BGH: Keine Aufrechnung eines Sicherheitseinbehalts gegen Forderungen aus anderen Bauverträgen
BGH: Keine Aufrechnung eines Sicherheitseinbehalts gegen Forderungen aus anderen Bauverträgen
Eine unter den Obergerichten schon seit längerem umstritten Frage hat der BGH in einem aktuellen Urteil entschieden: Können Auftraggeber, denen ein Sicherheitseinbehalt für Mängelansprüche zusteht, diesen Sicherheitseinbehalt mit Forderungen aus anderen Bauvorhaben aufrechnen? Der BGH hat diese Frage mit der Mehrheit der oberen Gerichte, darunter auch dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, verneint (Az. VII ZR 3/17).
Restwerklohnansprüche aus einem anderen Bauvorhaben
Im entschiedenen Fall umfasste die Geschäftsbeziehung der Bauvertragsparteien mehrere Bauprojekte. Zu einzelnen Vorhaben hatten die Parteien vereinbart, dass der Auftraggeber einen Betrag von 5 % der Netto-Schlussabrechnungssumme zur Sicherung einbehalten darf. Die Sicherheit sollte dazu dienen, in dem Zeitraum von der Abnahme bis zum Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche die Rechte des Auftraggebers (insbesondere bei Mängeln und Schadensersatzforderungen) abzusichern. Der Auftraggeber behielt die Sicherheit auch ein.
Als der Auftragnehmer, der inzwischen allerdings in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, noch Restwerklohnansprüche aus einem anderen Bauvorhaben gegen den Auftraggeber geltend machte, rechnete der Auftraggeber den Werklohnanspruch mit dem vereinbarten Sicherheitseinbehalt auf.
Beim Sicherheitseinbehalt gelten Besonderheiten.
An sich ist die Aufrechnung ein probates Mittel zur privaten Forderungsdurchsetzung, vor allem bei Vermögensverfall des Aufrechnungsgegners. Beim Sicherheitseinbehalt gelten aber Besonderheiten. Wie die BGH-Richter jetzt entschieden, ist hier die Aufrechnung mit Forderungen aus anderen Verträgen unzulässig, jedenfalls während des vereinbarten Sicherungszeitraums. Der Sicherheitseinbehalt ist hier nämlich laut Urteil ausschließlich auf die Sicherung der Gewährleistungsansprüche aus demselben Bauvertrag beschränkt.
Dies ergebe sich „stillschweigend“ aus der Sicherungsvereinbarung der jeweiligen Bauverträge bzw. einer „interessegerechten Auslegung der Sicherungsvereinbarung“, so die Richter. Dafür, den Sicherheitseinbehalt mit weiteren Vorteilen zugunsten des Auftraggebers zu verknüpfen, gebe es kein berechtigtes Interesse.
Mit individuellen Vereinbarungen auf der sicheren Seite
Ähnlich hatte dies in der Vergangenheit auch das OLG Karlsruhe gesehen, welches die gegenteilige Auffassung schon damals nicht überzeugt hatte. Würde man die Aufrechnung ohne Weiteres zulassen, so das OLG, könne der Auftraggeber den Sicherheitseinbehalt zweckwidrig für ein anderes Bauvorhaben einsetzen, obwohl sich die Sicherungsabrede eigentlich auf ein bestimmtes Bauvorhaben bezieht (Az. 8 U 165/13).
Wollen sich Auftraggeber bei entsprechenden Geschäftsbeziehungen die Möglichkeit einer unbeschränkten Aufrechnung offenhalten, müssen sie dies also mit dem Auftragnehmer ausdrücklich und individuell vereinbaren. (jb)