Kündigung eines Arbeitnehmers auf Wunsch des Betriebsrats
Kündigung eines Arbeitnehmers auf Wunsch des Betriebsrats
Normalerweise sieht man den Betriebsrat auf der Seite der Arbeitnehmer. Es gibt aber auch Fälle, in denen sich ein Betriebsrat gegen einen einzelnen „betriebsstörenden“ Arbeitsnehmer stellt und dessen Entlassung durchsetzen will. Auch für diesen seltenen Fall sieht das Betriebsverfassungsgesetz eine Regelung vor. Danach kann der Betriebsrat die Entlassung oder Versetzung eines Arbeitnehmers verlangen, wenn dieser den Betriebsfrieden „insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen“ wiederholt ernstlich gestört hat.
In einem aktuellen Urteil hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, welche Auswirkungen ein solches Entlassungsverlangen auf einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess hat (Az. 2 AZR 551/16).
Entlassung einer Mitarbeiterin…
In dem entschiedenen Fall geht es um die Entlassung einer in einem bekannten Versicherungskonzern langjährig als Sachbearbeiterin beschäftigten Arbeitnehmerin. Deren Entlassung verlangte der Betriebsrat aufgrund heftiger Auseinandersetzungen zwischen der Sachbearbeiterin und ihren Arbeitskollegen.
Zunächst verweigerte der Arbeitgeber die Entlassung. Erst nachdem der Betriebsrat das gesetzlich vorgesehene Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht eingeleitet hatte und das Arbeitsgericht – nach einer Anhörung der Sachbearbeiterin – dem Arbeitgeber wie vom Betriebsrat beantragt aufgab, diese „zu entlassen“, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Dagegen wehrte sich die gekündigte Sachbearbeiterin mit einer Kündigungsschutzklage.
…auf Wunsch des Betriebsrats
In dem nachfolgenden Kündigungsschutzverfahren war nun zu klären, ob das Gericht an die Entscheidung der Vorinstanz in dem Beschlussverfahren gebunden war. Die Sachbearbeiterin hatte argumentiert, es fehle an einem für die außerordentliche Kündigung erforderlichen „wichtigen Grund“, und die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei nicht „sozial gerechtfertigt“. Ohne soziale Rechtfertigung ist eine ordentliche Kündigung bekanntlich nicht möglich.
Wie jetzt das BAG entschied, ist eine soziale Rechtfertigung aber in den Fällen, in denen ein Arbeitsgericht nach dem Entlassungsverlangen des Betriebsrats eine entsprechende rechtskräftige Entscheidung gefällt hat, zu bejahen.
Eine fristlose Kündigung lehnte das BAG dagegen ab. Dem Arbeitgeber war in dem Beschluss des Arbeitsgerichts im Beschlussverfahren aufgegeben worden, die Arbeitnehmerin „zu entlassen“ – ihm war also gerade nicht die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgegeben worden. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts in dem Beschlussverfahren entfaltet also Bindungswirkung in dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess. Dies unterstreicht die Machtstellung, die Betriebsräte auch gegenüber Arbeitnehmern haben können. (jb)