Die Zuständigkeitskonzentration in Asylsachen nach § 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG – ein Überblick
Entwicklung, aktuelle Landesregelungen und Erweiterung in Hessen
Die Zuständigkeitskonzentration in Asylsachen nach § 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG – ein Überblick
Entwicklung, aktuelle Landesregelungen und Erweiterung in Hessen

§ 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung einem Verwaltungsgericht für die Bezirke mehrerer Verwaltungsgerichte Streitigkeiten nach diesem Gesetz hinsichtlich bestimmter Herkunftsstaaten zuzuweisen, sofern dies für die Verfahrensförderung dieser Streitigkeiten sachdienlich ist. Diese durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl. I S. 1722) eingefügte Ermächtigungsgrundlage bezweckte eine Beschleunigung durch eine zentral gebündelte Fachkompetenz für bestimmte Herkunftsländer (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 36). Sie blieb lange Zeit von vielen Bundesländern ungenutzt. Nur Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern konzentrierten auf dieser Ermächtigungsgrundlage bereits 2016 Asylverfahren bei einzelnen Verwaltungsgerichten; in Thüringen und Rheinland-Pfalz bestanden schon vorher Vorschriften zur Konzentration von Asylrechtsstreitigkeiten. Durch die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz am 06.11.2023, dass das Asylverfahren und das anschließende Gerichtsverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, jeweils bereits in drei Monaten abgeschlossen werden soll und in allen anderen Fällen die behördlichen sowie erstinstanzlichen Asylverfahren jeweils nach sechs Monaten beendet sein sollen, rückte die Ermächtigungsgrundlage wieder in den Fokus. Inzwischen haben bis auf die Bundesländer, die nur über ein Verwaltungsgericht verfügen, und ein weiteres Bundesland alle Bundesländer Vorschriften zur Konzentration von asylrechtlichen Streitigkeiten erlassen. Einen Überblick über die landesrechtlichen Regelungen gibt nachfolgende Tabelle:
|
Bundesland |
Regelung |
In Kraft seit |
|---|---|---|
| Baden-Württemberg | § 30 b Verordnung des Justizministeriums über die Zuständigkeiten in der Justiz (Zuständigkeitsverordnung Justiz – ZuVoJu), eingefügt durch die Verordnung des Justizministeriums zur Änderung der Zuständigkeitsverordnung der Justiz vom 17. Juni 2024 (GBl. 2024, Nr. 41 S. 1–4) | 1. Juli 2024 |
| Bayern | § 8 d Zuständigkeitsverordnung (ZustV), eingefügt durch § 1 der Verordnung zur Änderung der Zuständigkeitsverordnung und Delegationsverordnung vom 23. Juli 2024 (GVBl. S. 331) | 1. September 2024 |
| Berlin | – (nur ein Verwaltungsgericht) | |
| Brandenburg | § 15 Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten und Zuständigkeitskonzentrationen (Gerichtszuständigkeitsverordnung – GerZV), geändert durch die Sechste Verordnung zur Änderung der Gerichtszuständigkeitsverordnung vom 14. Februar 2024 (GVBl. II/24, [Nr. 13]) | 1. Juli 2016 bzw. 1. März 2024 |
| Bremen | – (nur ein Verwaltungsgericht) | |
| Hamburg | – (nur ein Verwaltungsgericht) | |
| Hessen | § 59 Justizzuständigkeitsverordnung (JuZuV), eingefügt durch Verordnung zur Beschleunigung gerichtlicher Asylstreitverfahren vom 14. Dezember 2023 (GVBl. S. 806) | 1. Januar 2024 |
| Mecklenburg-Vorpommern | Landesverordnung zur Konzentration von Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten nach Herkunftsstaaten (Asylverfahrenkonzentrationslandesverordnung – AsylVfKonzLVO M-V) vom 17. Dezember 2015 (GVOBl. M-V S. 642) | 1. Januar 2016 |
| Niedersachsen | § 43 Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und Justizverwaltung (ZustVO-Justiz), eingefügt durch Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung vom 15. Juli 2024 (GVBl. Nr. 63) | 1. September 2024 |
| Nordrhein-Westfalen | Verordnung über die verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeiten für Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz (AsylZustVO) vom 1. Juli 2024 (GV.NRW. S. 439), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Dezember 2024 (GV.NRW. S. 1177) | 1. August 2024 bzw. 1. Januar 2025 |
| Rheinland-Pfalz | § 3 Abs. 6 Landesgesetz über die Gliederung und die Bezirke der Gerichte (Gerichtsorganisationsgesetz – GerOrgG), eingefügt durch Achtes Landesgesetz zur Änderung der Gerichtsorganisation vom 15.06.2010 (GVBl. S. 101) | 23. Juni 2010 |
| Saarland | – (nur ein Verwaltungsgericht) | |
