art. 7 Abs. 4 VO (EU) 2023/2831 bis voraussichtlich Ende 2028 die bisherige Praxis der Selbsterklärungen durch die Fördermittelempfänger, ob und in welcher Höhe sie De-minimis-Beihilfen bezogen haben, (vorerst) bestehen. Unternehmen müssen weiterhin eine De-minimis-Erklärung vorlegen und die Bewilligungsbehörden erteilen ergänzend zur Eintragung eine Bescheinigung über die gewährte Beihilfe, bis das Transparenzregister eine entsprechende dreijährige Historie aufgebaut hat.

Besonderheit: De-minimis-Beihilfen für DAWI-Unternehmen

Neben der allgemeinen De-minimis-Verordnung ist auch die VO (EU) 2023/2832 zu beachten, die für Unternehmen gilt, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) erbringen.

Ab dem 1. Januar 2026 gelten für die Gewährung von De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die DAWI erbringen, die gleichen Pflichten wie für allgemeine De-minimis-Beihilfen. Es gilt jedoch ein höherer Schwellenwert. Dieser beträgt gemäß Art. 3 Abs. 2 VO 2023/2832 pro Unternehmen 750.000 EUR innerhalb von drei Steuerjahren und nimmt Förderungen in dieser Höhe vom EU-Beihilfenverbot aus.

Fazit

Die Einführung eines verbindlichen De-minimis-Registers bedeutet eine grundlegende Veränderung in der beihilferechtlichen Verwaltungspraxis. Für Kommunen bedeutet dies einerseits eine neue digitale Meldepflicht mit klaren Fristen. Andererseits entfällt jedoch ab 2028 die Pflicht, von den Fördermittelempfängern die bisher erforderlichen Beihilfebescheinigungen einzuholen. Die Übergangsfrist bis Ende 2028 bietet Spielraum für organisatorische Anpassungen und sollte für eine frühzeitige Umstellung der internen Abläufe genutzt werden.

 

Christoph Köberle

Rechtsanwalt bei der Kanzlei Menold Bezler in Stuttgart in den Bereichen Beihilfen-, Kartell- und Energiewirtschaftsrecht
 

Lisa Setzer

Rechtsanwältin
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