Fraktionsloser Gemeinderat erhält vorläufig kein Äußerungsrecht im Amtsblatt
Fraktionsloser Gemeinderat erhält vorläufig kein Äußerungsrecht im Amtsblatt
Seit 2015 gibt es in der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg eine Regelung über das Äußerungsrecht von Fraktionen im Amtsblatt. In zwei aktuellen Beschlüssen hat sich jetzt der Verwaltungsgerichtshof (VGH) erstmals zu diesem Recht geäußert.
Meinungsäußerungen von Einzelstadträten im Amtsblatt
In Gang setzte das Verfahren der Mannheimer Stadtrat Julien Ferrat von der Familien-Partei. Er wehrt sich gegen das neue Redaktionsstatut der Stadt. 2016 beschloss der Gemeinderat, dass nur noch Fraktionen und Gruppierungen im Amtsblatt ihre Meinung äußern dürfen. Einzelstadträte dürfen dagegen – anders als bisher – nicht mehr im Amtsblatt Stellung nahmen. Ferrat wandte sich an das Verwaltungsgericht mit zwei Eilanträgen und einem Normenkontrollantrag. Jetzt liegen dazu die ersten Entscheidungen vor: Zwar hatte der streitbare Stadtrat mit den beiden Eilanträgen keinen Erfolg. Der Ausgang der Normenkontrolle ist hingegen, wie der VGH hervorhebt, noch völlig offen.
In der Gemeindeordnung ist geregelt, dass Gemeinden mit eigenem Amtsblatt den Fraktionen des Gemeinderats die Gelegenheit geben müssen, ihre Auffassungen zu Angelegenheiten der Gemeinde im Amtsblatt darzulegen. In einem Redaktionsstatut für das Amtsblatt ist das Nähere zu regeln, etwa der angemessene Umfang der Beiträge.
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz?
Im Redaktionsstatut des Mannheimer Gemeinderats wird nun Fraktionen (mindestens 4 Gemeinderäte) und Gruppierungen (2 oder 3 Gemeinderäte) jeweils ein bestimmtes Zeichenkontingent zugewiesen. Geregelt ist auch, dass die Fraktionen und Gruppierungen im Amtsblatt unter der Rubrik „Stimmen aus dem Gemeinderat“ veröffentlichen können. Dadurch, dass über Fraktionen hinaus auch Gruppierungen ein Veröffentlichungsrecht eingeräumt wird, weicht das Statut allerdings von der Regelung in der Gemeindeordnung ab. Wie jetzt der VGH verdeutlicht, kann dies rechtlich problematisch sein.
An sich, so die Richter, steht Einzelstadträten kein Anspruch auf Einräumung eines Veröffentlichungsrechts im Amtsblatt zu. Wird aber über die Fraktionen hinaus auch Gruppierungen ein Veröffentlichungsrecht eingeräumt, werden Einzelstadträte anders behandelt als Gruppenangehörige. Laut VGH bedarf eine solche Ungleichbehandlung einer besonderen, am grundgesetzlichen Gleichheitsgrundsatz zu messenden Rechtfertigung.
Unter Verweis auf andere Möglichkeiten für Ferrat, seine Auffassungen zur Kommunalpolitik zu publizieren, verneinten die Richter zwar die Eilbedürftigkeit. Ob die Statut-Regelung des Mannheimer Gemeinderats der Prüfung der Richter im Hauptsacheverfahren standhält, bleibt aber abzuwarten. (jb)