BGH klärt Pflichten der Schwimmbadaufsicht in einem kommunalen Freibad

BGH klärt Pflichten der Schwimmbadaufsicht in einem kommunalen Freibad

Kommunen, die Schwimmbäder unterhalten und dazu beitragen, dass Kinder schwimmen lernen, sind nicht davor gefeit, mit Badeunfällen konfrontiert zu werden – mit möglicherweise auch finanziell unangenehmen Folgen. Denn auch als Badbetreiber müssen sie unter Umständen für Fehler im Zusammenhang mit der Badeaufsicht haften. Grund genug, sich mit einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu befassen, in dem die Pflichten der Schwimmbadaufsicht konkretisiert werden.

Unfall im Naturbad…

Im entschiedenen Fall geht es um den Unfall eines zwölfjährigen Mädchens in einem kommunalen Freibad in Rheinland-Pfalz, einem Naturbad. Das Mädchen hatte sich unter Wasser mit einem Arm in dem Befestigungsseil einer Boje verfangen. Der Bademeister bemerkte die Absenkung der Boje und fragte zunächst zwei Kinder, ob sie das Befestigungsseil verknotet hätten. Dann bat er einen Jungen, zur Boje zu schwimmen und nachzuschauen. Der Junge konnte in dem trüben Wasser des Naturbads allerdings nur „etwas Glitschiges“ feststellen.

Erst dann und nachdem er seine Schwimmbrille im Gerätehaus geholt hatte, schwamm der Bademeister zur Boje, wo er das leblose Mädchen fand. Er befreite das Mädchen und brachte es an den Beckenrand zur Reanimierung.

…mit irreparablen Folgen

Aufgrund des Sauerstoffentzugs erlitt das Mädchen massive, irreparable Hirnschädigungen. Seitdem ist es schwerstbehindert und wird zeitlebens pflegebedürftig bleiben.

Die Eltern klagten schließlich gegen die Gemeinde. Die Badeaufsicht, so ihre Begründung, hätte nicht pflichtgemäß gehandelt: Nach ein bis zwei Minuten hätte auffallen müssen, dass die Boje abgesenkt war. Und eine sofort eingeleitete Rettung hätte innerhalb von einer Minute erfolgen können. Die Schäden des Mädchens resultierten aus dieser Verzögerung von mindestens drei Minuten.

Den Rechtsstreit nahm der BGH nun zum Anlass, die Pflichten der Badeaufsicht zu konkretisieren und verwiesen dabei ausdrücklich auf Grundsätze des Arzthaftungsrechts, was letztlich eine Verschärfung der bisherigen Rechtsprechung bedeutet.

Welche Pflichten treffen die Badeaufsicht?

Anerkannt ist seit langem, dass keine Verpflichtung zur lückenlosen Beobachtung eines jeden Schwimmers besteht. Wie die Richter in ihrem Urteil betonen, muss die Schwimmaufsicht das Geschehen im Wasser aber von einem geeigneten Beobachtungsort aus „mit regelmäßigen Kontrollblicken“ überwachen, so der BGH. Und in Notfällen habe er für rasche und wirksame Hilfeleistung zu sorgen.

Für den BGH kam es im Streitfall vor diesem Hintergrund darauf an, wie lange es bei Beachtung dieser Kriterien gedauert hätte, die Notlage des Mädchens zu erkennen und sie zu retten. In einem zweiten Schritt muss dann laut Urteil festgestellt werden, ob die eingetretenen Hirnschäden der Klägerin vermieden worden wären, wenn ihre Rettung innerhalb dieser Zeit erfolgt wäre.

An dieser Stelle greift der BGH nun auf Grundsätze des Arzthaftungsrechts zurück. Dort gilt in den Fällen, in denen sich nicht beweisen lässt, dass etwa ein Hirnschaden hätten vermieden werden können, dies zum Nachteil des Arztes geht, wenn dessen Verhalten als grob fahrlässig zu bewerten ist.

Dies, so die Richter, gelte auch für Bademeister. Denn wie im Arzthaftungsrecht gehe es um „komplexe, im Nachhinein nicht mehr exakt rekonstruierbaren Vorgänge im menschlichen Organismus“, die sich nur sehr schwer aufklären ließen. Bei einer groben Pflichtverletzung dürfe die Beweislast daher nicht dem Geschädigten zugemutet werden (Az. III ZR 60/16).  (jb)

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