Flüchtlingsunterbringung neben Mutter-Kind-Klinik
Flüchtlingsunterbringung neben Mutter-Kind-Klinik
Wieder einmal wurde ein Streit um die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften vor Gericht entschieden: im aktuell vom VGH Baden-Württemberg entschiedenen Fall ging es um die Nutzung eines ehemaligen Hotels für 120 Flüchtlinge. Im März hatte das VG Karlsruhe in einem Eilverfahren einer Mutter-Kind-Klinik Recht gegeben, die sich gegen die Nutzungsänderung des Hotels vor Gericht gewehrt hatte. Das VG hatte damals entschieden, dass die Nutzungsänderung gegen den Bebauungsplan für das Gebiet verstößt. Dem widersprach jetzt der VGH. Er sieht keine unzumutbaren Auswirkungen des Vorhabens auf die Klinik (Az. 5 S 634/16).
Das VG hatte in seiner Entscheidung die Ruhe- und Erholungsbedürftigkeit der zum Teil psychisch angeschlagenen und zum Teil auch traumatisierten Patientinnen der Mutter-Kind-Klink betont und u. a. deshalb der Klinik Recht gegeben. Der VGH hielt jetzt dagegen, dass nur städtebaulich bedeutsame Auswirkungen für die Beurteilung relevant seien. Die Zusammensetzung der Bewohner oder Nutzer einer Unterkunft nach ihrer Herkunft oder Abstammung seien aber gerade kein städtebaulich relevantes Kriterium. Das Bauplanungsrecht, so die Richter, könne und solle keinen „Milieuschutz” gewährleisten.
Außerdem wiesen sie die aus ihrer Sicht „pauschale” Behauptung der Klink zurück, von der Asylbewerberunterkunft würden Auswirkungen ausgehen, die mit einer Kureinrichtung nicht in Einklang zu bringen seien. Vielmehr bezweifelten die Richter bereits, dass von der Asylbewerberunterkunft ausgehende „typische Wohnimmissionen” an der Klinik überhaupt wahrzunehmen sind. Die Klinik ist 265 m von der Unterkunft entfernt.
Laut Beschluss kam es für das Ergebnis nicht auf die an sich sehr weitgehenden Neuregelungen im Baugesetzbuch an, mit denen das Baurecht angesichts der Vielzahl an Flüchtlingen bekanntlich vereinfacht werden sollte. So hatte sich auch im Streitfall um die Nutzungsänderung des Hotels das Regierungspräsidium Karlsruhe auf diese Sonderregelungen gestützt. Wie der VGH jetzt betont, gehen bei Anwendung dieser Vorschrift nachbarliche Abwehrrechte aber nicht weiter, als wenn ein Vorhaben ohne Abweichungsentscheidung genehmigt wird. Der Nachbarschutz, so die Richter, solle durch Anwendung der Vorschrift nicht ausgedehnt werden. (jb)