Bad Herrenalb: Erstmalige Festsetzung eines Abwasserbeitrages nach mehr als zwei Jahrzehnten unzulässig

Bad Herrenalb: Erstmalige Festsetzung eines Abwasserbeitrages nach mehr als zwei Jahrzehnten unzulässig

In einem aktuellen Beschluss erklärte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg jetzt einen Abwasserbeitrag der Stadt Bad Herrenalb für unwirksam. Die Stadt hatte den Beitrag erstmalig nach mehr als 20 Jahren festgesetzt. Dies, so die Richter, sei „treuwidrig“. Gleichzeitig äußerten sie Bedenken, ob das baden-württembergische Kommunalabgabengesetz (KAG) überhaupt verfassungskonform ist, weil es keine zeitliche Höchstgrenze für die Beitragserhebung enthält.

24 Jahre nach Anschluss an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage

Im entschiedenen Fall hatte die Stadt im Jahr 2013 von einem Grundstückseigentümer Beiträge für den Anschluss seines Grundstückes an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage erhoben, 7.395,90 Euro. Angeschlossen ist das Grundstück seit der Jahreswende 1989/1990.

Den Beitragsbescheid erließ die Stadt deshalb erst im Jahr 2013, also rund 24 Jahre später, weil keine wirksame Abwassersatzung vorlag. Eine solche ist Voraussetzung für den Erlass eines Bescheids. Wie der Stadt selbst klar war, war die ursprüngliche, im Jahr 1984 erlassene Abwassersatzung wegen Kalkulationsfehlern unwirksam. Eine neue Satzung beschloss die Gemeinde schließlich im Jahr 2012.

BVerfG: Keine zeitlich unbegrenzte Fesstsetzung

In seiner Entscheidung verwies der VGH vor allem auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2013. Die Bundesrichter hatten damals zum bayerischen KAG entschieden, dass ein Beitrag, mit dem ein vom Bürger in Anspruch genommener Anschlussvorteil abgerechnet werde, nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung dieses Vorteils festgesetzt werden dürfe. Der Gesetzgeber müsse eine gesetzliche Höchstgrenze für die Heranziehung zu einem Beitrag bestimmen (Az. 1 BvR 2457/08). Diese Forderung reichten die VGH-Richter jetzt an den baden-württembergischen Gesetzgeber weiter.

Aber auch ohne konkrete Regelung im KAG kamen die Richter in ihrem Beschluss zu einem eindeutigen Ergebnis: sie attestierten der Stadt Bad Herrenalb einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Danach scheidet eine Beitragserhebung aus, wenn der Berechtigte selbst seine Pflichten verletzt und die Ausübung seiner Rechte daher treuwidrig erscheint.

Verstoß gegen „Treu und Glauben“

Letzteres bejahten die Richter: Die Stadt hätte sehr viel zügiger eine gültige Abwassersatzung erlassen müssen. Außerdem monierten die Richter die „lückenhaft dokumentierten Unterlagen“ der Stadt sowie die in vielen Fällen erfolgte Beitragserhebung in der Zeit vor Erlass der neuen Abwassersatzung. Diese, so die Richter, seien „nicht nach den gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien erfolgt“ (Az. 2 S 143/18).  (jb)

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