| Sachsen | § 26 a Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung über die Organisation der Justiz (Sächsische Justizorganisationsverordnung – SächsJOrgVO), eingefügt durch die Zwölfte Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung zur Änderung der Sächsischen Justizorganisationsverordnung vom 11. April 2024 (SächsGVBl. S. 443) | 1. Mai 2024 |
| Sachsen-Anhalt | – | |
| Schleswig-Holstein | – (nur ein Verwaltungsgericht) | |
| Thüringen | Thüringer Verwaltungsgerichtszuständigkeitsverordnung vom 30. November 1998 (GVBl. 434)
Thüringer Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz bei den Verwaltungsgerichten (Thüringer Asylstreitigkeitenzuständigkeitsverordnung – ThürAsylVGZustVO) vom 28. November 2023 (GVBl. 374) |
Bis 31. Dezember 2023
seit 1. Januar 2024 |
Stand: Mai 2025
Anmerkung der Schriftleitung:
Für das Land Hessen hat der Verordnungsgeber ein Verfahren für eine weitere Änderung des § 59 JuZuV mit dem Ziel eingeleitet, die Konzentration der Zuständigkeit bezogen auf bestimmte Herkunftsstaaten mit Wirkung zum 01.09.2025 auszuweiten. Der Verordnungsentwurf sieht in der Fassung der Verbandsanhörung vom 14.05.2025 folgende Änderung der Justizzuständigkeitsverordnung vor:
Artikel 1
Änderung der Justizzuständigkeitsverordnung
Die Justizzuständigkeitsverordnung vom 3. Juni 2013 (GVBl. S. 386), zuletzt geändert durch Verordnung vom [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle der Verordnung zur Einführung eines Commercial Court und von Commercial Chambers], wird wie folgt geändert:
- 1
- § 59 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Streitigkeiten nach dem Asylgesetz werden für die Bezirke aller hessischen Verwaltungsgerichte zugewiesen
- 1 dem Verwaltungsgericht Gießen hinsichtlich aller Herkunftsstaaten, ausgenommen Afghanistan, Iran, Syrien, Türkei und die in Nr. 2 bis 4 genannten Herkunftsstaaten,
- 2 dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hinsichtlich der Herkunftsstaaten Äthiopien und Eritrea,
- 3 dem Verwaltungsgericht Kassel hinsichtlich der Herkunftsstaaten Irak und Pakistan,
- 4 dem Verwaltungsgericht Wiesbaden hinsichtlich der Herkunftsstaaten Russische Föderation und Somalia.
Satz 1 gilt nicht für Verfahren nach den §§ 18 und 18a des Asylgesetzes.”
- 2
- Dem § 60 wird als Abs. 3 angefügt:
„(3) Für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz, die vor dem 1. September 2025 anhängig gemacht wurden, gilt § 59 Abs. 1 in der am 30. August 2025 geltenden Fassung fort.”
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. September 2025 in Kraft.
Zur Begründung führt der Verordnungsentwurf Folgendes aus:
Zur weiteren Beschleunigung der gerichtlichen Asylverfahren soll die bereits zum 01.01.2024 angestoßene Konzentration der Zuständigkeit bezogen auf Herkunftsstaaten ab 01.09.2025 ausgeweitet werden.
Bislang war das Verwaltungsgericht Gießen zuständig für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz, die ab dem 01.01.2024 anhängig wurden. Dies galt für Verfahren betreffend alle Herkunftsstaaten mit Ausnahme von Afghanistan, Äthiopien, Eritrea, Irak, Iran, Pakistan, Russische Föderation, Somalia, Syrien und Türkei. Die Zuständigkeit für Verfahren betreffend diese Herkunftsstaaten richtete sich weiterhin nach den allgemeinen Regeln. Von der Konzentration ausgenommen waren Verfahren nach den §§ 18, 18 a des Asylgesetzes (sogenannte Flughafenverfahren). Für diese Verfahren war es sachgerecht, dass weiterhin das für den Sitz des internationalen Flughafens zuständige Gericht örtlich zuständig bleibt.
Die Zuständigkeitskonzentration hat sich bewährt, da bei den anderen hessischen Verwaltungsgerichten aufwendige Einarbeitungen in länderspezifische Besonderheiten vermieden werden konnten und bei dem Verwaltungsgericht Gießen durch die Spezialisierung Synergieeffekte erzielt werden konnten.
Daher soll die Zuständigkeitskonzentration für Verfahren nach dem Asylgesetz betreffend bestimmte Herkunftsstaaten nunmehr ausgeweitet werden. Verfahren betreffend die Herkunftsstaaten Äthiopien, Eritrea, Irak, Pakistan und Russische Föderation werden für die Bezirke aller hessischen Verwaltungsgerichte den Verwaltungsgerichten Frankfurt am Main, Kassel und Wiesbaden zugewiesen. Damit soll die Belastung unter den Verwaltungsgerichten gleichmäßiger verteilt und eine weitere Beschleunigung erreicht werden.
Die Zuständigkeit für die sogenannten Flughafenverfahren soll bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main verbleiben. Diese Ausnahme von der Konzentration hat sich bewährt.
In § 60 der Justizzuständigkeitsverordnung wird klarstellend geregelt, dass es für die bis zum 30.08.2025 eingegangenen Verfahren bei der bisherigen Zuständigkeit verbleibt.
Entnommen aus den HessVBl. Heft 3/2025.



