BVerfG: Surfverhalten im Internet kann überwacht werden

BVerfG: Surfverhalten im Internet kann überwacht werden

Dürfen Ermittlungsbehörden Surfverhalten im Internet überwachen? Eine Regelung zur Telekommunikationsüberwachung findet sich in der Strafprozessordnung.  Aber ob die Regelung als Ermächtigungsgrundlage ausreicht, ist umstritten. In einem aktuellen Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht die Frage bejaht.

Überwachung bei schweren Straftaten

Mit der rasanten Verbreitung des Internets wird der Zugriff auf entsprechende Daten für die Strafverfolgung immer wichtiger. Ermittler greifen zum Beispiel auf E-Mails zu – auch im Rahmen von verdeckten Ermittlungen – oder auch auf Chatrooms und Newsgroups oder überwachen Internet-Telefonie. Dies alles ist bei schwerwiegenden Straftaten möglich aufgrund des § 100 a der Strafprozessordnung (StPO). Nach dieser Vorschrift dürfen Staatsanwälte und Polizisten auch ohne Wissen des Betroffenen solche „Telekommunikation“ überwachen und aufzeichnen.

Überwachung des Surfverhaltens

Gestritten wird aber seit Längerem über die Frage, ob die Vorschrift auch eine Überwachung des Surfverhaltens erlaubt. Dürfen Ermittler heimlich überwachen, welche IP-Adressen ein Verdächtiger aufruft, und dürfen sie die aufgesuchten Webseiten systematisch und vollständig erfassen?

Eine Spezialregelung gibt es hierfür nicht. Genau dies fordern aber Fachleute unter Hinweis auf den besonders intensiven Eingriff, den solche Maßnahmen für Betroffene bedeuten. Festgemacht wird die Streitfrage an dem Merkmal „Telekommunikation“. Telekommunikation, so die Kritiker, erfordere einen Austausch zwischen Kommunikationspartnern; eine solche soziale Interaktion finde beim bloßen Surfen gar nicht statt. Andere wiederum werten das „Surfen“ und „Googeln“ unproblematisch als Telekommunikation im Sinne der Vorschrift des § 100 a StPO.

§ 100 a StPO

Das Bundesverfassungsgericht kam nun in seinem Beschluss zum Ergebnis, dass die Vorschrift grundsätzlich auch die Überwachung des Surfverhaltens erlaubt (Az. 2 BvR 1454/13). Das Abrufen von Web-Seiten, das „Surfen“ und die Eingabe von Suchbegriffen sei ebenfalls „Telekommunikation“ im Sinne des § 100a StPO. Eine solche weite Auslegung der Vorschrift, so die Richter, verstoße nicht gegen das Grundgesetz.

Im konkret entschiedenen Fall ging es allerdings auch um eine einschneidende Straftat. Eine entführte Frau war nach einer gescheiterten Geldübergabe des Lösegelds tot in einem Waldstück aufgefunden worden. Die Ermittler verdächtigten den Sohn und beantragten bei Gericht die Überwachung dessen DSL-Anschlusses. Während eines längeren Überwachungszeitraums wurden ca. 129.000 Aufrufe von HTML-Seiten registriert. Später stellte sich dann heraus, dass der Mann zu Unrecht verdächtigt worden war. (jb)

 

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