Auskunftsanspruch der Presse kann auch Energieversorger treffen
Auskunftsanspruch der Presse kann auch Energieversorger treffen
Behörden müssen Journalisten auf Anfrage Auskunft erteilen; dies regeln die Pressegesetze der Länder, in Baden-Württemberg das „Gesetz über die Presse“. Dass diese Pflicht auch Aktiengesellschaften treffen kann, entschied jetzt in einem aktuellen Urteil der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge tätig ist und sich dessen Anteile mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden.
Recherchen zu brisanten Fragen
Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Auseinandersetzungen über die Frage, ob auch Unternehmen dem Auskunftsanspruch unterfallen. So entschied zum Beispiel das Landgericht München, dass die Olympiapark München GmbH – sie gehört zu 100 Prozent der Stadt München – Auskunft über Umsatzzahlen und die Verwendung von Sponsorengeldern geben musste.
Im aktuell entschiedenen Fall ging es um noch brisantere Fragen. Ein Journalist hatte über die Finanzierung u.a. des Bundestagswahlkampfs der SPD im Jahr 2013 recherchiert. Er ging dem Verdacht nach, ein bundesweit bedeutsamer Trinkwasserversoger aus Nordrhein-Westfalen, die Gelsenwasser AG, habe den SPD-Wahlkampf indirekt finanziell unterstützt. Die Aktiengesellschaft gehört den Städten Dortmund und Bochum.
Auch private Unternehmen müssen Auskunft geben
Konkret geht es um zwei Internetblogs, in die Beiträge eingestellt wurden, die den Wahlkampf der SPD unterstützen. Der Journalist vermutete, dass die Gelsenwasser AG ihrerseits die Blogs unterstützte, indem sie an Unternehmen, die mit den Blogs in Verbindung standen, überhöhte Zahlungen für angebliche Vertragsleistungen erbrachte. Von der Gelsenwasser AG verlangte der Journalist deshalb Auskünfte über die an die Unternehmen erteilten Aufträge; die AG wies dies als haltlos zurück.
Der BGH urteilte zugunsten des Journalisten. Danach sind auch juristische Personen des Privatrechts, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge, eingesetzt wurden, „Behörde“ im Sinne des Pressegesetzes, vorausgesetzt, sie werden von der öffentlichen Hand beherrscht. Wie der BGH in seiner Pressemitteilung schreibt – die Begründung liegt noch nicht vor – muss dabei mehr als die Hälfte der Anteile im Eigentum der öffentlichen Hand stehen.
Gewichtiges öffentliches Informationsinteresse
In Ausnahmefällen können Behörden die Auskunft verweigern. Dies lehnte der BGH im konkreten Fall aber ab: Es bestehe hier ein gewichtiges öffentliches Informationsinteresse „im Hinblick auf die sachgerechte Verwendung öffentlicher Mittel und die politischen Aktivitäten eines kommunal beherrschten Unternehmens“ (Az. I ZR 13/16). (jb)


