BVerwG: Kommunalwahlrecht für Minderjährige mit dem Grundgesetz vereinbar

BVerwG: Kommunalwahlrecht für Minderjährige mit dem Grundgesetz vereinbar

Auch Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren dürfen wählen gehen, zumindest bei den Kommunalwahlen. Dass dies nicht gegen das Grundgesetz verstößt, entschied in einem aktuellen Urteil das Bundesverwaltungsgericht und bestätigte damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim vom Sommer letzten Jahres.

Viele Bundesländer kennen das Wahlrecht für 16- und 17-Jährige

Das aktive Wahlrecht für Minderjährige hatte 1996 erstmals das Bundesland Niedersachsen eingeführt. Es folgten die Bundesländer Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein – und schließlich auch die damalige grün-rote Landesregierung Baden-Württembergs im Jahr 2012. Bei den letzten Kommunalwahlen in Baden-Württemberg im Jahr 2014 konnten daher erstmals auch 16- und 17-Jährige über die Besetzung von Gemeinderäten und Kreistagen mitbestimmen.

Die Absenkung des Wahlalters stellten allerdings einige Heidelberger Bürger vor Gericht in Frage. Nach Erhebung von Wahleinspruch und Klage vor dem Verwaltungsgericht landete die Streitfrage jetzt vor dem Bundesverwaltungsgericht und wird voraussichtlich abschließend vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden.

Die Gruppe aus Heidelberg setzt beim Begriff des „Volkes“ an. Die Verfassung definiere diesen Begriff einheitlich im Sinne eines Staatsvolks, von dem alle Staatsgewalt ausgehen müsse. Das Staatsvolk umfasse daher nur die Gruppe der volljährigen Deutschen. Minderjährige, Staatenlose und Personen, denen das Wahlrecht entzogen worden sei, gehörten nicht dazu. Dies müsse auch für die kommunale Ebene gelten, so deren Argumentation.

Der Gesetzgeber hat einen Einschätzungsspielraum

Die angerufenen Gerichte legten das Demokratieprinzip aber anders aus als die Kläger. Zum Staatsvolk gehören danach die deutschen Staatsangehörigen unabhängig von ihrem Alter.

Auch die Festlegung eines Mindestalters von 18 Jahren im Grundgesetz für die Wahlen zum Deutschen Bundestag binde den Landesgesetzgeber nicht, so beide Gerichte einhellig. Der VGH billigte dem Gesetzgeber einen „Einschätzungsspielraum“ zu, wobei das verfassungsrechtliche Erfordernis zu beachten sei, dass „das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft voraussetzt“.

Hinreichende Verstandesreife bei 16- und 17-Jährigen?

Die Bundesrichter sahen dies nicht anders und heben hervor, dass „hinreichende Verstandesreife“ vor allem deshalb ein Erfordernis des aktiven Stimmrechts darstellt, „weil Demokratie vom Austausch sachlicher Argumente auf rationaler Ebene lebt“, was eben intellektuelle Reife voraussetze.

Beide Gerichte kamen schließlich auch übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber eine solche Reife auch bei 16jährigen bejahen darf. Es sprächen gute Gründe für die Annahme, dass Jugendliche ab 16 Jahren typischerweise die notwendige Reife für die Teilnahme an Kommunalwahlen besitzen (Az. 10 C 8.17). (jb)

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