15.01.2015

Ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit

Kommunale Nachhaltigkeitssatzungen als politische Selbstverpflichtung

Ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit

Kommunale Nachhaltigkeitssatzungen als politische Selbstverpflichtung

Ausgeglichene Kommunalhaushalte sind ein wichtiger Beitrag zur Generationengerechtigkeit.|© Tatjana Balzer - Fotolia
Ausgeglichene Kommunalhaushalte sind ein wichtiger Beitrag zur Generationengerechtigkeit.|© Tatjana Balzer - Fotolia

Zeitbild der intergenerativen Gerechtigkeit

In den letzten Jahren haben die Geldschuldenbestände der Kommunen zugenommen. Das gilt in besonderem Maße für die gemeinhin als besonders problematisch angesehenen Kassenkreditbestände. Diese Schuldenart ist eigentlich nur zur kurzfristigen Liquiditätssicherung gedacht, hat sich in einigen Kommunen (vor allem in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland) aber zu einer Dauereinrichtung auf hohem Niveau entwickelt.

Die hohen Kassenkreditbestände sind die Folge jahrelanger Haushaltsdefizite in einigen Kommunen. Um die Verschuldung – und hier vor allem die Kassenkreditverschuldung – dauerhaft zu reduzieren, bedarf es in diesem Sinne zunächst dem (Wieder-)Erreichen des Haushaltsausgleichs. In Verbindung mit dem ethischen Leitbild der intergenerativen Gerechtigkeit heißt dies: regelmäßiger ordentlicher Ergebnisausgleich, mithin jede Generation soll die von ihr verbrauchten Ressourcen selbst erwirtschaften.

Das doppische Kommunalhaushaltsrecht der Flächenländer enthält in diesem Sinne bereits Regelungen, die den ordentlichen Ergebnisausgleich und/oder den Ausgleich des Gesamtergebnisses vorschreiben. In Anbetracht zum Teil erheblicher Defizite in manchen Kommunen, die teilweise auch schon seit vielen Jahren bestehen, kann allerdings der Schluss gezogen werden, dass die bislang bestehenden haushaltsrechtlichen Regelungen offenbar nicht überall die erwünschte Wirkung entfaltet haben. Es bedarf neuer Ansätze, um in allen Kommunen den Ergebnisausgleich herbeizuführen.


In diesem Kontext haben in der jüngeren Vergangenheit einige Kommunen sog. Nachhaltigkeitssatzungen als politische Selbstverpflichtung aufgestellt. Vorreiter dazu war die Stadt Hockenheim in Baden-Württemberg. Mittlerweile haben einzelne Städte diesen Satzungstyp weiterentwickelt. Einen beispielgebenden, aus Eigeninitiative hervorgegangenen Ansatz verfolgen die Stadt Freudenberg in Nordrhein-Westfalen, die Ortsgemeinde Stadtkyll in Rheinland-Pfalz und die Stadt Taunusstein in Hessen. Diese Kommunen haben sich jüngst freiwillig eine Nachhaltigkeitssatzung auferlegt, deren Grundprinzip auf dem Modell der doppischen Kommunalschuldenbremse mit Generationenbeitrag basiert.

Grundidee dieses Modells ist es, dass der Haushaltsausgleich im (ordentlichen) Gesamtergebnis zu erreichen ist. Sofern das nicht durch entsprechende aufwand- und ertragsseitige Konsolidierungsmaßnahmen gelingt, greift im Sinne einer „ultima ratio” ein Generationenbeitrag, der das Ausgleichsziel verbindlich fixiert. Konkret wird die Höhe des Hebesatzes der Grundsteuer B (als sog. Generationenbeitrag) so lange angepasst, bis eine etwaige Lücke zwischen Erträgen und Aufwendungen geschlossen wird. Hierdurch werden Haushaltsdefizite – von etwaigen Ausnahmetatbeständen – faktisch unmöglich. Mit dieser automatischen Sanktionierung von Haushaltsdefiziten drehen sich die bisherigen Anreizmechanismen um. Waren bislang für die Funktionsträger z. B. aufwandsintensive Leistungen auch für kleine Gruppen politisch attraktiv, wird es mit einer Nachhaltigkeitssatzung politisch unattraktiv, weil nunmehr sämtlichen Bürgern der Kommune erklärt werden muss, warum gerade diese Leistungen so und für alle zwingend notwendig sind.

Die Grundsteuer B wird daneben aus weiteren Gründen als besonders geeignete Grundlage für die oben beschriebene „ultima ratio” angesehen. Sie ist wenig konjunkturanfällig, belastet das Wirtschaftswachstum nicht oder nur unwesentlich und ist vergleichsweise sozialverträglich, weil Wohlhabende/Besserverdienende i.d.R. auch „besser” wohnen.

Im Folgenden werden die Regelungen der drei Satzungen einander vergleichend gegenübergestellt.

Nachhaltigkeitssatzungen

Der Ansatz der Nachhaltigkeitssatzung kann auch anderen Kommunen als Vorbild für die Umsetzung der eigenen Konsolidierungsstrategie dienen. Gerade in hochdefizitären Kommunen bedarf es indes einer Anpassung des Wirkungsmechanismus der Regelung. So würde der Generationen- beitrag bei sehr hohen Defiziten anfangs zu sehr hohen Grundsteuer-B-Hebesätzen führen, da einige Konsolidierungsmaßnahmen (z. B. Personalabbau durch natürliche Fluktuation) i.d.R. nicht kurzfristig umsetzbar sind. Um dieser Problematik Abhilfe zu verschaffen, kann für einen festen Zeitraum (z. B. fünf Jahre) eine Übergangsregelung mit sich stetig reduzierenden Defiziten im Ordentlichen Ergebnis (kontrollierter Eigenkapitalabbau) geschaffen werden, die vorsieht, dass der Generationenbeitrag „nur” den Defizitabbaupfad sicherstellt. Erst nach Ablauf der Übergangsfrist von z. B. fünf Jahren gilt die unmittelbare Koppelung des Hebesatzes der Grundsteuer B an den (ordentlichen) Ergebnisausgleich.

In jedem Fall erscheinen die Nachhaltigkeitssatzungen der jüngeren Generation, d. h. diejenigen mit klarer Zielausrichtung auf das Ordentliche Ergebnis und einem Generationenbeitrag als »ultima ratio«, ein geeignetes Mittel zu sein, um eine nachhaltige kommunale Haushaltswirtschaft zu unterstützen. Es bleibt abzuwarten, ob weitere Kommunen diesen positiven Beispielen folgen.

 
 

Dr. Marc Gnädinger

Referatsleiter des Grundsatzreferates der Überörtlichen Prüfung kommunaler Körperschaften (ÜPKK) beim Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs
n/a