Neutralitätsgebot für Rechtsreferendarinnen: BVerfG bestätigt Kopftuchverbot in Hessen

Neutralitätsgebot für Rechtsreferendarinnen: BVerfG bestätigt Kopftuchverbot in Hessen

Rechtsreferendarinnen islamischen Glaubens dürfen bei repräsentativen Aufgaben kein Kopftuch tragen. Dies wird in mehreren Bundesländern so praktiziert. Für Baden-Württemberg ergibt sich dies aus dem kürzlich vom dortigen Landtag mit der Mehrheit von Grünen und der CDU beschlossenen Gesetz zur Neutralität bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. Auch andere Bundesländer treibt diese Frage um. Zu Hessen erging jetzt ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Es bestätigte in einem Eilverfharen ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Kassel. Die hessischen Richter hatten das in Hessen seit Jahren geltende Kopftuchverbot bejaht.

Hinweisblatt mit Belehrung

Geklagt hatte eine Rechtsreferendarin, die ihren Referendardienst in Frankfurt am Main beginnen wollte. Referendare erhalten dort zu Beginn ihrer Tätigkeit ein Hinweisblatt mit der Belehrung, dass sie sich gegenüber Bürgerinnen und Bürgern weltanschaulich und religiös neutral zu verhalten haben.

In dem Hinweisblatt werden einige Aufgaben genannt, die für kopftuchtragende Referendarinnen verboten sind. Bei Verhandlungen im Gerichtssaal dürfen sie zum Beispiel nicht auf der Richterbank sitzen, sondern müssen im Zuschauerraum Platz nehmen. Sitzungsleitung oder Beweisaufnahmen sind ihnen damit auch verwehrt. Und auch die Sitzungsvertretungen für die Staatsanwaltschaft sind nicht möglich, genauso wenig wie die Leitung von Anhörungsausschusssitzungen.

In jeder Hinsicht unabhängig

Das VG Frankfurt entschied zunächst zugunsten der Referendarin, weil diese ihr Kopftuch aus Glaubensüberzeugung trägt. Der VGH hob den Beschluss nach einer Beschwerde des Landes Hessen auf. Es sei kaum ein Ort denkbar, so die VGH-Richter, an dem die Wahrung staatlicher Neutralität durch ihre Repräsentanten so bedeutsam sei wie vor Gericht. Die Verfahrensbeteiligten erwarteten eine in jeder Hinsicht unabhängige Entscheidung von weltanschaulichen, politischen oder religiösen Grundeinstellungen. Am 4. Juli 2017 scheiterte schließlich die muslimische Rechtsreferendarin mit einem entsprechenden Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht. Auch die Karlsruher Richter stellten die Neutralitätspflicht des Staates über die Religionsfreiheit.

Mit derselben Begründung, der Vermeidung eines Anscheins fehlender Neutralität durch das Tragen von Symbolen und Kleidungsstücken, hatten die Grünen und die CDU für ein entsprechendes Verbot in Baden-Württemberg votiert. Es gilt wie in Hessen auch für Rechtsreferendare, soweit diese Aufgaben mit Außenkontakt wahrnehmen.

Muslimische Juristinnen

Anlass für die Gesetzesinitiative in Baden-Württemberg war dabei ein Urteil aus Bayern. Auch dort war es eine Rechtsreferendarin, die gegen das Kopftuchverbot geklagt hatte. In Bayern galt bis dahin ebenfalls die Vorgabe für muslimische Juristinnen, während ihres Referendariats im Gerichtssaal auf ihr Kopftuch zu verzichten. Das VG Augsburg hatte der Referendarin damals wegen fehlender landesrechtlicher Regelung Recht gegeben.

Für Rechtsreferendarinnen, die auf das Kopftuch nicht verzichten können oder wollen, bedeutet dies nicht das Aus ihrer Ausbildung. Wie es etwa in der Gesetzesbegründung zum Verbot in Baden-Württemberg heißt, bieten die Ausbildungsstellen in solchen Fällen zusätzliche Übungen und Ausgleichsmaßnahmen an. Und nachteilige Schlussfolgerungen in Ausbildungszeugnissen soll es laut Gesetzesbegründung ebenfalls nicht geben. (jb)

 

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